Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.Herbsttage in Schwaben. 2. (Hohenneuffen. Urach. Eningen. Die Achalm. Lichtenstein. Reutlingen. Der Hohenzollern. Die Schwarzwaldbäder. Hirsau.) Von Friedrich Lamper t. Es war gut, daß hier und da ein schwarzrother Wegzeiger stand, daß So gehts im lieblichsten Wechsel stundenlang fort, bis das Dorf Gutten- Herbsttage in Schwaben. 2. (Hohenneuffen. Urach. Eningen. Die Achalm. Lichtenstein. Reutlingen. Der Hohenzollern. Die Schwarzwaldbäder. Hirsau.) Von Friedrich Lamper t. Es war gut, daß hier und da ein schwarzrother Wegzeiger stand, daß So gehts im lieblichsten Wechsel stundenlang fort, bis das Dorf Gutten- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0219" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132441"/> </div> <div n="1"> <head> Herbsttage in Schwaben.<lb/> 2.<lb/> (Hohenneuffen. Urach. Eningen. Die Achalm. Lichtenstein. Reutlingen.<lb/> Der Hohenzollern. Die Schwarzwaldbäder. Hirsau.)<lb/><note type="byline"> Von Friedrich Lamper t.</note></head><lb/> <p xml:id="ID_694"> Es war gut, daß hier und da ein schwarzrother Wegzeiger stand, daß<lb/> ^ir von den Kindern, die unter den Bäumen spielten oder von dem Postillon,<lb/> gerade vor dem Wirthshaus seinen Schoppen trank, die unverkennbaren<lb/> Zischlaute schwäbischen Idioms hörten, sonst hätte ich wirklich glauben<lb/> können, ich wanderte nicht zwischen gut würtembergischen Kirsch- und Aepfel-<lb/> bäumen, sondern an den Ufern des Vierwaldstättersees zwischen Gersau,<lb/> Brunnen und Beckenrieth, so wunderbare Ähnlichkeit mit diesem lieblichen<lb/> ^rdenwinkel hat das Lenninger Thal. Das Auge hat gerade so viel, als es,<lb/> °hre sich anzustrengen, braucht, es faßt immer die Schönheit des ganzen<lb/> Thales mit Einem Blick zusammen: die sanft abfallenden, reich mit Wäldern<lb/> ^ut aus deren Dunkel malerisch vorscheinenden weißen Kalkfelsen geschmückten<lb/> ^rge hüben und drüben und in der Mitte das Obstbaumheer, das mit<lb/> dingender Gewalt den ganzen Thalgrund besetzt hält. Kaum läßt es die<lb/> schmale Straße durch, geschweige, daß es viel anderer Pflanzung Raum giebt,<lb/> ^ber die menschlichen Wohnungen hat es doch nicht ganz verdrängt, nur daß<lb/> ^!e sich auch dem malerischen Charakter des Ganzen willig einordnen und<lb/> l^es Gehöfte uns fast wie eine bäuerliche Villa, von Bäumen und Blumen<lb/> ^grünt und umblüht, erscheint. Und damit auch die eigentliche Romantik<lb/> ^ ihrem Rechte kommt, so fehlt's auch hier an Burgen und Ruinen nicht.<lb/> ^ stehen die abgebrochenen Mauern der „Salzburg" auf dem grünen Hügel<lb/> '^dem im Thal, dort deckt sich der „Räuber" mit Tannendunkel und hier<lb/> ^esse eine prächtige Baumgruppe mitten aus den Trümmern des „Wieland-<lb/> '^nes" heraus.</p><lb/> <p xml:id="ID_695" next="#ID_696"> So gehts im lieblichsten Wechsel stundenlang fort, bis das Dorf Gutten-<lb/> ^g, überragt von dem wie ein Schwalbennest am Bergrand hängenden Hof<lb/> ^bstew, den südlichen Thalschluß bildet. Aber reizender noch als dieses,<lb/> .^ü'ge sich auf schwellenden Matten, im dichtesten Obstbaumversteck, im<lb/> ^Sentlichsten äußersten Thalwinkel, der Weiler Schlattstadt. Die Welt ist<lb/> 'eder einmal mit Brettern verschlagen. Im kühlen Grunde geht ein<lb/> Mühlenrad. Kein weiterer, nur der Rückweg scheint mehr aus ihm möglich,<lb/> b tönt über uns Wagengerassel? Wo kommt das her? Die Zweige der<lb/> Ulm Bäume biegen sich auseinander und erstaunt sehen wir eine breite,<lb/> "h" gebaute Straße, eine „Steig", wie diese aus den Thälern zur Albhöhe</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0219]
Herbsttage in Schwaben.
