Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.Ländereien; gleichzeitig ermahnte er den Magistrat, in keiner Weise die pro¬ Der neu ernannte Bischof zögerte nicht, die auf ihn gefallene Wahl durch Ländereien; gleichzeitig ermahnte er den Magistrat, in keiner Weise die pro¬ Der neu ernannte Bischof zögerte nicht, die auf ihn gefallene Wahl durch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0022" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132244"/> <p xml:id="ID_37" prev="#ID_36"> Ländereien; gleichzeitig ermahnte er den Magistrat, in keiner Weise die pro¬<lb/> testantischen Domherrn zu unterstützen, sondern sich ihren Absichten, sofern<lb/> sie den seinigen widersprächen, energisch entgegenzustellen. Der Senat der pro¬<lb/> testantischen Stadt Straßburg war jedoch weit entfernt, diesen Anforderungen<lb/> zu entsprechen, und Joachim, Herzog von Braunschweig, welchem die pro¬<lb/> testantischen Stistsherrn aus eigener Machtvollkommenheit die Würde eines<lb/> Papstes übertragen hatten, konnte ungestört das Kapitel auf den 28. Mai<lb/> zusammenberufen. Der Versammlung setzte in beredter Rede der Professor der<lb/> Theologie und Rektor der Akademie, Johann Pappus, die Eigenschaften und<lb/> Tugenden eines Bischofs auseinander, wie sie der Apostel Paulus von einem<lb/> solchen in seinem Briefe an Timotheus fordert und ermahnte eindringlich,<lb/> nur einen solchen Oberhirten zu wählen, der sich zu den Lehren der Prophe¬<lb/> ten und Apostel, zu denen der drei ersten symbolischen Schriften und der vier<lb/> ersten Konzilien bekenne und zugleich unverbrüchlich festhalte an den Sätzen<lb/> der Augsburgischen Konfession. Nachdem Johann Pappus seine zündende<lb/> Rede geendet, schritt man zur Wahl und ernannte einstimmig Johann Georg,<lb/> von Brandenburg, Sohn des nachmaligen Kurfürsten Joachim Friedrich, in¬<lb/> dem man ihn postulirte, da er dem Kapitel nicht angehörte. In dem Hause<lb/> Brandenburg erkannte man bereits damals die Vormacht der freien protestan¬<lb/> tischen Idee, und man bedürfte hier in diesem Falle unter allen Umständen<lb/> eines Fürsten, der mächtig genug schien, um seine Würde gegen einen starken<lb/> Widersacher, den die katholischen Domherrn aufzustellen nicht zögern konnten,<lb/> mit Nachdruck aufrecht zu erhalten. Diese Erwartung mußte natürlich zur<lb/> Grundbedingung haben, daß die Partei, welche den protestantischen Streit-<lb/> Bischof aufstellte, in ihrem Muthe und ihrer Unterstützung nicht erlahmte;<lb/> doch wurde diese Bedingung in der Folgezeit nicht erfüllt.</p><lb/> <p xml:id="ID_38" next="#ID_39"> Der neu ernannte Bischof zögerte nicht, die auf ihn gefallene Wahl durch<lb/> einen Bevollmächtigten zu ratifiziren, und vom 1. Juni ab wurden in seinem<lb/> Namen Schreiben an alle Amtshauptleute und Magistrate gerichtet, um ihnen<lb/> anzubefehlen, Herrn Johann Georg von Brandenburg als ihrem Bischof und<lb/> gesetzmäßigen Fürsten den schuldigen Gehorsamzu erweisen. Indessen hatte der<lb/> Senat der freien Reichsstadt, um den geistlichen Oberherrn zu stützen, 3 Fähn¬<lb/> lein Infanterie und 600 Reiter aufgebracht, welche er mit 7 Geschützen gegen<lb/> das zum Bisthum gehörende Schloß Kochersberg zum Angriff vorschickte.<lb/> Nach starker Breschelegung ergab sich Kochersberg, und es folgten ihm gleich<lb/> daraus Dachstein und Molsheim. Die Jesuiten, welche in letzterem Orte eine<lb/> Schule hatten, sahen sich zur Flucht genöthigt; und die Straßburger Aka¬<lb/> demie, die in diesem Ereigniß ein günstiges Vorzeichen erblickte, sprach in einer<lb/> poetischen Epistel, welche sie bei dieser Gelegenheit an den Bischof Johann Georg<lb/> richtete, die Hoffnung aus, daß er, nachdem die Jesuiten die Flucht ergriffen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0022]
