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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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jedem Lande wird in einer gegebenen Zeit eine bestimmte Anzahl von Käufer
und Ablohnungen bewerkstelligt, welche zur Erhaltung der allgemeinen Wirth¬
schaft und zur Ernährung der Bevölkerung nothwendig sind. In diesen
Transactionen ist eine gewisse Summe von Umlaufsmitteln nothwendig, als
deren Grundlage die Edelmetallmünzen und Barren dienen. Ein Theil dieser
Umlaufsmittel kann auf die Dauer durch Creditmittel (Staatspapiergeld,
Banknoten, Wechsel, Checks) oder durch organische Einrichtungen wie Com-
pensationsbörsen (z. B. die Clearing-Häuser in London, Newyork. Boston)
ersetzt werden. In geordneten Zeiten aber haben sie einen sehr ebenmäßigen
Umfang, der vom Durchschnitt nur wenig abweicht, ganz im Verhältniß wie
Käufe und Lohnauszahlungen Umlaufsmittel erfordern. Außer vorüber-
Sehenden Schwankungen, welche entweder durch ein Stocken der Geschäfte bzw.
durch eine Verminderung des Bedarfs an Circulationsmitteln, oder durch
großen Aufschwung des Unternehmungsgeistes hervorgerufen werden, ist aber
der Bedarf an Circulationsmitteln in der Regel ein sehr gleichmäßiger. Nun
ist an den Lehrsatz zu erinnern daß die Preise und Löhne sinken, wenn die
Umsatzmittel sich vermindern; daß die Preise und Löhne aber steigen, wenn
die Umsatzmittel sich vermehren.

Werden nun die Circulationsmittel eines Landes im Verhältniß zu dem
Umfang der Umsätze so bedeutend vermehrt, daß eine Preissteigerung erfolgt,
welche so erheblich ist. daß sie den Wechselkurs bis auf den Grad afficirt, daß
Netallsendungen sich verlohnen, -- dann wird einerseits ein Theil der im
Auslande fälligen Zahlungen in Gold statt in Wechseln gemacht, andrerseits
'se der Reiz vorhanden, die billigere Waare des Auslandes in größerer Quan¬
tität als vorher zu kaufen. Die Folge dieses doppelt wirkenden Anstoßes ist
daß gerade so viel Geld ins Ausland abströmt, als über das Bedürfniß
d^ Umsätze hinaus in Circulation gesetzt worden war.

Besteht in einem Lande die einfache Währung, d. h. dürfen zu größeren
Zahlungen gesetzlich nur Gold- oder Silbermünzen verwendet werden, so wird
steh die Sache ohne Schwierigkeit ausgleichen, weil das überflüssige Metallgeld
^e das Wasser aus einem überfüllten Reservoir ablaufen wird. Besteht aber
Theil der Umlaussmittel aus Staatspapiergeld oder Banknoten und werden
^ letzteren über das Maaß des Bedürfnisses vermehrt, dann strömt Edelmetall
aus dem Lande, weil Papier im Auslande nicht giltig ist. Dauert die Ver¬
ehrung der papiernen Circulationsmittel fort, so wandern zuerst sämmtliche
Kute Münzen der herrschenden Währung, dann die Theilmünze und endlich
s°gar die Scheidemünze fort. Besteht in einem Lande die Doppelwährung,
^ h- dürfen alle Zahlungen bis zu beliebiger Höhe in beiden Metallen ge.
'Uacht werden, so wandert in einem solchen Falle dasjenige Metall aus.
welches gerade auf dem Weltmarkt höher im Curs steht, weil natürlich im


jedem Lande wird in einer gegebenen Zeit eine bestimmte Anzahl von Käufer
und Ablohnungen bewerkstelligt, welche zur Erhaltung der allgemeinen Wirth¬
schaft und zur Ernährung der Bevölkerung nothwendig sind. In diesen
Transactionen ist eine gewisse Summe von Umlaufsmitteln nothwendig, als
deren Grundlage die Edelmetallmünzen und Barren dienen. Ein Theil dieser
Umlaufsmittel kann auf die Dauer durch Creditmittel (Staatspapiergeld,
Banknoten, Wechsel, Checks) oder durch organische Einrichtungen wie Com-
pensationsbörsen (z. B. die Clearing-Häuser in London, Newyork. Boston)
ersetzt werden. In geordneten Zeiten aber haben sie einen sehr ebenmäßigen
Umfang, der vom Durchschnitt nur wenig abweicht, ganz im Verhältniß wie
Käufe und Lohnauszahlungen Umlaufsmittel erfordern. Außer vorüber-
Sehenden Schwankungen, welche entweder durch ein Stocken der Geschäfte bzw.
durch eine Verminderung des Bedarfs an Circulationsmitteln, oder durch
großen Aufschwung des Unternehmungsgeistes hervorgerufen werden, ist aber
der Bedarf an Circulationsmitteln in der Regel ein sehr gleichmäßiger. Nun
ist an den Lehrsatz zu erinnern daß die Preise und Löhne sinken, wenn die
Umsatzmittel sich vermindern; daß die Preise und Löhne aber steigen, wenn
die Umsatzmittel sich vermehren.

