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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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die gleiche Entschlossenheit, der gleiche furchtbare Ernst liegt auf den Gesichtern
der Weiber, die ihre Männer zur Vertheidigung des häuslichen Herdes
hinausziehen sehen. Der gewitterstürmische Himmel und die fahle Beleuchtung
vollenden die düstere Stimmung des Ganzen. Das Bild zählt unstreitig zu
den wenigen wirklich hervorragenden Schöpfungen, mit welchen diese Aus¬
stellung uns bekannt machte. Man kann sich die sittliche Größe jenes histo¬
rischen Vorganges nicht ergreifender und lebenswahrer dargestellt denken. --
Eine beachtenswerthe "Scene aus dem Bauernkriege" von Burmetster ist
bereits bei einer früheren Gelegenheit in diesen Blättern besprochen worden.

Die großen Historienbilder der diesmaligen Ausstellung trugen wie ge¬
wöhnlich gar zu sehr den Stempel der Schablone. Eine Composition von
Albert Baur in Weimar, "Otto I. an der Leiche seines Bruders Thankmar"
vorstellend, ist sauber gearbeitet, zeigt auch eine Reihe charakteristischer Köpfe,
aber das Ganze macht den Eindruck des hergebrachten Conventionellen. Die
gleiche Bewandtniß hat es mit dem Bilde von Faber du Faur: "Abreise
Friedrichs V. von der Pfalz aus Prag nach der Schlacht am Weißen Berge."
Mehr eigenthümliches Gepräge trägt das'große Bild von Ferdinand Keller
in Karlsruhe, Nero darstellend, wie er von einer Villa aus den Brand Roms
betrachtet. Der Gegensatz zwischen der den Kaiser umgebenden Orgie und
dem Bilde unsäglichen Elends ist drastisch genug; aber der Erscheinung des
Imperators selbst fehlt der, der furchtbaren Größe des Moments entsprechende
Ausdruck. -- Mehr in das Gebiet der historischen Genremalerei spielen zwei
prächtige Bilder von Camphausen hinein, das eine eine drollige Scene aus
der Schlacht bei Roßbach, das andere die "achten Husaren bei Waterloo"
darstellend. Sie führen uns zur Schlachtenmalerei. Dieselbe war auf der
diesmaligen Ausstellung, in Anbetracht des Umstandes, daß wir uns vom
Ende des letzten großen Krieges erst drei Jahre entfernt befinden, nicht gerade
reichlich vertreten. An der Spitze erschien Bleibtreu. Sein "Sedan" zeigt im
Vordergrunde aus einer Anhöhe den Kronprinzen mit seinem Stäbe, in der
Ferne den wogenden Kampf und die brennende Stadt. Das Ganze ist mitten
aus der Wirklichkeit gegriffen, die Gruppirung sehr effectvoll. Das Gleiche
gilt von desselben Malers "Wörth." Eine fast peinlich genaue Copie der
Wirklichkeit ist das im Besitze des Herzogs von Meiningen befindliche Bild
"Die 22. Infanteriedivision in der Schlacht bei Sedan", von Adam in
München. Die Ausführung ist vortrefflich, doch hat das allzu ängstliche
Festhalten an den wirklichen Vorgängen die Einheit des Gesammteindrucks
beeinträchtigt.

Reihen wir an die moderne Schlachtenmalerei die Darstellung eines alt¬
deutschen Kriegsbildes an! Die "Walküren" von August v. Heyden in Berlin
waren eine der originellsten und gehaltvollsten Compositionen der ganzen Aus-


die gleiche Entschlossenheit, der gleiche furchtbare Ernst liegt auf den Gesichtern
der Weiber, die ihre Männer zur Vertheidigung des häuslichen Herdes
hinausziehen sehen. Der gewitterstürmische Himmel und die fahle Beleuchtung
vollenden die düstere Stimmung des Ganzen. Das Bild zählt unstreitig zu
den wenigen wirklich hervorragenden Schöpfungen, mit welchen diese Aus¬
stellung uns bekannt machte. Man kann sich die sittliche Größe jenes histo¬
rischen Vorganges nicht ergreifender und lebenswahrer dargestellt denken. —
Eine beachtenswerthe „Scene aus dem Bauernkriege" von Burmetster ist
bereits bei einer früheren Gelegenheit in diesen Blättern besprochen worden.