Ländereien; gleichzeitig ermahnte er den Magistrat, in keiner Weise die pro¬
testantischen Domherrn zu unterstützen, sondern sich ihren Absichten, sofern
sie den seinigen widersprächen, energisch entgegenzustellen. Der Senat der pro¬
testantischen Stadt Straßburg war jedoch weit entfernt, diesen Anforderungen
zu entsprechen, und Joachim, Herzog von Braunschweig, welchem die pro¬
testantischen Stistsherrn aus eigener Machtvollkommenheit die Würde eines
Papstes übertragen hatten, konnte ungestört das Kapitel auf den 28. Mai
zusammenberufen. Der Versammlung setzte in beredter Rede der Professor der
Theologie und Rektor der Akademie, Johann Pappus, die Eigenschaften und
Tugenden eines Bischofs auseinander, wie sie der Apostel Paulus von einem
solchen in seinem Briefe an Timotheus fordert und ermahnte eindringlich,
nur einen solchen Oberhirten zu wählen, der sich zu den Lehren der Prophe¬
ten und Apostel, zu denen der drei ersten symbolischen Schriften und der vier
ersten Konzilien bekenne und zugleich unverbrüchlich festhalte an den Sätzen
der Augsburgischen Konfession. Nachdem Johann Pappus seine zündende
Rede geendet, schritt man zur Wahl und ernannte einstimmig Johann Georg,
von Brandenburg, Sohn des nachmaligen Kurfürsten Joachim Friedrich, in¬
dem man ihn postulirte, da er dem Kapitel nicht angehörte. In dem Hause
Brandenburg erkannte man bereits damals die Vormacht der freien protestan¬
tischen Idee, und man bedürfte hier in diesem Falle unter allen Umständen
eines Fürsten, der mächtig genug schien, um seine Würde gegen einen starken
Widersacher, den die katholischen Domherrn aufzustellen nicht zögern konnten,
mit Nachdruck aufrecht zu erhalten. Diese Erwartung mußte natürlich zur
Grundbedingung haben, daß die Partei, welche den protestantischen Streit-
Bischof aufstellte, in ihrem Muthe und ihrer Unterstützung nicht erlahmte;
doch wurde diese Bedingung in der Folgezeit nicht erfüllt.
Der neu ernannte Bischof zögerte nicht, die auf ihn gefallene Wahl durch
einen Bevollmächtigten zu ratifiziren, und vom 1. Juni ab wurden in seinem
Namen Schreiben an alle Amtshauptleute und Magistrate gerichtet, um ihnen
anzubefehlen, Herrn Johann Georg von Brandenburg als ihrem Bischof und
gesetzmäßigen Fürsten den schuldigen Gehorsamzu erweisen. Indessen hatte der
Senat der freien Reichsstadt, um den geistlichen Oberherrn zu stützen, 3 Fähn¬
lein Infanterie und 600 Reiter aufgebracht, welche er mit 7 Geschützen gegen
das zum Bisthum gehörende Schloß Kochersberg zum Angriff vorschickte.
Nach starker Breschelegung ergab sich Kochersberg, und es folgten ihm gleich
daraus Dachstein und Molsheim. Die Jesuiten, welche in letzterem Orte eine
Schule hatten, sahen sich zur Flucht genöthigt; und die Straßburger Aka¬
demie, die in diesem Ereigniß ein günstiges Vorzeichen erblickte, sprach in einer
poetischen Epistel, welche sie bei dieser Gelegenheit an den Bischof Johann Georg
richtete, die Hoffnung aus, daß er, nachdem die Jesuiten die Flucht ergriffen,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |