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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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auf dem Reichstage zu Speier zuzulassen, in besonderer Berufung darauf, daß
der Magistrat erst kurz zuvor die Lesung der Messe untersagt hatte. Ohne sich
durch die Drohungen des Kaisers einschüchtern zu lassen, schloß sich die Stadt
Straßburg dem Proteste der lutherischen Fürsten und freien Städte an. 1530
stellte sie im Bunde mit Lindau, Memmingen und Konstanz durch ihre Ab¬
geordneten Bucer, Capito und Hedio der Augsburgischen Konfession die zur
Zwingli'schen Lehre hinneigende Tetrapolitana entgegen, trat jedoch später dem
erstgenannten Glaubenskenntniß bei und schloß sich auch 1531 dem schmalkal-
dischen Bunde an. Es verdient hier besonders hervorgehoben zu werden, daß
Straßburg dem eigennützigen Verbündeten der Protestanten Deutschlands, dem
Könige Heinrich II. von Frankreich, der sich auf Grund der Verträge mit
den Fürsten des schmalkaldischen Bundes der Bisthümer Metz, Toul und
Berdun bemächtigt hatte, energisch den Eintritt in die Stadt verweigerte, und
als dieser drohte, trotzig ihre Mauern in Vertheidigungszustand setzte, so daß
Heinrich sich zum Abzüge genöthigt sah. Noch lange rühmte sich Straßburg
mit besonderem Stolze der Treue, welche es dem Reiche und dem Kaiser be¬
wiesen, obwohl es in Religionssachen dessen entschiedenster Gegner war. Ihre
Bedeutung verschaffte der Stadt trotz ihrer Feindseligkeit bedeutende Privilegien:
im Jahre 1538 bereits durfte sie eine lateinische Schule errichten, an welcher
Calvin donirte; und 1566 erhielt sie vom Kaiser die Erlaubniß, die Schule
in eine Akademie umzuwandeln, an deren Spitze zunächst ein calvinistischer,
später ein lutherischer Rektor stand. Ebenso gewinnen seit 1584 protestan¬
tische Domherrn im Kapitel der Kathedrale Sitz; 1588 werden deren nicht
weniger als vierzehn aufgenommen, zu denen, wie aus einer Liste einer alten
Malerei, die im Bruderhof aufbewahrt ist, hervorgeht, neben Joachim Karl,
Herzog von Braunschweig, Franz v. Lüneburg, Ulrich, Sohn Friedrich's II.
von Dänemark und anderen, auch August, Marquis von Brandenburg gehört.
Im Jahre 1592 sollte auch die Wahl eines Bischofs einen Sproß des Hauses
Brandenburg Hohenzollern treffen.

Der Bischof Johann, Graf v. Manderscheid, war mitten unter den hef¬
tigsten Kämpfen der verschiedenen Religionsparteien am 2. Mai 1592 in
Zabern, der gewöhnlichen Residenz, gestorben. Es entspann sich zunächst ein
Streit über den Ort der Wahl eines neuen Oberhirten. Während die Pro¬
testanten, gleichzeitig um sich der Autorität des Senats zu versichern, behaup¬
teten, das Kapitel müsse sich nach altem Herkommen behufs Vollziehung der
Wahl in Straßburg versammeln, stimmten dagegen die Katholiken für Zabern,
weil sie sich in Straßburg den Feindseligkeiten des Volkes ausgesetzt glaubten.
Sie richteten daher an den Kaiser Rudolf II. die Bitte, das Kapitel unter
seinen Schutz zu nehmen, und jener, das zusagend, bestellte den Erzherzog
Ferdinand als vorläufigen Verwalter des Kapitels, der Schlösser, Städte und


Grmzvoten IV. 1874. 3

auf dem Reichstage zu Speier zuzulassen, in besonderer Berufung darauf, daß
der Magistrat erst kurz zuvor die Lesung der Messe untersagt hatte. Ohne sich
durch die Drohungen des Kaisers einschüchtern zu lassen, schloß sich die Stadt
Straßburg dem Proteste der lutherischen Fürsten und freien Städte an. 1530
stellte sie im Bunde mit Lindau, Memmingen und Konstanz durch ihre Ab¬
geordneten Bucer, Capito und Hedio der Augsburgischen Konfession die zur
Zwingli'schen Lehre hinneigende Tetrapolitana entgegen, trat jedoch später dem
erstgenannten Glaubenskenntniß bei und schloß sich auch 1531 dem schmalkal-
dischen Bunde an. Es verdient hier besonders hervorgehoben zu werden, daß
Straßburg dem eigennützigen Verbündeten der Protestanten Deutschlands, dem
Könige Heinrich II. von Frankreich, der sich auf Grund der Verträge mit
den Fürsten des schmalkaldischen Bundes der Bisthümer Metz, Toul und
Berdun bemächtigt hatte, energisch den Eintritt in die Stadt verweigerte, und
als dieser drohte, trotzig ihre Mauern in Vertheidigungszustand setzte, so daß
Heinrich sich zum Abzüge genöthigt sah. Noch lange rühmte sich Straßburg
mit besonderem Stolze der Treue, welche es dem Reiche und dem Kaiser be¬
wiesen, obwohl es in Religionssachen dessen entschiedenster Gegner war. Ihre
Bedeutung verschaffte der Stadt trotz ihrer Feindseligkeit bedeutende Privilegien:
im Jahre 1538 bereits durfte sie eine lateinische Schule errichten, an welcher
Calvin donirte; und 1566 erhielt sie vom Kaiser die Erlaubniß, die Schule
in eine Akademie umzuwandeln, an deren Spitze zunächst ein calvinistischer,
später ein lutherischer Rektor stand. Ebenso gewinnen seit 1584 protestan¬
tische Domherrn im Kapitel der Kathedrale Sitz; 1588 werden deren nicht
weniger als vierzehn aufgenommen, zu denen, wie aus einer Liste einer alten
Malerei, die im Bruderhof aufbewahrt ist, hervorgeht, neben Joachim Karl,
Herzog von Braunschweig, Franz v. Lüneburg, Ulrich, Sohn Friedrich's II.
von Dänemark und anderen, auch August, Marquis von Brandenburg gehört.
Im Jahre 1592 sollte auch die Wahl eines Bischofs einen Sproß des Hauses
Brandenburg Hohenzollern treffen.

Der Bischof Johann, Graf v. Manderscheid, war mitten unter den hef¬
tigsten Kämpfen der verschiedenen Religionsparteien am 2. Mai 1592 in
Zabern, der gewöhnlichen Residenz, gestorben. Es entspann sich zunächst ein
Streit über den Ort der Wahl eines neuen Oberhirten. Während die Pro¬
testanten, gleichzeitig um sich der Autorität des Senats zu versichern, behaup¬
teten, das Kapitel müsse sich nach altem Herkommen behufs Vollziehung der
Wahl in Straßburg versammeln, stimmten dagegen die Katholiken für Zabern,
weil sie sich in Straßburg den Feindseligkeiten des Volkes ausgesetzt glaubten.
Sie richteten daher an den Kaiser Rudolf II. die Bitte, das Kapitel unter
seinen Schutz zu nehmen, und jener, das zusagend, bestellte den Erzherzog
Ferdinand als vorläufigen Verwalter des Kapitels, der Schlösser, Städte und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/21>, abgerufen am 27.12.2024.