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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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[Beginn Spaltensatz]
"Sie gingen ein wenig zwischen die Wagen,
Da fanden sie Gesotten und Gebraten."
"Greift munter zu ihr lieben Gäste!
Das giebt uns Konig Hans zum Besten."
[Spaltenumbruch]

"Saget dein König gute Nacht;
Er hat uns gebratene Hühner gebracht."
"Gestern waren sie noch alle im Glück,
Jetzt stecken sie hier in dem Schlick."

[Ende Spaltensatz]
"Gestern wollten sie noch hoch hinaus,
Jetzt hacken ihnen die Naben die Augen aus." --

Eine Fortsetzung des Krieges erschien nach solcher Niederlage kaum mehr
möglich. Wenn es auch der König wohl wünschte, der holsteinsche Adel und
seine übrigen Verbündeten weigerten sich, ein neues Heer aufzubringen-
Durch Hamburgs und Lübecks Vermittelung kam am 13. Mai ein Friede zu
Stande, in welchem König Johann seine Ansprüche aufgab und die Selb¬
ständigkeit der Ditmarsen anerkannte. Das Volk aber gab Gott die Ehre
und sprach mit dem Dichter:


[Beginn Spaltensatz]
"Nun ist eS geschehn durch Gottes Gunst;
Und stand es noch so schlimm mit uns,
Ein jedermann soll alls ihn selber vcrtran'n,
So darf uns vor dem Tode nimmer grau'n."

[Spaltenumbruch]
"Auch darf sich niemand seiner Stärke loben.
Wenn Gott streckt seine Hand von oben,
Und trüge er auch Königskrone,
Er wird zerrieben wie eine Bohne."
"Lobt Gott und Marien, die für euch haben
gestritten,
Daß ihr dies alles mögt in Frieden be¬
sitzen,
Und leget Gott alle Zeit bei die Ehr'.
Denn von eurer Macht geschah es nimmer¬
mehr. "
[Ende Spaltensatz]

Auch waren sie sich der Gefahr bewußt, die ihnen immerwährend noch
drohte und die fast 60 Jahre später, nach erneutem heldenmüthigen Ringen,
Ihrer Freiheit ein Ende machen sollte. Fast wie eine Vorahnung des
kommenden Unheils klingt es in folgenden Strophen:
"Wollet euch auch nicht zu sehr überheben. "Wollet euch auch nicht immer Gelinge"


[Beginn Spaltensatz]
Denn durch Mariens Fürbitte oben
Ist euch diese Victoria geschehen.
Vielleicht möchtet ihr euch noch wohl ver¬
sehen."
"Ach Gott, wie wandelbar ist unsre Zeit!
Wenn wir Friede" meinen, so haben wir
Streit.
[Spaltenumbruch]
versprechen.
Vielleicht denken jene es noch zu rach"''
Die nun sind oder die noch gehöre"
werden;
Das Rad kann sich auch einmal umkehren/
Aber wenn du nur unser Schifflein willst
leiten,
Und wir uns brüderlich lieben zu alle"
Zeiten!"
[Ende Spaltensatz]


[Beginn Spaltensatz]
„Sie gingen ein wenig zwischen die Wagen,
Da fanden sie Gesotten und Gebraten."
„Greift munter zu ihr lieben Gäste!
Das giebt uns Konig Hans zum Besten."
[Spaltenumbruch]

„Saget dein König gute Nacht;
Er hat uns gebratene Hühner gebracht."
„Gestern waren sie noch alle im Glück,
Jetzt stecken sie hier in dem Schlick."

[Ende Spaltensatz]
„Gestern wollten sie noch hoch hinaus,
Jetzt hacken ihnen die Naben die Augen aus." —

Eine Fortsetzung des Krieges erschien nach solcher Niederlage kaum mehr
möglich. Wenn es auch der König wohl wünschte, der holsteinsche Adel und
seine übrigen Verbündeten weigerten sich, ein neues Heer aufzubringen-
Durch Hamburgs und Lübecks Vermittelung kam am 13. Mai ein Friede zu
Stande, in welchem König Johann seine Ansprüche aufgab und die Selb¬
ständigkeit der Ditmarsen anerkannte. Das Volk aber gab Gott die Ehre
und sprach mit dem Dichter:


[Beginn Spaltensatz]
„Nun ist eS geschehn durch Gottes Gunst;
Und stand es noch so schlimm mit uns,
Ein jedermann soll alls ihn selber vcrtran'n,
So darf uns vor dem Tode nimmer grau'n."

