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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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nicht zögern werde, sich auch den Antichrist (d. h. den Papst) zu Füßen
zu werfen:


"81 -losuitÄ tuZit, ruot ^Mioln-istus vt ipso,
"vonoixo sxoin xrinoops, non tonus omon aäost.^^)

Die katholischen Stiftsherrn überzeugten sich, daß sie keinen Augenblick
Zeit zu verlieren hatten und erwählten daher in einer am 8. Juni zu Zabern
abgehaltenen Sitzung den Kardinal Karl von Lothringen, Bischof von Metz,
Sohn Karl's III., Herzog von Lothringen und der Claudia von Frankreich,
Tochter Heinrich's II. Dieser sowohl durch seine Abstammung wie durch seinen
wüthenden Glaubenseifer hervorragende Gegen-Bischof richtete nun sofort
eine harte Anklageschrift an den Senat von Straßburg rücksichtlich der Weg¬
nahme mehrerer ihm als dem einzig rechtmäßigen Bischöfe gehörenden Schlösser;
er drohte, falls man ihm nicht die vollste Genugthuung angedeihen lasse, mit
bewaffneter Hand Rache zu nehmen. Der Senat, um Zeit zur Rüstung zu
gewinnen, suchte unter Entschuldigungen der Sache zunächst eine derartige
Wendung zu geben, als ob die Verantwortung für die Einnahme von Kochers¬
berg und Dachstein auf dem Bischof Johann Georg allein lastete; ließ aber
gleichzeitig durchblicken, daß die Wahl desselben unter seiner ganz besonderen
Autorität vollzogen sei. Diese letzte Bemerkung brachte natürlich den streit¬
baren Kardinal vollends in Harnisch, und er bestritt in einem Entgegnungs¬
schreiben dem Senat jegliche Competenz in bischöflichen Wahlangelegenheiten
mitzureden, worauf dieser, noch immer in entschuldigenden Tone, sich dahin
äußerte, daß er nur diejenigen Rechte für sich in Anspruch nehme, die ihm
durch Verträge und Privilegien zustünden.

In der Zwischenzeit war Karl von Lothringen mit seinen Rüstungen
schneller fertig geworden, als die Stadt Straßburg, und war nach der Ein¬
nahme von Benfeldt und Andlau mitten in das Elsaß vorgedrungen. In
anmaßenden Tone ließ er durch einen Trompeter die Behörden von Stra߬
burg auffordern, die protestantischen Domherren, welche die Urheber der
neuesten Unruhen seien, unverzüglich auszutreiben und den ihm getreuen
Stiftsherren ihre Kirchen und Revenüen zurückzugeben, sowie auch den seinem
Bisthum zugefügten Schaden zu ersetzen, widrigenfalls er sie als Feinde be¬
handeln werde. Der Senat von Straßburg und Johann Georg antworteten
hierauf mit der Eröffnung der Feindseligkeiten. Es entspannen sich kleinere
Gefechte und den lothringischen Truppen gelang es, 300 brandenburgische
Reiter in Schafolsheirn, sowie ein kleines Lager bei Geispitzheim zu überfallen
und einen Theil der Bagage zu erbeuten. Die kaiserlichen Kommissarien,
welche indessen angelangt waren, wandten sich zur Schlichtung des Streites



") Aus einer Handschrift des Niccius, Kanzlers der Se. Petri Kirche.

nicht zögern werde, sich auch den Antichrist (d. h. den Papst) zu Füßen
zu werfen:


„81 -losuitÄ tuZit, ruot ^Mioln-istus vt ipso,
„vonoixo sxoin xrinoops, non tonus omon aäost.^^)

Die katholischen Stiftsherrn überzeugten sich, daß sie keinen Augenblick
Zeit zu verlieren hatten und erwählten daher in einer am 8. Juni zu Zabern
abgehaltenen Sitzung den Kardinal Karl von Lothringen, Bischof von Metz,
Sohn Karl's III., Herzog von Lothringen und der Claudia von Frankreich,
Tochter Heinrich's II. Dieser sowohl durch seine Abstammung wie durch seinen
wüthenden Glaubenseifer hervorragende Gegen-Bischof richtete nun sofort
eine harte Anklageschrift an den Senat von Straßburg rücksichtlich der Weg¬
nahme mehrerer ihm als dem einzig rechtmäßigen Bischöfe gehörenden Schlösser;
er drohte, falls man ihm nicht die vollste Genugthuung angedeihen lasse, mit
bewaffneter Hand Rache zu nehmen. Der Senat, um Zeit zur Rüstung zu
gewinnen, suchte unter Entschuldigungen der Sache zunächst eine derartige
Wendung zu geben, als ob die Verantwortung für die Einnahme von Kochers¬
berg und Dachstein auf dem Bischof Johann Georg allein lastete; ließ aber
gleichzeitig durchblicken, daß die Wahl desselben unter seiner ganz besonderen
Autorität vollzogen sei. Diese letzte Bemerkung brachte natürlich den streit¬
baren Kardinal vollends in Harnisch, und er bestritt in einem Entgegnungs¬
schreiben dem Senat jegliche Competenz in bischöflichen Wahlangelegenheiten
mitzureden, worauf dieser, noch immer in entschuldigenden Tone, sich dahin
äußerte, daß er nur diejenigen Rechte für sich in Anspruch nehme, die ihm
durch Verträge und Privilegien zustünden.

