Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.aufgeben und den Religionsunterricht aus der Staatsschule verweisen Der "historisch-politische Rückblick", mit welchem im vierten Abschnitt Wir wenden uns zum zweiten besonderen praktischen Theil. Es freut ") S. 22. ") Die nachstehenden Ansichten des Verfassers werden von der Redaction
k D. Red. eineswegs allenthalben getheilt. S. 112--3. aufgeben und den Religionsunterricht aus der Staatsschule verweisen Der „historisch-politische Rückblick", mit welchem im vierten Abschnitt Wir wenden uns zum zweiten besonderen praktischen Theil. Es freut ") S. 22. ") Die nachstehenden Ansichten des Verfassers werden von der Redaction
k D. Red. eineswegs allenthalben getheilt. S. 112—3. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0047" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132269"/> <p xml:id="ID_102" prev="#ID_101"> aufgeben und den Religionsunterricht aus der Staatsschule verweisen<lb/> muß. In auffälligen Widerspruch zu der vorausgesetzten Religionslosigkeit<lb/> des Staats steht die Bemerkung des Verfassers: „Er (der Staat) wird sie<lb/> (die Religion), soweit es sein Beruf gestattet, als ein gutes Kennzeichen sitt¬<lb/> lichen Werthes in seinen Bewohnern, namentlich in den Organen seiner Wirk¬<lb/> samkeit anerkennen und sie geeigneter Weise nähren und pflegen; — sie aber<lb/> sich selbst aneignen, kann er nicht."*) Wie kann der religiös indifferente<lb/> Staat die Religiosität seiner Bürger nähren und pflegen, wenn er nicht selbst<lb/> religiös ist. mit welchen Mitteln soll er diese Pflege ausüben? Und ist ein<lb/> Staat, der Maßregeln trifft zur Pflege der Religiosität, religionslos, und<lb/> wenn er besonders die christliche Religiosität begünstigt, nicht christlich?</p><lb/> <p xml:id="ID_103"> Der „historisch-politische Rückblick", mit welchem im vierten Abschnitt<lb/> der allgemeine theoretische Theil schließt, ist am dürftigsten in der Abtheilung<lb/> „Das protestantische Zeitalter". Wir Härten doch wenigstens einige Andeu¬<lb/> tungen über die Entstehung des landesherrlichen Kirchenregiments.; seine Be¬<lb/> gründung durch die Reformatoren, und über die kirchenpolitischen Systeme<lb/> erwartet. Aber nichts von alledem. Der Verfasser beschränkt sich auf die<lb/> Berührung einiger weniger Thatsachen.</p><lb/> <p xml:id="ID_104" next="#ID_105"> Wir wenden uns zum zweiten besonderen praktischen Theil. Es freut<lb/> uns, über die ersten Abschnitte desselben, welche den Katholicismus und den<lb/> Neukatholicismus nach seinem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit zum Gegen¬<lb/> stande haben, günstiger urtheilen zu können. Wir finden hier eine eingehende,<lb/> gründliche, lichtvolle Darstellung. Das neue katholische Dogma wird in seinem<lb/> Werth, seiner Entstehung und Begründung vergegenwärtigt. Sehr richtig<lb/> und beachtenswert!) ist, wenn der Verfasser sagt, daß die Bischöfe nicht legi-<lb/> timirt seien, auf das ihnen durch Christus übertragene apostolische Recht<lb/> Verzicht zu leisten, daß dasselbe ein von der Person des damit Betrauten<lb/> untrennbar gedachtes sei und daher nicht einem andern übertragen werden<lb/> könne, daß es ein unveräußerliches Recht sei. Und der Schluß ist vollkommen<lb/> begründet. daß daher dem Unfeblbarkeitsdogma das kirchenrechtliche Funda¬<lb/> ment der bischöflichen Legitimation fehle. Auch der folgende Abschnitt „Grund-<lb/> satze der Staatspolitik den Religionsgesellschaften gegenüber" befriedigt im<lb/> Ganzen. In besonderem Maße gilt aber unser anerkennendes Urtheil dem<lb/> achten Abschnitt: „Der Protestantismus." Die gesunde und besonnene Cha¬<lb/> rakteristik der kirchlichen Parteien, der Muth, den der Verfasser in der Frei¬<lb/> heit von landläufigen Werthschätzungen des. vulgären Liberalismus, zeigt, ver¬<lb/> dient alle Anerkennung. Wir rechnen^hierhin**) die Bemerkungen des Verfassers<lb/> über den Protestantenverein ***): „Der Kampf gegen Bestehendes hat bereiten</p><lb/> <note xml:id="FID_9" place="foot"> ") S. 22. ") Die nachstehenden Ansichten des Verfassers werden von der Redaction<lb/> k<note type="byline"> D. Red.