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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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die nur durch die Lichtblicke des gesicherten Erfolges belohnt wird, und somit
darf ich sagen, daß wenn später im sicheren Geleise Alles sich bewegt, und
Deutschland ganz von Paris sich emancipirt hat, meine Arbeit mehr wie die
vieler Anderen ein Suchen dieses sicheren Weges war.

Meine persönlichen Erlebnisse sind durchaus nicht abenteuerlicher Natur
und nur insofern wohl von Interesse als ich in Berührung mit vielen be¬
deutenden Männern kam. die mich in meinem Streben würdigten und för¬
derten. Doch ich muß hübsch von vorn beginnen. Zunächst daß ich das
große Glück hatte, ein Elternpaar zu besitzen, das in seinem idealen Wesen
von Allen verehrt war, die je in seinen Kreis traten. Mein Vater Peter
Fischbach war Friedensrichter in Aachen, Wallerfangen und Bensberg und
starb als Abgeordneter 1870 in Berlin. Seine religiösen, politischen und
humoristischen Lieder habe ich 1871 mit einem meiner 4 Brüder heraus¬
gegeben. Meine Mutter Catharina Fischbach geb. Severin, war eine Schülerin
von Peter von Cornelius und von Kolbe in Düsseldorf und blieb der damals
dort gepflegten poetischen Richtung bis zu ihrem Tode 1872 treu. Ihrer
Realen Auffassung des Lebens, der Natur, ihrer Begeisterung für die Classiker
Und vor Allem ihrem Beispiel verdanke ich das Beste, was ich bin und leiste.
Sind auch ihre Gemälde in Bezug auf realistisches Colorit weniger hervor¬
ragend, so haben sie doch eine Reinheit und Kraft in der Darstellung des
Idealen, die ich höher schätzen darf, als realistische Wahrheit ohne die Weihe
einer edeln künstlerischen Auffassung. In meiner Wohnung habe ich eine
größere Anzahl dieser Bilder placirt, an die ich von frühester Jugend gewöhnt
vin und die mir das Wesen der theuren Mutter in ihrer künstlerischen
Sprache gegenwärtig halten.

Billiger Weise legen wir Alle auf unsere früheste Entwickelung den
größten Werth, denn sie ist bestimmend für die spätere. Ich muß mir jedoch
besagen, die ersten Eindrücke an dieser Stelle festzuhalten, sondern will
^Pidarisch kurz erwähnen, daß ich 1839 in Aachen geboren bin. von 1840
1844 in Wallerfangen bei Saarlouis und von 1844 bis 1854 in Bens-
berg bei Cöln meine Kinderjahre verlebte, dann in Cöln bis 1859 das Gym¬
nasium bis zur Prima und bis 1862 die Musterzeichenschule in Berlin
besuchte.

Auf dem Gymnasium hatte ich schon Vielerlei gezeichnet und in den
Herbstferien die Düsseldorfer Maler in den Wald bet Bensberg begleitet, um
^'chen ze. zu zeichnen. Mein Vater folgte dem Rathe des Commerzienrathes
^ Schotter in Düren, mich Dessinateur werden zu lassen, obgleich ich nur
^hr dunkel die Bedeutung dieses Wortes damals erkannte. In Berlin machte
^ einen ordentlichen Cursus im Zeichnen nach der Antike durch und kam
^um in die Compositionsklafse zum Direktor der Anstalt Van der Typ. --


Vrenzboten IV. 1874. 33

die nur durch die Lichtblicke des gesicherten Erfolges belohnt wird, und somit
darf ich sagen, daß wenn später im sicheren Geleise Alles sich bewegt, und
Deutschland ganz von Paris sich emancipirt hat, meine Arbeit mehr wie die
vieler Anderen ein Suchen dieses sicheren Weges war.

Meine persönlichen Erlebnisse sind durchaus nicht abenteuerlicher Natur
und nur insofern wohl von Interesse als ich in Berührung mit vielen be¬
deutenden Männern kam. die mich in meinem Streben würdigten und för¬
derten. Doch ich muß hübsch von vorn beginnen. Zunächst daß ich das
große Glück hatte, ein Elternpaar zu besitzen, das in seinem idealen Wesen
von Allen verehrt war, die je in seinen Kreis traten. Mein Vater Peter
Fischbach war Friedensrichter in Aachen, Wallerfangen und Bensberg und
starb als Abgeordneter 1870 in Berlin. Seine religiösen, politischen und
humoristischen Lieder habe ich 1871 mit einem meiner 4 Brüder heraus¬
gegeben. Meine Mutter Catharina Fischbach geb. Severin, war eine Schülerin
von Peter von Cornelius und von Kolbe in Düsseldorf und blieb der damals
dort gepflegten poetischen Richtung bis zu ihrem Tode 1872 treu. Ihrer
Realen Auffassung des Lebens, der Natur, ihrer Begeisterung für die Classiker
Und vor Allem ihrem Beispiel verdanke ich das Beste, was ich bin und leiste.
Sind auch ihre Gemälde in Bezug auf realistisches Colorit weniger hervor¬
ragend, so haben sie doch eine Reinheit und Kraft in der Darstellung des
Idealen, die ich höher schätzen darf, als realistische Wahrheit ohne die Weihe
einer edeln künstlerischen Auffassung. In meiner Wohnung habe ich eine
größere Anzahl dieser Bilder placirt, an die ich von frühester Jugend gewöhnt
vin und die mir das Wesen der theuren Mutter in ihrer künstlerischen
Sprache gegenwärtig halten.