In der Zwischenzeit war Karl von Lothringen mit seinen Rüstungen
schneller fertig geworden, als die Stadt Straßburg, und war nach der Ein¬
nahme von Benfeldt und Andlau mitten in das Elsaß vorgedrungen. In
anmaßenden Tone ließ er durch einen Trompeter die Behörden von Stra߬
burg auffordern, die protestantischen Domherren, welche die Urheber der
neuesten Unruhen seien, unverzüglich auszutreiben und den ihm getreuen
Stiftsherren ihre Kirchen und Revenüen zurückzugeben, sowie auch den seinem
Bisthum zugefügten Schaden zu ersetzen, widrigenfalls er sie als Feinde be¬
handeln werde. Der Senat von Straßburg und Johann Georg antworteten
hierauf mit der Eröffnung der Feindseligkeiten. Es entspannen sich kleinere
Gefechte und den lothringischen Truppen gelang es, 300 brandenburgische
Reiter in Schafolsheirn, sowie ein kleines Lager bei Geispitzheim zu überfallen
und einen Theil der Bagage zu erbeuten. Die kaiserlichen Kommissarien,
welche indessen angelangt waren, wandten sich zur Schlichtung des Streites



") Aus einer Handschrift des Niccius, Kanzlers der Se. Petri Kirche.
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[0023] nicht zögern werde, sich auch den Antichrist (d. h. den Papst) zu Füßen zu werfen: „81 -losuitÄ tuZit, ruot ^Mioln-istus vt ipso, „vonoixo sxoin xrinoops, non tonus omon aäost.^^) Die katholischen Stiftsherrn überzeugten sich, daß sie keinen Augenblick Zeit zu verlieren hatten und erwählten daher in einer am 8. Juni zu Zabern abgehaltenen Sitzung den Kardinal Karl von Lothringen, Bischof von Metz, Sohn Karl's III., Herzog von Lothringen und der Claudia von Frankreich, Tochter Heinrich's II. Dieser sowohl durch seine Abstammung wie durch seinen wüthenden Glaubenseifer hervorragende Gegen-Bischof richtete nun sofort eine harte Anklageschrift an den Senat von Straßburg rücksichtlich der Weg¬ nahme mehrerer ihm als dem einzig rechtmäßigen Bischöfe gehörenden Schlösser; er drohte, falls man ihm nicht die vollste Genugthuung angedeihen lasse, mit bewaffneter Hand Rache zu nehmen. Der Senat, um Zeit zur Rüstung zu gewinnen, suchte unter Entschuldigungen der Sache zunächst eine derartige Wendung zu geben, als ob die Verantwortung für die Einnahme von Kochers¬ berg und Dachstein auf dem Bischof Johann Georg allein lastete; ließ aber gleichzeitig durchblicken, daß die Wahl desselben unter seiner ganz besonderen Autorität vollzogen sei. Diese letzte Bemerkung brachte natürlich den streit¬ baren Kardinal vollends in Harnisch, und er bestritt in einem Entgegnungs¬ schreiben dem Senat jegliche Competenz in bischöflichen Wahlangelegenheiten mitzureden, worauf dieser, noch immer in entschuldigenden Tone, sich dahin äußerte, daß er nur diejenigen Rechte für sich in Anspruch nehme, die ihm durch Verträge und Privilegien zustünden. In der Zwischenzeit war Karl von Lothringen mit seinen Rüstungen schneller fertig geworden, als die Stadt Straßburg, und war nach der Ein¬ nahme von Benfeldt und Andlau mitten in das Elsaß vorgedrungen. In anmaßenden Tone ließ er durch einen Trompeter die Behörden von Stra߬ burg auffordern, die protestantischen Domherren, welche die Urheber der neuesten Unruhen seien, unverzüglich auszutreiben und den ihm getreuen Stiftsherren ihre Kirchen und Revenüen zurückzugeben, sowie auch den seinem Bisthum zugefügten Schaden zu ersetzen, widrigenfalls er sie als Feinde be¬ handeln werde. Der Senat von Straßburg und Johann Georg antworteten hierauf mit der Eröffnung der Feindseligkeiten. Es entspannen sich kleinere Gefechte und den lothringischen Truppen gelang es, 300 brandenburgische Reiter in Schafolsheirn, sowie ein kleines Lager bei Geispitzheim zu überfallen und einen Theil der Bagage zu erbeuten. Die kaiserlichen Kommissarien, welche indessen angelangt waren, wandten sich zur Schlichtung des Streites ") Aus einer Handschrift des Niccius, Kanzlers der Se. Petri Kirche.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/23>, abgerufen am 28.12.2024.