Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.Aber noch hat's mit den Trümmern gute Weile. Denn die gute Stadt Ein Mausoleum des großen deutschen Kaisergesehlechtes, wie es die Aber noch hat's mit den Trümmern gute Weile. Denn die gute Stadt Ein Mausoleum des großen deutschen Kaisergesehlechtes, wie es die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0193" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132415"/> <p xml:id="ID_626"> Aber noch hat's mit den Trümmern gute Weile. Denn die gute Stadt<lb/> sieht trotz ihres alterthümlichen Wesens noch recht solid und kräftig aus.<lb/> Nur eine ihrer schönen alten Kirchen, die Johannisktrche, war etwas hinfällig<lb/> geworden. Man restaurirte daran. Nicht immer bringen Restaurationen<lb/> etwas Gescheidtes zu Wege. Man mengt zu gern das Moderne in den alten<lb/> Stil. Aber hier soll's besser werden. Man hofft den, namentlich in der<lb/> üppig reichen Ornamentik der Außenseite merkwürdigen romanischen Bau in<lb/> möglichster Unversehrtheit zu reproduziren. Gmünd hat gewissermaßen ein<lb/> Privilegium zu Kirchenbauten. War doch Heinrich Arler, der Schöpfer des<lb/> Mailänder Domes, ein Gmündner Kind. Ob ihn wohl manchmal, wenn er<lb/> vom marmornen Dach seines Wunderwerkes hinüber zu den fernen Alpen<lb/> schaute, ein Heimweh faßte nach dem schönen stillen Thal, in dem seine<lb/> Baterstadt so sanft gebettet ruht? Hieß sie vielleicht auch Muäiuin inunäi,<lb/> weil ihre Lage so gar herzergötzend ist? Sie gehört schon dem Kernland<lb/> Schwabens an, dem schwäbischen Hügelland mit seinen weichen und sanften<lb/> Conturen, den üppigen Frucht-, Obst- und Nebenpflanzungen an Berg und<lb/> Thal. Diesem Boden entwuchsen, wie die alten Herzoge von Schwaben, die<lb/> Staufen, so auch die gegenwärtigen Fürsten von Würtemberg. Hier ist aber<lb/> auch die Wiege Keppler's und Schiller's, hier das Land, da auf wechselvoller<lb/> Oberfläche jede Individualität sich ausprägt, sei es die des Weines, des<lb/> Obstes, der Rinder oder der Menschen. — Es war classische Erde, über der<lb/> die Septembersonne aufgegangen war. Der Schnellzug hielt inLorch. Hart<lb/> »n der Eisenbahn zieht sich der Weg einen nicht hohen Berg hinan. Die<lb/> noch immer ansehnlichen Bauten eines alten Klosters stehen auf ihm: des<lb/> Benediktinerklosters Lorch, — der Hohen se aufengruft.</p><lb/> <p xml:id="ID_627" next="#ID_628"> Ein Mausoleum des großen deutschen Kaisergesehlechtes, wie es die<lb/> Habsburger bei den Kapuzinern in Wien, die Oranier in Delft, die Könige<lb/> Frankreichs in Saint-Denis, die Hohenzollern im Münster von Heilsbronn<lb/> haben, ist es nicht. Keiner von den Hohenstaufen. die die Kaiserkrone ge.<lb/> tragen haben, schläft in ihm. Wie sie ruhelos durch die Welt gezogen sind,<lb/> sie sich dienstbar zu machen, und dann da und dort das müde Haupt nieder¬<lb/> gelegt haben, so sind sie auch im Tode verstreut. Einsam, wie das ganze<lb/> hohe Geschlecht dasteht, wie heute noch der Berg, der seine Stammburg trug,<lb/> losgetrennt von den übrigen Bergen der schwäbischen Alb, daliegt, sind sie<lb/> auch begraben. Nur Einer, Philipp, ruht bei den Genossen gleichen Ranges<lb/> im Kaiserdom zu Speier. Aber ist auch keiner der alten bekannten großen<lb/> Hohenstaufennamen auf den Gräbern in Lorch zu lesen, so verdient doch die<lb/> kleine Kirche den Namen, den wir ihr gegeben. Die Stifter des Klosters,<lb/> Friedrich von Schwaben und seine Gemahlin Agnes waren die Ersten, denen<lb/> das Trauergeleite vom nahen Hohenstaufen herüber hierher gegeben Ward</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0193]
Aber noch hat's mit den Trümmern gute Weile. Denn die gute Stadt
sieht trotz ihres alterthümlichen Wesens noch recht solid und kräftig aus.