Billiger Weise legen wir Alle auf unsere früheste Entwickelung den
größten Werth, denn sie ist bestimmend für die spätere. Ich muß mir jedoch
besagen, die ersten Eindrücke an dieser Stelle festzuhalten, sondern will
^Pidarisch kurz erwähnen, daß ich 1839 in Aachen geboren bin. von 1840
1844 in Wallerfangen bei Saarlouis und von 1844 bis 1854 in Bens-
berg bei Cöln meine Kinderjahre verlebte, dann in Cöln bis 1859 das Gym¬
nasium bis zur Prima und bis 1862 die Musterzeichenschule in Berlin
besuchte.

Auf dem Gymnasium hatte ich schon Vielerlei gezeichnet und in den
Herbstferien die Düsseldorfer Maler in den Wald bet Bensberg begleitet, um
^'chen ze. zu zeichnen. Mein Vater folgte dem Rathe des Commerzienrathes
^ Schotter in Düren, mich Dessinateur werden zu lassen, obgleich ich nur
^hr dunkel die Bedeutung dieses Wortes damals erkannte. In Berlin machte
^ einen ordentlichen Cursus im Zeichnen nach der Antike durch und kam
^um in die Compositionsklafse zum Direktor der Anstalt Van der Typ. —


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[0261] die nur durch die Lichtblicke des gesicherten Erfolges belohnt wird, und somit darf ich sagen, daß wenn später im sicheren Geleise Alles sich bewegt, und Deutschland ganz von Paris sich emancipirt hat, meine Arbeit mehr wie die vieler Anderen ein Suchen dieses sicheren Weges war. Meine persönlichen Erlebnisse sind durchaus nicht abenteuerlicher Natur und nur insofern wohl von Interesse als ich in Berührung mit vielen be¬ deutenden Männern kam. die mich in meinem Streben würdigten und för¬ derten. Doch ich muß hübsch von vorn beginnen. Zunächst daß ich das große Glück hatte, ein Elternpaar zu besitzen, das in seinem idealen Wesen von Allen verehrt war, die je in seinen Kreis traten. Mein Vater Peter Fischbach war Friedensrichter in Aachen, Wallerfangen und Bensberg und starb als Abgeordneter 1870 in Berlin. Seine religiösen, politischen und humoristischen Lieder habe ich 1871 mit einem meiner 4 Brüder heraus¬ gegeben. Meine Mutter Catharina Fischbach geb. Severin, war eine Schülerin von Peter von Cornelius und von Kolbe in Düsseldorf und blieb der damals dort gepflegten poetischen Richtung bis zu ihrem Tode 1872 treu. Ihrer Realen Auffassung des Lebens, der Natur, ihrer Begeisterung für die Classiker Und vor Allem ihrem Beispiel verdanke ich das Beste, was ich bin und leiste. Sind auch ihre Gemälde in Bezug auf realistisches Colorit weniger hervor¬ ragend, so haben sie doch eine Reinheit und Kraft in der Darstellung des Idealen, die ich höher schätzen darf, als realistische Wahrheit ohne die Weihe einer edeln künstlerischen Auffassung. In meiner Wohnung habe ich eine größere Anzahl dieser Bilder placirt, an die ich von frühester Jugend gewöhnt vin und die mir das Wesen der theuren Mutter in ihrer künstlerischen Sprache gegenwärtig halten. Billiger Weise legen wir Alle auf unsere früheste Entwickelung den größten Werth, denn sie ist bestimmend für die spätere. Ich muß mir jedoch besagen, die ersten Eindrücke an dieser Stelle festzuhalten, sondern will ^Pidarisch kurz erwähnen, daß ich 1839 in Aachen geboren bin. von 1840 1844 in Wallerfangen bei Saarlouis und von 1844 bis 1854 in Bens- berg bei Cöln meine Kinderjahre verlebte, dann in Cöln bis 1859 das Gym¬ nasium bis zur Prima und bis 1862 die Musterzeichenschule in Berlin besuchte. Auf dem Gymnasium hatte ich schon Vielerlei gezeichnet und in den Herbstferien die Düsseldorfer Maler in den Wald bet Bensberg begleitet, um ^'chen ze. zu zeichnen. Mein Vater folgte dem Rathe des Commerzienrathes ^ Schotter in Düren, mich Dessinateur werden zu lassen, obgleich ich nur ^hr dunkel die Bedeutung dieses Wortes damals erkannte. In Berlin machte ^ einen ordentlichen Cursus im Zeichnen nach der Antike durch und kam ^um in die Compositionsklafse zum Direktor der Anstalt Van der Typ. — Vrenzboten IV. 1874. 33

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/261>, abgerufen am 29.12.2024.