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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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die Bretter gegangene Trauerspiel, macht in diesem Augenblicke jedenfalls die
neueste Feerie im Victoriatheater. So auf das Aeußerliche gerichtet ist in
^ That heutzutage der Geschmack unseres großen Publikums. Es ist kaum
Klaublich, was für haarsträubende Albernheiten die Besucher dieser Zauber-
1 nate sich bieten lassen, wenn nur der Gesichtssinn mit recht derben Effecten
^friedigt wird. Zum Glück ist aber an der Novität des Victoriatheaters ein
^uz bedeutender Umschwung zum Besten zu constatiren. Das Sujet derselben
" das Märchen von den sieben Raben, in recht hübschen Versen bearbeitet
^ Emil Pohl und von G. Lehnhardt mit einer zwar nicht originellen, aber
^ ansprechenden und von launigen Melodien reichen Musik ausgestattet.
gebricht dem Stücke nicht an drastischen und witzigen Momenten; aber es
^ an ihnen nichts von jener platten Gemeinheit und jener moralischen
^ Sauberkeit, worin sonst nur zu sehr das Charakteristische der Zauberposse
^,^°sseri zu sein pflegt. Der ernste Grundton und der poetische Hauch des
Härchens sind im Ganzen wohl bewahrt geblieben. Doch das Alles ist ja
^ Beiwerk; die große Hauptsache ist die Scenerie, die decorative Ausstattung,
s^n zugeben müssen, daß das in dieser Richtung Geleistete an Ge-
tx.^ technischer Vollendung alles bisher in Berlin Gesehene weit hin-
^Zurückläßt. Die Dekorationen sind theilweise den Schwert'schen Fresken
^gebildet. Ein wahres Meisterstück ist Rosalinden's Schlafgemach. Der
ist ^^""^ des Ganzen aber wird am Schluß des dritten Acts erreicht. Eben
hq ^ Rosalinde von der hartherzigen Landgräfin Edwina zum Scheiter-
^ sen verurtheilt. Nun liegt sie. ohnmächtig hingesunken, in ihrem Kerker.
^ spendet die gütige Fee ihr lieblichen Traum. Unter den Wunderklängen
End^^ ^nten iM Rosengewinde hernieder, immer dichter, überall und ohne
undsodaß die öde Gruft schier angefüllt ist von den lachenden Blumen
^'n balsamischer Duft das ganze Haus durchweht. Dann wieder zertheilt
^ allmählich der Rosenflor/weiter und weiter öffnet sich der Blick in
Um Räume, immer deutlicher tritt aus schwindenden Nebel die un-
luftet ^ Feenreichs hervor, bis auch der letzte Wolkenschleier sich
die -5 ""^ krystallener Fluth in den Strahlen der aufgehenden Sonne
des/^o'lugin emporsteigt. Die Wirkung dieses Schauspiels ist nicht zu
>vie ^ vornehmsten Kritiker der Berliner Presse, welche einen Hebbel
D"n^" Secundaner behandeln, sah ich wie behext mit den Händen arbeiten.
ist mehr als Alles gesagt. --

'Ttadt!ü^ ^" kleinen Bühnen scheint sich auch in diesem Winter wieder das
TtüL ^ besonderen Fleiß hervorthun zu wollen. Zwei, drei neue
Dialo ^ Spielerei. Daß es dabei mit dem
d^- ^ '^^^ glatt von Statten ginge, kann freilich nicht gesagt wer-
' ^ Ganzen aber schlägt man sich redlich durch. Das Stadttheater be-


die Bretter gegangene Trauerspiel, macht in diesem Augenblicke jedenfalls die
neueste Feerie im Victoriatheater. So auf das Aeußerliche gerichtet ist in
^ That heutzutage der Geschmack unseres großen Publikums. Es ist kaum
Klaublich, was für haarsträubende Albernheiten die Besucher dieser Zauber-
1 nate sich bieten lassen, wenn nur der Gesichtssinn mit recht derben Effecten
^friedigt wird. Zum Glück ist aber an der Novität des Victoriatheaters ein
^uz bedeutender Umschwung zum Besten zu constatiren. Das Sujet derselben
" das Märchen von den sieben Raben, in recht hübschen Versen bearbeitet
^ Emil Pohl und von G. Lehnhardt mit einer zwar nicht originellen, aber
^ ansprechenden und von launigen Melodien reichen Musik ausgestattet.
gebricht dem Stücke nicht an drastischen und witzigen Momenten; aber es
^ an ihnen nichts von jener platten Gemeinheit und jener moralischen
^ Sauberkeit, worin sonst nur zu sehr das Charakteristische der Zauberposse
^,^°sseri zu sein pflegt. Der ernste Grundton und der poetische Hauch des
Härchens sind im Ganzen wohl bewahrt geblieben. Doch das Alles ist ja
^ Beiwerk; die große Hauptsache ist die Scenerie, die decorative Ausstattung,
s^n zugeben müssen, daß das in dieser Richtung Geleistete an Ge-
tx.^ technischer Vollendung alles bisher in Berlin Gesehene weit hin-
^Zurückläßt. Die Dekorationen sind theilweise den Schwert'schen Fresken
^gebildet. Ein wahres Meisterstück ist Rosalinden's Schlafgemach. Der
ist ^^""^ des Ganzen aber wird am Schluß des dritten Acts erreicht. Eben
hq ^ Rosalinde von der hartherzigen Landgräfin Edwina zum Scheiter-
^ sen verurtheilt. Nun liegt sie. ohnmächtig hingesunken, in ihrem Kerker.
^ spendet die gütige Fee ihr lieblichen Traum. Unter den Wunderklängen
End^^ ^nten iM Rosengewinde hernieder, immer dichter, überall und ohne
undsodaß die öde Gruft schier angefüllt ist von den lachenden Blumen
^'n balsamischer Duft das ganze Haus durchweht. Dann wieder zertheilt
^ allmählich der Rosenflor/weiter und weiter öffnet sich der Blick in
Um Räume, immer deutlicher tritt aus schwindenden Nebel die un-
luftet ^ Feenreichs hervor, bis auch der letzte Wolkenschleier sich
die -5 ""^ krystallener Fluth in den Strahlen der aufgehenden Sonne
des/^o'lugin emporsteigt. Die Wirkung dieses Schauspiels ist nicht zu
>vie ^ vornehmsten Kritiker der Berliner Presse, welche einen Hebbel
D»n^" Secundaner behandeln, sah ich wie behext mit den Händen arbeiten.
ist mehr als Alles gesagt. —