</note> eineswegs allenthalben getheilt. S. 112—3.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0047]
aufgeben und den Religionsunterricht aus der Staatsschule verweisen
muß. In auffälligen Widerspruch zu der vorausgesetzten Religionslosigkeit
des Staats steht die Bemerkung des Verfassers: „Er (der Staat) wird sie
(die Religion), soweit es sein Beruf gestattet, als ein gutes Kennzeichen sitt¬
lichen Werthes in seinen Bewohnern, namentlich in den Organen seiner Wirk¬
samkeit anerkennen und sie geeigneter Weise nähren und pflegen; — sie aber
sich selbst aneignen, kann er nicht."*) Wie kann der religiös indifferente
Staat die Religiosität seiner Bürger nähren und pflegen, wenn er nicht selbst
religiös ist. mit welchen Mitteln soll er diese Pflege ausüben? Und ist ein
Staat, der Maßregeln trifft zur Pflege der Religiosität, religionslos, und
wenn er besonders die christliche Religiosität begünstigt, nicht christlich?
Der „historisch-politische Rückblick", mit welchem im vierten Abschnitt
der allgemeine theoretische Theil schließt, ist am dürftigsten in der Abtheilung
„Das protestantische Zeitalter". Wir Härten doch wenigstens einige Andeu¬
tungen über die Entstehung des landesherrlichen Kirchenregiments.; seine Be¬
gründung durch die Reformatoren, und über die kirchenpolitischen Systeme
erwartet. Aber nichts von alledem. Der Verfasser beschränkt sich auf die
Berührung einiger weniger Thatsachen.
Wir wenden uns zum zweiten besonderen praktischen Theil. Es freut
uns, über die ersten Abschnitte desselben, welche den Katholicismus und den
Neukatholicismus nach seinem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit zum Gegen¬
stande haben, günstiger urtheilen zu können. Wir finden hier eine eingehende,
gründliche, lichtvolle Darstellung. Das neue katholische Dogma wird in seinem
Werth, seiner Entstehung und Begründung vergegenwärtigt. Sehr richtig
und beachtenswert!) ist, wenn der Verfasser sagt, daß die Bischöfe nicht legi-
timirt seien, auf das ihnen durch Christus übertragene apostolische Recht
Verzicht zu leisten, daß dasselbe ein von der Person des damit Betrauten
untrennbar gedachtes sei und daher nicht einem andern übertragen werden
könne, daß es ein unveräußerliches Recht sei. Und der Schluß ist vollkommen
begründet. daß daher dem Unfeblbarkeitsdogma das kirchenrechtliche Funda¬
ment der bischöflichen Legitimation fehle. Auch der folgende Abschnitt „Grund-
satze der Staatspolitik den Religionsgesellschaften gegenüber" befriedigt im
Ganzen. In besonderem Maße gilt aber unser anerkennendes Urtheil dem
achten Abschnitt: „Der Protestantismus." Die gesunde und besonnene Cha¬
rakteristik der kirchlichen Parteien, der Muth, den der Verfasser in der Frei¬
heit von landläufigen Werthschätzungen des. vulgären Liberalismus, zeigt, ver¬
dient alle Anerkennung. Wir rechnen^hierhin**) die Bemerkungen des Verfassers
über den Protestantenverein ***): „Der Kampf gegen Bestehendes hat bereiten
") S. 22. ") Die nachstehenden Ansichten des Verfassers werden von der Redaction
k D. Red. eineswegs allenthalben getheilt. S. 112—3.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |