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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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kann Frankreich mit 800,000 guten Soldaten dieser Militärmacht widerstehen,
aber man darf nicht aus dem Auge verlieren, daß zwischen dem Effektivstand
auf dem Papier und in der Wirklichkeit bei uns ein großer Unterschied be¬
steht."

Endlich hört, was die Abgeordneten der Rechten, wie der Graf La Tour,
sagten, indem sie die Opposition anflehten, die Augen aufzumachen: "Es ist
nothwendig, unsere Kräfte zu vermehren und beständig auf Preußen zu achten.
Es verfügt über eine Million dreimalhunderttausend. Wir müssen also für
das Gesetz stimmen und, um unsere Pflicht als Franzosen zu thun, dem Lärm
der Wahlkörper, mit dem uns die Oppositionsblätter drohen, die Stirn
bieten!" --

Wer also war schuld, daß wir nicht bereit waren? Die Republikaner,
die Abgeordneten der Opposition. Ich wollte, ich könnte Euch ihre ganzen
Reden citiren. Aber es werden auch einige Auszüge hinreichen, um Euch zu
beweisen, welche verhängnißvolle Rolle jene Leute gespielt haben, die heute
unverschämt genug sind, das Kaiserreich des Leichtsinns und der Sorglosigkeit
anzuklagen.

Herr Jules Simon z. B., ein Mann des 4. September, hat gesagt
-- und das genügt, um all seine Reden zusammenzufassen --: "Ich hoffe,
man wird uns eine Gerechtigkeit nicht versagen, die nämlich, daß man uns
jedes Mal, wenn es galt, den sogenannten bewaffneten Frieden zu organisiren.
bereit fand, alle Maßregeln zu durchkreuzen, die zu diesem Ziel führen sollten."

Herr E. Picard, ein Mann des 4. September, sagte: "Man sagt uns,
es seien 800,000 Mann nöthig. Seit wann spricht man in Frankreich diese
Sprache. Seit wann darf man öffentlich sagen, daß wir solche Vorsichts¬
maßregeln brauchen, nicht nur um unsere Grenzen zu vertheidigen, sondern
auch, um unsere Unabhängigkeit zu wahren? Nichts rechtfertigt diese über¬
triebenen Rüstungen, welche das Land vernichten!" --

Herr I. Favre, ein Mann des 4. September sagte: "Man versichert
uns, Frankreich müsse wie seine Nachbarn bewaffnet sein; seine Sicherheit
hänge davon ab, daß es befestigt und bepanzert sei. daß es in seinen Maga¬
zinen Haufen von Pulver und Kartätschen habe, daß es ohne das Gefahr
laufe zu verderben. Mein Gewissen protestirt gegen solche Vorlagen. Was
fürchtet man denn? Denken denn die 40 Millionen Deutschen daran, uns
anzugreifen? Warum führt man beständig vor der Kammer dies Phantom
spazieren, welches zu nichts führt und das Land ruinirt."

Herr Garnier Pages, ein Mann des 4. September sagte in seiner
Erwiderung aus die Botschaft des Kaisers, welche die Organisation der
Armee begehrte: "Der Einfluß einer Nation hängt von ihren Grundsätzen


kann Frankreich mit 800,000 guten Soldaten dieser Militärmacht widerstehen,
aber man darf nicht aus dem Auge verlieren, daß zwischen dem Effektivstand
auf dem Papier und in der Wirklichkeit bei uns ein großer Unterschied be¬
steht."

Endlich hört, was die Abgeordneten der Rechten, wie der Graf La Tour,
sagten, indem sie die Opposition anflehten, die Augen aufzumachen: „Es ist
nothwendig, unsere Kräfte zu vermehren und beständig auf Preußen zu achten.
Es verfügt über eine Million dreimalhunderttausend. Wir müssen also für
das Gesetz stimmen und, um unsere Pflicht als Franzosen zu thun, dem Lärm
der Wahlkörper, mit dem uns die Oppositionsblätter drohen, die Stirn
bieten!" —

Wer also war schuld, daß wir nicht bereit waren? Die Republikaner,
die Abgeordneten der Opposition. Ich wollte, ich könnte Euch ihre ganzen
Reden citiren. Aber es werden auch einige Auszüge hinreichen, um Euch zu
beweisen, welche verhängnißvolle Rolle jene Leute gespielt haben, die heute
unverschämt genug sind, das Kaiserreich des Leichtsinns und der Sorglosigkeit
anzuklagen.

Herr Jules Simon z. B., ein Mann des 4. September, hat gesagt
— und das genügt, um all seine Reden zusammenzufassen —: „Ich hoffe,
man wird uns eine Gerechtigkeit nicht versagen, die nämlich, daß man uns
jedes Mal, wenn es galt, den sogenannten bewaffneten Frieden zu organisiren.
bereit fand, alle Maßregeln zu durchkreuzen, die zu diesem Ziel führen sollten."

Herr E. Picard, ein Mann des 4. September, sagte: „Man sagt uns,
es seien 800,000 Mann nöthig. Seit wann spricht man in Frankreich diese
Sprache. Seit wann darf man öffentlich sagen, daß wir solche Vorsichts¬
maßregeln brauchen, nicht nur um unsere Grenzen zu vertheidigen, sondern
auch, um unsere Unabhängigkeit zu wahren? Nichts rechtfertigt diese über¬
triebenen Rüstungen, welche das Land vernichten!" —

Herr I. Favre, ein Mann des 4. September sagte: „Man versichert
uns, Frankreich müsse wie seine Nachbarn bewaffnet sein; seine Sicherheit
hänge davon ab, daß es befestigt und bepanzert sei. daß es in seinen Maga¬
zinen Haufen von Pulver und Kartätschen habe, daß es ohne das Gefahr
laufe zu verderben. Mein Gewissen protestirt gegen solche Vorlagen. Was
fürchtet man denn? Denken denn die 40 Millionen Deutschen daran, uns
anzugreifen? Warum führt man beständig vor der Kammer dies Phantom
spazieren, welches zu nichts führt und das Land ruinirt."

Herr Garnier Pages, ein Mann des 4. September sagte in seiner
Erwiderung aus die Botschaft des Kaisers, welche die Organisation der
Armee begehrte: „Der Einfluß einer Nation hängt von ihren Grundsätzen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/65>, abgerufen am 29.12.2024.