Die großen Historienbilder der diesmaligen Ausstellung trugen wie ge¬
wöhnlich gar zu sehr den Stempel der Schablone. Eine Composition von
Albert Baur in Weimar, „Otto I. an der Leiche seines Bruders Thankmar"
vorstellend, ist sauber gearbeitet, zeigt auch eine Reihe charakteristischer Köpfe,
aber das Ganze macht den Eindruck des hergebrachten Conventionellen. Die
gleiche Bewandtniß hat es mit dem Bilde von Faber du Faur: „Abreise
Friedrichs V. von der Pfalz aus Prag nach der Schlacht am Weißen Berge."
Mehr eigenthümliches Gepräge trägt das'große Bild von Ferdinand Keller
in Karlsruhe, Nero darstellend, wie er von einer Villa aus den Brand Roms
betrachtet. Der Gegensatz zwischen der den Kaiser umgebenden Orgie und
dem Bilde unsäglichen Elends ist drastisch genug; aber der Erscheinung des
Imperators selbst fehlt der, der furchtbaren Größe des Moments entsprechende
Ausdruck. — Mehr in das Gebiet der historischen Genremalerei spielen zwei
prächtige Bilder von Camphausen hinein, das eine eine drollige Scene aus
der Schlacht bei Roßbach, das andere die „achten Husaren bei Waterloo"
darstellend. Sie führen uns zur Schlachtenmalerei. Dieselbe war auf der
diesmaligen Ausstellung, in Anbetracht des Umstandes, daß wir uns vom
Ende des letzten großen Krieges erst drei Jahre entfernt befinden, nicht gerade
reichlich vertreten. An der Spitze erschien Bleibtreu. Sein „Sedan" zeigt im
Vordergrunde aus einer Anhöhe den Kronprinzen mit seinem Stäbe, in der
Ferne den wogenden Kampf und die brennende Stadt. Das Ganze ist mitten
aus der Wirklichkeit gegriffen, die Gruppirung sehr effectvoll. Das Gleiche
gilt von desselben Malers „Wörth." Eine fast peinlich genaue Copie der
Wirklichkeit ist das im Besitze des Herzogs von Meiningen befindliche Bild
„Die 22. Infanteriedivision in der Schlacht bei Sedan", von Adam in
München. Die Ausführung ist vortrefflich, doch hat das allzu ängstliche
Festhalten an den wirklichen Vorgängen die Einheit des Gesammteindrucks
beeinträchtigt.

Reihen wir an die moderne Schlachtenmalerei die Darstellung eines alt¬
deutschen Kriegsbildes an! Die „Walküren" von August v. Heyden in Berlin
waren eine der originellsten und gehaltvollsten Compositionen der ganzen Aus-


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[0238] die gleiche Entschlossenheit, der gleiche furchtbare Ernst liegt auf den Gesichtern der Weiber, die ihre Männer zur Vertheidigung des häuslichen Herdes hinausziehen sehen. Der gewitterstürmische Himmel und die fahle Beleuchtung vollenden die düstere Stimmung des Ganzen. Das Bild zählt unstreitig zu den wenigen wirklich hervorragenden Schöpfungen, mit welchen diese Aus¬ stellung uns bekannt machte. Man kann sich die sittliche Größe jenes histo¬ rischen Vorganges nicht ergreifender und lebenswahrer dargestellt denken. — Eine beachtenswerthe „Scene aus dem Bauernkriege" von Burmetster ist bereits bei einer früheren Gelegenheit in diesen Blättern besprochen worden. Die großen Historienbilder der diesmaligen Ausstellung trugen wie ge¬ wöhnlich gar zu sehr den Stempel der Schablone. Eine Composition von Albert Baur in Weimar, „Otto I. an der Leiche seines Bruders Thankmar" vorstellend, ist sauber gearbeitet, zeigt auch eine Reihe charakteristischer Köpfe, aber das Ganze macht den Eindruck des hergebrachten Conventionellen. Die gleiche Bewandtniß hat es mit dem Bilde von Faber du Faur: „Abreise Friedrichs V. von der Pfalz aus Prag nach der Schlacht am Weißen Berge." Mehr eigenthümliches Gepräge trägt das'große Bild von Ferdinand Keller in Karlsruhe, Nero darstellend, wie er von einer Villa aus den Brand Roms betrachtet. Der Gegensatz zwischen der den Kaiser umgebenden Orgie und dem Bilde unsäglichen Elends ist drastisch genug; aber der Erscheinung des Imperators selbst fehlt der, der furchtbaren Größe des Moments entsprechende Ausdruck. — Mehr in das Gebiet der historischen Genremalerei spielen zwei prächtige Bilder von Camphausen hinein, das eine eine drollige Scene aus der Schlacht bei Roßbach, das andere die „achten Husaren bei Waterloo" darstellend. Sie führen uns zur Schlachtenmalerei. Dieselbe war auf der diesmaligen Ausstellung, in Anbetracht des Umstandes, daß wir uns vom Ende des letzten großen Krieges erst drei Jahre entfernt befinden, nicht gerade reichlich vertreten. An der Spitze erschien Bleibtreu. Sein „Sedan" zeigt im Vordergrunde aus einer Anhöhe den Kronprinzen mit seinem Stäbe, in der Ferne den wogenden Kampf und die brennende Stadt. Das Ganze ist mitten aus der Wirklichkeit gegriffen, die Gruppirung sehr effectvoll. Das Gleiche gilt von desselben Malers „Wörth." Eine fast peinlich genaue Copie der Wirklichkeit ist das im Besitze des Herzogs von Meiningen befindliche Bild „Die 22. Infanteriedivision in der Schlacht bei Sedan", von Adam in München. Die Ausführung ist vortrefflich, doch hat das allzu ängstliche Festhalten an den wirklichen Vorgängen die Einheit des Gesammteindrucks beeinträchtigt. Reihen wir an die moderne Schlachtenmalerei die Darstellung eines alt¬ deutschen Kriegsbildes an! Die „Walküren" von August v. Heyden in Berlin waren eine der originellsten und gehaltvollsten Compositionen der ganzen Aus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/238>, abgerufen am 27.07.2024.