[Spaltenumbruch]
„Auch darf sich niemand seiner Stärke loben.
Wenn Gott streckt seine Hand von oben,
Und trüge er auch Königskrone,
Er wird zerrieben wie eine Bohne."
„Lobt Gott und Marien, die für euch haben
gestritten,
Daß ihr dies alles mögt in Frieden be¬
sitzen,
Und leget Gott alle Zeit bei die Ehr'.
Denn von eurer Macht geschah es nimmer¬
mehr. "
[Ende Spaltensatz]

Auch waren sie sich der Gefahr bewußt, die ihnen immerwährend noch
drohte und die fast 60 Jahre später, nach erneutem heldenmüthigen Ringen,
Ihrer Freiheit ein Ende machen sollte. Fast wie eine Vorahnung des
kommenden Unheils klingt es in folgenden Strophen:
„Wollet euch auch nicht zu sehr überheben. „Wollet euch auch nicht immer Gelinge»


[Beginn Spaltensatz]
Denn durch Mariens Fürbitte oben
Ist euch diese Victoria geschehen.
Vielleicht möchtet ihr euch noch wohl ver¬
sehen."
„Ach Gott, wie wandelbar ist unsre Zeit!
Wenn wir Friede» meinen, so haben wir
Streit.
[Spaltenumbruch]
versprechen.
Vielleicht denken jene es noch zu rach"''
Die nun sind oder die noch gehöre»
werden;
Das Rad kann sich auch einmal umkehren/
Aber wenn du nur unser Schifflein willst
leiten,
Und wir uns brüderlich lieben zu alle»
Zeiten!"
[Ende Spaltensatz]


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[0218] „Sie gingen ein wenig zwischen die Wagen, Da fanden sie Gesotten und Gebraten." „Greift munter zu ihr lieben Gäste! Das giebt uns Konig Hans zum Besten." „Saget dein König gute Nacht; Er hat uns gebratene Hühner gebracht." „Gestern waren sie noch alle im Glück, Jetzt stecken sie hier in dem Schlick." „Gestern wollten sie noch hoch hinaus, Jetzt hacken ihnen die Naben die Augen aus." — Eine Fortsetzung des Krieges erschien nach solcher Niederlage kaum mehr möglich. Wenn es auch der König wohl wünschte, der holsteinsche Adel und seine übrigen Verbündeten weigerten sich, ein neues Heer aufzubringen- Durch Hamburgs und Lübecks Vermittelung kam am 13. Mai ein Friede zu Stande, in welchem König Johann seine Ansprüche aufgab und die Selb¬ ständigkeit der Ditmarsen anerkannte. Das Volk aber gab Gott die Ehre und sprach mit dem Dichter: „Nun ist eS geschehn durch Gottes Gunst; Und stand es noch so schlimm mit uns, Ein jedermann soll alls ihn selber vcrtran'n, So darf uns vor dem Tode nimmer grau'n." „Auch darf sich niemand seiner Stärke loben. Wenn Gott streckt seine Hand von oben, Und trüge er auch Königskrone, Er wird zerrieben wie eine Bohne." „Lobt Gott und Marien, die für euch haben gestritten, Daß ihr dies alles mögt in Frieden be¬ sitzen, Und leget Gott alle Zeit bei die Ehr'. Denn von eurer Macht geschah es nimmer¬ mehr. " Auch waren sie sich der Gefahr bewußt, die ihnen immerwährend noch drohte und die fast 60 Jahre später, nach erneutem heldenmüthigen Ringen, Ihrer Freiheit ein Ende machen sollte. Fast wie eine Vorahnung des kommenden Unheils klingt es in folgenden Strophen: „Wollet euch auch nicht zu sehr überheben. „Wollet euch auch nicht immer Gelinge» Denn durch Mariens Fürbitte oben Ist euch diese Victoria geschehen. Vielleicht möchtet ihr euch noch wohl ver¬ sehen." „Ach Gott, wie wandelbar ist unsre Zeit! Wenn wir Friede» meinen, so haben wir Streit. versprechen. Vielleicht denken jene es noch zu rach"'' Die nun sind oder die noch gehöre» werden; Das Rad kann sich auch einmal umkehren/ Aber wenn du nur unser Schifflein willst leiten, Und wir uns brüderlich lieben zu alle» Zeiten!"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/218>, abgerufen am 27.07.2024.