Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.und die gesammten Ausgaben für die Marine werden nachträglich auf den¬ Die Ausführung des Abgeordneten Laster hatte jedoch die persönliche und die gesammten Ausgaben für die Marine werden nachträglich auf den¬ Die Ausführung des Abgeordneten Laster hatte jedoch die persönliche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0474" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132696"/> <p xml:id="ID_1388" prev="#ID_1387"> und die gesammten Ausgaben für die Marine werden nachträglich auf den¬<lb/> selben Weg verwiesen, während sie erst zu denjenigen Theilen des Reichshaus¬<lb/> haltes hatten gehören sollen, deren zweite oder Einzelberathung der Reichs¬<lb/> tag ohne Commission im Plenum vornimmt. Die zweite Lesung der zur<lb/> unmittelbaren Berathung im Plenum gestellten Theile des Reichshaushaltes<lb/> begann nunmehr, und zwar mit den Ausgaben des Reichskanzleramtes. Unter<lb/> diesen Ausgaben erschien zum ersten Mal die Ausstattung eines neuen Reichs¬<lb/> justizamtes unter einem eigenen Director, der aber, wie das ganze Amt nicht<lb/> nur dem Reichskanzler unterstehen, sondern als eine Unterabtheilung dem<lb/> Reichskanzleramt angeschlossen werden soll. Diese Einrichtung veranlaßte den<lb/> Abgeordneten Laster zur Wiederholung seiner altbekannten Ausführung,<lb/> wie wünschensrverth Reichsministerien seien, wie der Reichskanzler nicht für<lb/> alle Geschäftszweige des Reiches verantwortlich sein könne, wie derselbe bei<lb/> lebendigem Leibe durch den von keinen menschlichen Schultern zu tragenden<lb/> Umfang der Verantwortlichkeit zu einer Abstraction verflüchtigt werde. Der<lb/> Präsident Delbrück antwortete zunächst correct aus dem Stand der Sache<lb/> heraus, wie er zur Zeit vorliegt. Er sagte im Wesentlichen: eine besondere<lb/> Behörde zur bloßen Vorbereitung der Gesetze ist unfruchtbar, wenn sie nicht<lb/> mit der Verwaltung in enger organischer Beziehung steht. Deßhalb hat man<lb/> für jetzt das neue Gesetzgebungsamt mit dem Amt der inneren Reichsver¬<lb/> waltung organisch verbunden. Wenn die große Reichsreform der deutschen<lb/> Justiz durchgeführt sein wird, dann wird vielleicht eine Reichsjustizverwaltung<lb/> erforderlich, und dann kann für diese und die Vorbereitung der Gesetze ein<lb/> selbstständiges Justizamt errichtet werden. Jetzt ist es noch nicht an der Zeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_1389" next="#ID_1390"> Die Ausführung des Abgeordneten Laster hatte jedoch die persönliche<lb/> Stellung des Kanzlers wieder zu sehr zum Augenmerk genommen, als daß<lb/> dieser mit der aus der augenblicklichen Sachlage geschöpften Erwiderung, wie<lb/> sie Präsident Delbrück gegeben, sich hätte begnügen dürfen. Er ergriff auch<lb/> seinerseits das Wort über einen Gegenstand, den er nicht zum ersten Mal<lb/> behandelte. Sehr erinnerlich ist die ausführliche Rede, welche er am 16. April<lb/> 18K9 im Reichstage des Norddeutschen Bundes über dasselbe Thema hielt,<lb/> wo der Abgeordnete Tochter bereits den Antrag auf verantwortliche Bundes¬<lb/> ministerien, namentlich für auswärtige Angelegenheiten, Krieg, Marine,<lb/> Finanzen und Handel gestellt hatte. Die damalige Ausführung des Kanzlers<lb/> gipfelte in der bekannten Verurtheilung der collegialischen Ministerverfassung,<lb/> wie sie in Preußen besteht. Später ist der Kanzler auf dasselbe Thema arn<lb/> 10. Februar 1870 durch den Vergleich der preußischen Ministerien mit acht<lb/> Bundesstaaten in drastischer Weise zurückbekommen. Dagegen haben nun<lb/> seine diesmaligen Aeußerungen bei einem Theil der liberalen Partei große<lb/> Befriedigung erweckt, obwohl wir nicht finden können, daß er irgend etwas</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0474]