2.
(Hohenneuffen. Urach. Eningen. Die Achalm. Lichtenstein. Reutlingen.
Der Hohenzollern. Die Schwarzwaldbäder. Hirsau.)
Von Friedrich Lamper t.
Es war gut, daß hier und da ein schwarzrother Wegzeiger stand, daß
^ir von den Kindern, die unter den Bäumen spielten oder von dem Postillon,
gerade vor dem Wirthshaus seinen Schoppen trank, die unverkennbaren
Zischlaute schwäbischen Idioms hörten, sonst hätte ich wirklich glauben
können, ich wanderte nicht zwischen gut würtembergischen Kirsch- und Aepfel-
bäumen, sondern an den Ufern des Vierwaldstättersees zwischen Gersau,
Brunnen und Beckenrieth, so wunderbare Ähnlichkeit mit diesem lieblichen
^rdenwinkel hat das Lenninger Thal. Das Auge hat gerade so viel, als es,
°hre sich anzustrengen, braucht, es faßt immer die Schönheit des ganzen
Thales mit Einem Blick zusammen: die sanft abfallenden, reich mit Wäldern
^ut aus deren Dunkel malerisch vorscheinenden weißen Kalkfelsen geschmückten
^rge hüben und drüben und in der Mitte das Obstbaumheer, das mit
dingender Gewalt den ganzen Thalgrund besetzt hält. Kaum läßt es die
schmale Straße durch, geschweige, daß es viel anderer Pflanzung Raum giebt,
^ber die menschlichen Wohnungen hat es doch nicht ganz verdrängt, nur daß
^!e sich auch dem malerischen Charakter des Ganzen willig einordnen und
l^es Gehöfte uns fast wie eine bäuerliche Villa, von Bäumen und Blumen
^grünt und umblüht, erscheint. Und damit auch die eigentliche Romantik
^ ihrem Rechte kommt, so fehlt's auch hier an Burgen und Ruinen nicht.
^ stehen die abgebrochenen Mauern der „Salzburg" auf dem grünen Hügel
'^dem im Thal, dort deckt sich der „Räuber" mit Tannendunkel und hier
^esse eine prächtige Baumgruppe mitten aus den Trümmern des „Wieland-
'^nes" heraus.
So gehts im lieblichsten Wechsel stundenlang fort, bis das Dorf Gutten-
^g, überragt von dem wie ein Schwalbennest am Bergrand hängenden Hof
^bstew, den südlichen Thalschluß bildet. Aber reizender noch als dieses,
.^ü'ge sich auf schwellenden Matten, im dichtesten Obstbaumversteck, im
^Sentlichsten äußersten Thalwinkel, der Weiler Schlattstadt. Die Welt ist
'eder einmal mit Brettern verschlagen. Im kühlen Grunde geht ein
Mühlenrad. Kein weiterer, nur der Rückweg scheint mehr aus ihm möglich,
b tönt über uns Wagengerassel? Wo kommt das her? Die Zweige der
Ulm Bäume biegen sich auseinander und erstaunt sehen wir eine breite,
"h" gebaute Straße, eine „Steig", wie diese aus den Thälern zur Albhöhe
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