'Ttadt!ü^ ^" kleinen Bühnen scheint sich auch in diesem Winter wieder das
TtüL ^ besonderen Fleiß hervorthun zu wollen. Zwei, drei neue
Dialo ^ Spielerei. Daß es dabei mit dem
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' ^ Ganzen aber schlägt man sich redlich durch. Das Stadttheater be-


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[0081] die Bretter gegangene Trauerspiel, macht in diesem Augenblicke jedenfalls die neueste Feerie im Victoriatheater. So auf das Aeußerliche gerichtet ist in ^ That heutzutage der Geschmack unseres großen Publikums. Es ist kaum Klaublich, was für haarsträubende Albernheiten die Besucher dieser Zauber- 1 nate sich bieten lassen, wenn nur der Gesichtssinn mit recht derben Effecten ^friedigt wird. Zum Glück ist aber an der Novität des Victoriatheaters ein ^uz bedeutender Umschwung zum Besten zu constatiren. Das Sujet derselben " das Märchen von den sieben Raben, in recht hübschen Versen bearbeitet ^ Emil Pohl und von G. Lehnhardt mit einer zwar nicht originellen, aber ^ ansprechenden und von launigen Melodien reichen Musik ausgestattet. gebricht dem Stücke nicht an drastischen und witzigen Momenten; aber es ^ an ihnen nichts von jener platten Gemeinheit und jener moralischen ^ Sauberkeit, worin sonst nur zu sehr das Charakteristische der Zauberposse ^,^°sseri zu sein pflegt. Der ernste Grundton und der poetische Hauch des Härchens sind im Ganzen wohl bewahrt geblieben. Doch das Alles ist ja ^ Beiwerk; die große Hauptsache ist die Scenerie, die decorative Ausstattung, s^n zugeben müssen, daß das in dieser Richtung Geleistete an Ge- tx.^ technischer Vollendung alles bisher in Berlin Gesehene weit hin- ^Zurückläßt. Die Dekorationen sind theilweise den Schwert'schen Fresken ^gebildet. Ein wahres Meisterstück ist Rosalinden's Schlafgemach. Der ist ^^""^ des Ganzen aber wird am Schluß des dritten Acts erreicht. Eben hq ^ Rosalinde von der hartherzigen Landgräfin Edwina zum Scheiter- ^ sen verurtheilt. Nun liegt sie. ohnmächtig hingesunken, in ihrem Kerker. ^ spendet die gütige Fee ihr lieblichen Traum. Unter den Wunderklängen End^^ ^nten iM Rosengewinde hernieder, immer dichter, überall und ohne undsodaß die öde Gruft schier angefüllt ist von den lachenden Blumen ^'n balsamischer Duft das ganze Haus durchweht. Dann wieder zertheilt ^ allmählich der Rosenflor/weiter und weiter öffnet sich der Blick in Um Räume, immer deutlicher tritt aus schwindenden Nebel die un- luftet ^ Feenreichs hervor, bis auch der letzte Wolkenschleier sich die -5 ""^ krystallener Fluth in den Strahlen der aufgehenden Sonne des/^o'lugin emporsteigt. Die Wirkung dieses Schauspiels ist nicht zu >vie ^ vornehmsten Kritiker der Berliner Presse, welche einen Hebbel D»n^" Secundaner behandeln, sah ich wie behext mit den Händen arbeiten. ist mehr als Alles gesagt. — 'Ttadt!ü^ ^" kleinen Bühnen scheint sich auch in diesem Winter wieder das TtüL ^ besonderen Fleiß hervorthun zu wollen. Zwei, drei neue Dialo ^ Spielerei. Daß es dabei mit dem d^- ^ '^^^ glatt von Statten ginge, kann freilich nicht gesagt wer- ' ^ Ganzen aber schlägt man sich redlich durch. Das Stadttheater be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/81>, abgerufen am 27.07.2024.