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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Mit dem Fahnenträger vor die Front eilend, riß Hauptmann v. Herwarth
in heldenhaftem Aufschwünge die gelichtete Mannschaft noch einmal zum An¬
griffsstoße vor; aber bald brach er todt zusammen, und die Reste des Batail-
lons zersplitterten. -- Aehnlich litt das 2. Bataillon; doch hier gelang es
dem Lieutenant v. Krafft, nachdem Oberstlieutenant v. Holleben und sonst
alle anderen Offiziere außer Gefecht gesetzt waren, die vorderste Schützenlinie
des Feindes zurückzuwerfen und^sich am Hange fest zu setzen. -- Den linken
Flügel der Angriffsfront verlängerte das Füsilierbataillon 1. Garde - Regts.,
dessen Compagnien ebenfalls furchtbar schnell zusammenschmolzen. Der Ober-
lieut. Graf Finckenstein wurde schwer verwundet und das Bataillon verlor,
wie auch die beiden vorhergenannten, nach und nach sämmtliche Offiziere.
Es war in eine dünne Schützenlinie aufgelöst; auch als die 1. und 2. Kom¬
pagnie rechts schwenkend ihm zu Hilfe kamen, vermochte es sich nur mit gänz¬
lich erschöpften Kräften niederzuwerfen.

Das 2. Bataillon 1. Garde-Regts. hatte bei seinem nördlich gerichteten
Marsche empfindliches Flankenfeuer aus Roncourt erhalten und nahm deshalb
mit zwei Kompagnien eine Stellung gegen diesen Ort, während die 8. Komp.
im Weitermarsch verblieb und die 7., an deren Spitze Oberstlieut. v. Stülp,
nagel fiel, die nach Osten gewendete Front des Füsilier-Bataillons ver¬
längerte.

In die mehrere hundert Schritt breite Lücke, welche zwischen dem nördlich
ausholenden 1. und dem an der Chaussee stehenden linken Flügel der 4, Garde-
Brigade bestand, sollte nun, auf Befehl des Generals v. Pape, das 2. Garde-Regi¬
ment z. F. eintreten. Unter Trommelschlag rückte es im heftigsten Kugel¬
regen entschlossen war. Hintereinander wurden die Kommandeure der Brigade,
des Regiments wie des 1. Bataillons, General von Medem, Oberst Graf
Kanitz und Oberstlieut. v. Puttkamer schwer verwundet, und erst nachdem
das 1. Bataillon seine sämmtlichen Offiziere eingebüßt, gelangten seine
Trümmer in die vordere Gefechtslinie. -- Mit dem 2. Bataillon drang Ma¬
jor von Goerne unter schweren Verlusten noch etwas weiter vor; das Füsilier-
Bataillon setzte sich zu beiden Seiten der Chaussee in unmittelbarer Verbin¬
dung mit dem Franz-Regiment fest.

Alles das war in einer halben Stunde geschehn. Der erste kühne An¬
lauf der Garden gegen Se. Privat hatte sie auf eine Entfernung von 8 bis
6 Hundert Schritten herangeführt; eine Entscheidung war nicht gegeben; un¬
geheuere Opfer waren gebracht; aber mit unbeschreiblicher Hingebung klam¬
merten sich die Reste der Kompagnien fest an den^so theuer^erworbenen Bo¬
den. -- Jetzt war für die Franzosen der Augenblick für einen Gegenstoß,
namentlich für eine großartige Kavallerieattacke gekommen, und in der That


Mit dem Fahnenträger vor die Front eilend, riß Hauptmann v. Herwarth
in heldenhaftem Aufschwünge die gelichtete Mannschaft noch einmal zum An¬
griffsstoße vor; aber bald brach er todt zusammen, und die Reste des Batail-
lons zersplitterten. — Aehnlich litt das 2. Bataillon; doch hier gelang es
dem Lieutenant v. Krafft, nachdem Oberstlieutenant v. Holleben und sonst
alle anderen Offiziere außer Gefecht gesetzt waren, die vorderste Schützenlinie
des Feindes zurückzuwerfen und^sich am Hange fest zu setzen. — Den linken
Flügel der Angriffsfront verlängerte das Füsilierbataillon 1. Garde - Regts.,
dessen Compagnien ebenfalls furchtbar schnell zusammenschmolzen. Der Ober-
lieut. Graf Finckenstein wurde schwer verwundet und das Bataillon verlor,
wie auch die beiden vorhergenannten, nach und nach sämmtliche Offiziere.
Es war in eine dünne Schützenlinie aufgelöst; auch als die 1. und 2. Kom¬
pagnie rechts schwenkend ihm zu Hilfe kamen, vermochte es sich nur mit gänz¬
lich erschöpften Kräften niederzuwerfen.

Das 2. Bataillon 1. Garde-Regts. hatte bei seinem nördlich gerichteten
Marsche empfindliches Flankenfeuer aus Roncourt erhalten und nahm deshalb
mit zwei Kompagnien eine Stellung gegen diesen Ort, während die 8. Komp.
im Weitermarsch verblieb und die 7., an deren Spitze Oberstlieut. v. Stülp,
nagel fiel, die nach Osten gewendete Front des Füsilier-Bataillons ver¬
längerte.