Werden nun die Circulationsmittel eines Landes im Verhältniß zu dem
Umfang der Umsätze so bedeutend vermehrt, daß eine Preissteigerung erfolgt,
welche so erheblich ist. daß sie den Wechselkurs bis auf den Grad afficirt, daß
Netallsendungen sich verlohnen, — dann wird einerseits ein Theil der im
Auslande fälligen Zahlungen in Gold statt in Wechseln gemacht, andrerseits
'se der Reiz vorhanden, die billigere Waare des Auslandes in größerer Quan¬
tität als vorher zu kaufen. Die Folge dieses doppelt wirkenden Anstoßes ist
daß gerade so viel Geld ins Ausland abströmt, als über das Bedürfniß
d^ Umsätze hinaus in Circulation gesetzt worden war.

Besteht in einem Lande die einfache Währung, d. h. dürfen zu größeren
Zahlungen gesetzlich nur Gold- oder Silbermünzen verwendet werden, so wird
steh die Sache ohne Schwierigkeit ausgleichen, weil das überflüssige Metallgeld
^e das Wasser aus einem überfüllten Reservoir ablaufen wird. Besteht aber
Theil der Umlaussmittel aus Staatspapiergeld oder Banknoten und werden
^ letzteren über das Maaß des Bedürfnisses vermehrt, dann strömt Edelmetall
aus dem Lande, weil Papier im Auslande nicht giltig ist. Dauert die Ver¬
ehrung der papiernen Circulationsmittel fort, so wandern zuerst sämmtliche
Kute Münzen der herrschenden Währung, dann die Theilmünze und endlich
s°gar die Scheidemünze fort. Besteht in einem Lande die Doppelwährung,
^ h- dürfen alle Zahlungen bis zu beliebiger Höhe in beiden Metallen ge.
'Uacht werden, so wandert in einem solchen Falle dasjenige Metall aus.
welches gerade auf dem Weltmarkt höher im Curs steht, weil natürlich im


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[0147] jedem Lande wird in einer gegebenen Zeit eine bestimmte Anzahl von Käufer und Ablohnungen bewerkstelligt, welche zur Erhaltung der allgemeinen Wirth¬ schaft und zur Ernährung der Bevölkerung nothwendig sind. In diesen Transactionen ist eine gewisse Summe von Umlaufsmitteln nothwendig, als deren Grundlage die Edelmetallmünzen und Barren dienen. Ein Theil dieser Umlaufsmittel kann auf die Dauer durch Creditmittel (Staatspapiergeld, Banknoten, Wechsel, Checks) oder durch organische Einrichtungen wie Com- pensationsbörsen (z. B. die Clearing-Häuser in London, Newyork. Boston) ersetzt werden. In geordneten Zeiten aber haben sie einen sehr ebenmäßigen Umfang, der vom Durchschnitt nur wenig abweicht, ganz im Verhältniß wie Käufe und Lohnauszahlungen Umlaufsmittel erfordern. Außer vorüber- Sehenden Schwankungen, welche entweder durch ein Stocken der Geschäfte bzw. durch eine Verminderung des Bedarfs an Circulationsmitteln, oder durch großen Aufschwung des Unternehmungsgeistes hervorgerufen werden, ist aber der Bedarf an Circulationsmitteln in der Regel ein sehr gleichmäßiger. Nun ist an den Lehrsatz zu erinnern daß die Preise und Löhne sinken, wenn die Umsatzmittel sich vermindern; daß die Preise und Löhne aber steigen, wenn die Umsatzmittel sich vermehren. Werden nun die Circulationsmittel eines Landes im Verhältniß zu dem Umfang der Umsätze so bedeutend vermehrt, daß eine Preissteigerung erfolgt, welche so erheblich ist. daß sie den Wechselkurs bis auf den Grad afficirt, daß Netallsendungen sich verlohnen, — dann wird einerseits ein Theil der im Auslande fälligen Zahlungen in Gold statt in Wechseln gemacht, andrerseits 'se der Reiz vorhanden, die billigere Waare des Auslandes in größerer Quan¬ tität als vorher zu kaufen. Die Folge dieses doppelt wirkenden Anstoßes ist daß gerade so viel Geld ins Ausland abströmt, als über das Bedürfniß d^ Umsätze hinaus in Circulation gesetzt worden war. Besteht in einem Lande die einfache Währung, d. h. dürfen zu größeren Zahlungen gesetzlich nur Gold- oder Silbermünzen verwendet werden, so wird steh die Sache ohne Schwierigkeit ausgleichen, weil das überflüssige Metallgeld ^e das Wasser aus einem überfüllten Reservoir ablaufen wird. Besteht aber Theil der Umlaussmittel aus Staatspapiergeld oder Banknoten und werden ^ letzteren über das Maaß des Bedürfnisses vermehrt, dann strömt Edelmetall aus dem Lande, weil Papier im Auslande nicht giltig ist. Dauert die Ver¬ ehrung der papiernen Circulationsmittel fort, so wandern zuerst sämmtliche Kute Münzen der herrschenden Währung, dann die Theilmünze und endlich s°gar die Scheidemünze fort. Besteht in einem Lande die Doppelwährung, ^ h- dürfen alle Zahlungen bis zu beliebiger Höhe in beiden Metallen ge. 'Uacht werden, so wandert in einem solchen Falle dasjenige Metall aus. welches gerade auf dem Weltmarkt höher im Curs steht, weil natürlich im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/147>, abgerufen am 27.07.2024.