und die gesammten Ausgaben für die Marine werden nachträglich auf den¬
selben Weg verwiesen, während sie erst zu denjenigen Theilen des Reichshaus¬
haltes hatten gehören sollen, deren zweite oder Einzelberathung der Reichs¬
tag ohne Commission im Plenum vornimmt. Die zweite Lesung der zur
unmittelbaren Berathung im Plenum gestellten Theile des Reichshaushaltes
begann nunmehr, und zwar mit den Ausgaben des Reichskanzleramtes. Unter
diesen Ausgaben erschien zum ersten Mal die Ausstattung eines neuen Reichs¬
justizamtes unter einem eigenen Director, der aber, wie das ganze Amt nicht
nur dem Reichskanzler unterstehen, sondern als eine Unterabtheilung dem
Reichskanzleramt angeschlossen werden soll. Diese Einrichtung veranlaßte den
Abgeordneten Laster zur Wiederholung seiner altbekannten Ausführung,
wie wünschensrverth Reichsministerien seien, wie der Reichskanzler nicht für
alle Geschäftszweige des Reiches verantwortlich sein könne, wie derselbe bei
lebendigem Leibe durch den von keinen menschlichen Schultern zu tragenden
Umfang der Verantwortlichkeit zu einer Abstraction verflüchtigt werde. Der
Präsident Delbrück antwortete zunächst correct aus dem Stand der Sache
heraus, wie er zur Zeit vorliegt. Er sagte im Wesentlichen: eine besondere
Behörde zur bloßen Vorbereitung der Gesetze ist unfruchtbar, wenn sie nicht
mit der Verwaltung in enger organischer Beziehung steht. Deßhalb hat man
für jetzt das neue Gesetzgebungsamt mit dem Amt der inneren Reichsver¬
waltung organisch verbunden. Wenn die große Reichsreform der deutschen
Justiz durchgeführt sein wird, dann wird vielleicht eine Reichsjustizverwaltung
erforderlich, und dann kann für diese und die Vorbereitung der Gesetze ein
selbstständiges Justizamt errichtet werden. Jetzt ist es noch nicht an der Zeit.
Die Ausführung des Abgeordneten Laster hatte jedoch die persönliche
Stellung des Kanzlers wieder zu sehr zum Augenmerk genommen, als daß
dieser mit der aus der augenblicklichen Sachlage geschöpften Erwiderung, wie
sie Präsident Delbrück gegeben, sich hätte begnügen dürfen. Er ergriff auch
seinerseits das Wort über einen Gegenstand, den er nicht zum ersten Mal
behandelte. Sehr erinnerlich ist die ausführliche Rede, welche er am 16. April
18K9 im Reichstage des Norddeutschen Bundes über dasselbe Thema hielt,
wo der Abgeordnete Tochter bereits den Antrag auf verantwortliche Bundes¬
ministerien, namentlich für auswärtige Angelegenheiten, Krieg, Marine,
Finanzen und Handel gestellt hatte. Die damalige Ausführung des Kanzlers
gipfelte in der bekannten Verurtheilung der collegialischen Ministerverfassung,
wie sie in Preußen besteht. Später ist der Kanzler auf dasselbe Thema arn
10. Februar 1870 durch den Vergleich der preußischen Ministerien mit acht
Bundesstaaten in drastischer Weise zurückbekommen. Dagegen haben nun
seine diesmaligen Aeußerungen bei einem Theil der liberalen Partei große
Befriedigung erweckt, obwohl wir nicht finden können, daß er irgend etwas
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