Nur eine ihrer schönen alten Kirchen, die Johannisktrche, war etwas hinfällig
geworden. Man restaurirte daran. Nicht immer bringen Restaurationen
etwas Gescheidtes zu Wege. Man mengt zu gern das Moderne in den alten
Stil. Aber hier soll's besser werden. Man hofft den, namentlich in der
üppig reichen Ornamentik der Außenseite merkwürdigen romanischen Bau in
möglichster Unversehrtheit zu reproduziren. Gmünd hat gewissermaßen ein
Privilegium zu Kirchenbauten. War doch Heinrich Arler, der Schöpfer des
Mailänder Domes, ein Gmündner Kind. Ob ihn wohl manchmal, wenn er
vom marmornen Dach seines Wunderwerkes hinüber zu den fernen Alpen
schaute, ein Heimweh faßte nach dem schönen stillen Thal, in dem seine
Baterstadt so sanft gebettet ruht? Hieß sie vielleicht auch Muäiuin inunäi,
weil ihre Lage so gar herzergötzend ist? Sie gehört schon dem Kernland
Schwabens an, dem schwäbischen Hügelland mit seinen weichen und sanften
Conturen, den üppigen Frucht-, Obst- und Nebenpflanzungen an Berg und
Thal. Diesem Boden entwuchsen, wie die alten Herzoge von Schwaben, die
Staufen, so auch die gegenwärtigen Fürsten von Würtemberg. Hier ist aber
auch die Wiege Keppler's und Schiller's, hier das Land, da auf wechselvoller
Oberfläche jede Individualität sich ausprägt, sei es die des Weines, des
Obstes, der Rinder oder der Menschen. — Es war classische Erde, über der
die Septembersonne aufgegangen war. Der Schnellzug hielt inLorch. Hart
»n der Eisenbahn zieht sich der Weg einen nicht hohen Berg hinan. Die
noch immer ansehnlichen Bauten eines alten Klosters stehen auf ihm: des
Benediktinerklosters Lorch, — der Hohen se aufengruft.
Ein Mausoleum des großen deutschen Kaisergesehlechtes, wie es die
Habsburger bei den Kapuzinern in Wien, die Oranier in Delft, die Könige
Frankreichs in Saint-Denis, die Hohenzollern im Münster von Heilsbronn
haben, ist es nicht. Keiner von den Hohenstaufen. die die Kaiserkrone ge.
tragen haben, schläft in ihm. Wie sie ruhelos durch die Welt gezogen sind,
sie sich dienstbar zu machen, und dann da und dort das müde Haupt nieder¬
gelegt haben, so sind sie auch im Tode verstreut. Einsam, wie das ganze
hohe Geschlecht dasteht, wie heute noch der Berg, der seine Stammburg trug,
losgetrennt von den übrigen Bergen der schwäbischen Alb, daliegt, sind sie
auch begraben. Nur Einer, Philipp, ruht bei den Genossen gleichen Ranges
im Kaiserdom zu Speier. Aber ist auch keiner der alten bekannten großen
Hohenstaufennamen auf den Gräbern in Lorch zu lesen, so verdient doch die
kleine Kirche den Namen, den wir ihr gegeben. Die Stifter des Klosters,
Friedrich von Schwaben und seine Gemahlin Agnes waren die Ersten, denen
das Trauergeleite vom nahen Hohenstaufen herüber hierher gegeben Ward
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