In die mehrere hundert Schritt breite Lücke, welche zwischen dem nördlich
ausholenden 1. und dem an der Chaussee stehenden linken Flügel der 4, Garde-
Brigade bestand, sollte nun, auf Befehl des Generals v. Pape, das 2. Garde-Regi¬
ment z. F. eintreten. Unter Trommelschlag rückte es im heftigsten Kugel¬
regen entschlossen war. Hintereinander wurden die Kommandeure der Brigade,
des Regiments wie des 1. Bataillons, General von Medem, Oberst Graf
Kanitz und Oberstlieut. v. Puttkamer schwer verwundet, und erst nachdem
das 1. Bataillon seine sämmtlichen Offiziere eingebüßt, gelangten seine
Trümmer in die vordere Gefechtslinie. — Mit dem 2. Bataillon drang Ma¬
jor von Goerne unter schweren Verlusten noch etwas weiter vor; das Füsilier-
Bataillon setzte sich zu beiden Seiten der Chaussee in unmittelbarer Verbin¬
dung mit dem Franz-Regiment fest.

Alles das war in einer halben Stunde geschehn. Der erste kühne An¬
lauf der Garden gegen Se. Privat hatte sie auf eine Entfernung von 8 bis
6 Hundert Schritten herangeführt; eine Entscheidung war nicht gegeben; un¬
geheuere Opfer waren gebracht; aber mit unbeschreiblicher Hingebung klam¬
merten sich die Reste der Kompagnien fest an den^so theuer^erworbenen Bo¬
den. — Jetzt war für die Franzosen der Augenblick für einen Gegenstoß,
namentlich für eine großartige Kavallerieattacke gekommen, und in der That


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[0101] Mit dem Fahnenträger vor die Front eilend, riß Hauptmann v. Herwarth in heldenhaftem Aufschwünge die gelichtete Mannschaft noch einmal zum An¬ griffsstoße vor; aber bald brach er todt zusammen, und die Reste des Batail- lons zersplitterten. — Aehnlich litt das 2. Bataillon; doch hier gelang es dem Lieutenant v. Krafft, nachdem Oberstlieutenant v. Holleben und sonst alle anderen Offiziere außer Gefecht gesetzt waren, die vorderste Schützenlinie des Feindes zurückzuwerfen und^sich am Hange fest zu setzen. — Den linken Flügel der Angriffsfront verlängerte das Füsilierbataillon 1. Garde - Regts., dessen Compagnien ebenfalls furchtbar schnell zusammenschmolzen. Der Ober- lieut. Graf Finckenstein wurde schwer verwundet und das Bataillon verlor, wie auch die beiden vorhergenannten, nach und nach sämmtliche Offiziere. Es war in eine dünne Schützenlinie aufgelöst; auch als die 1. und 2. Kom¬ pagnie rechts schwenkend ihm zu Hilfe kamen, vermochte es sich nur mit gänz¬ lich erschöpften Kräften niederzuwerfen. Das 2. Bataillon 1. Garde-Regts. hatte bei seinem nördlich gerichteten Marsche empfindliches Flankenfeuer aus Roncourt erhalten und nahm deshalb mit zwei Kompagnien eine Stellung gegen diesen Ort, während die 8. Komp. im Weitermarsch verblieb und die 7., an deren Spitze Oberstlieut. v. Stülp, nagel fiel, die nach Osten gewendete Front des Füsilier-Bataillons ver¬ längerte. In die mehrere hundert Schritt breite Lücke, welche zwischen dem nördlich ausholenden 1. und dem an der Chaussee stehenden linken Flügel der 4, Garde- Brigade bestand, sollte nun, auf Befehl des Generals v. Pape, das 2. Garde-Regi¬ ment z. F. eintreten. Unter Trommelschlag rückte es im heftigsten Kugel¬ regen entschlossen war. Hintereinander wurden die Kommandeure der Brigade, des Regiments wie des 1. Bataillons, General von Medem, Oberst Graf Kanitz und Oberstlieut. v. Puttkamer schwer verwundet, und erst nachdem das 1. Bataillon seine sämmtlichen Offiziere eingebüßt, gelangten seine Trümmer in die vordere Gefechtslinie. — Mit dem 2. Bataillon drang Ma¬ jor von Goerne unter schweren Verlusten noch etwas weiter vor; das Füsilier- Bataillon setzte sich zu beiden Seiten der Chaussee in unmittelbarer Verbin¬ dung mit dem Franz-Regiment fest. Alles das war in einer halben Stunde geschehn. Der erste kühne An¬ lauf der Garden gegen Se. Privat hatte sie auf eine Entfernung von 8 bis 6 Hundert Schritten herangeführt; eine Entscheidung war nicht gegeben; un¬ geheuere Opfer waren gebracht; aber mit unbeschreiblicher Hingebung klam¬ merten sich die Reste der Kompagnien fest an den^so theuer^erworbenen Bo¬ den. — Jetzt war für die Franzosen der Augenblick für einen Gegenstoß, namentlich für eine großartige Kavallerieattacke gekommen, und in der That

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/101>, abgerufen am 23.07.2024.