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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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entwerthung beleuchten, so weit dieselbe eine momentane ist, bzw. die Preise
w Deutschland seit einiger Zeit gesteigert hat. Denn was die bleibende
Geldentwerthung betrifft, welche Statistiker und Volkswirthe. Kaufleute und
Finanzminister im Munde zu führen Pflegen, die seit der Entdeckung der
Goldlager in Californien und Australien Platz gegriffen haben soll, und über
welche Poake und Newmarch einerseits und Levasseur andrerseits statistische
Untersuchungen angestellt haben, die zu einander widersprechenden Resultaten
langten, -- so ist dieselbe zwar möglich, aber noch nicht erwiesen. Um den
wissenschaftlichen Beweis dafür zu erstellen und, wenn dieser gelingt, das Maaß
Entwerthung und ihres Einflusses auf die allgemeine Steigerung der Preise
Zusetzen, müßten nachher die Preise der Haupt-Artikel und Löhne aller
Zander Europas über ein Jahrhundert zurück zusammengestellt und verglichen
werden. Dies ist aber bis jetzt noch nicht geschehen, obgleich bei der Orga¬
nisation der Wiener Weltausstellung ein Anlauf dazu gemacht worden, und
Commission niedergesetzt ist, um die gewonnenen Materialien zu ver¬
leiten.

Die außerordentliche Goldausfuhr aus Deutschland, welche im Monat
^ptember ihre-n Höhepunkt erreicht hat, wird von Fachorganen in den ersten
^ Monaten dieses Jahres auf gegen 300 Millionen Mark geschätzt, welche
^vßtentheils nach Frankreich abgezogen sind, da dessen Einfuhr an Edel¬
metall in derselben Zeit die Ausfuhr um 593,835 Fr. überstiegen, wovon der
^oßte Theil in Gold bestanden hat. Dagegen hat Deutschland kaum für
Millionen Mark Gold in diesem Jahre aus England importirt. Die ge-
^nunc Goldausfuhr aus Deutschland wird in Berlin auf eine halbe Milliarde
^rk oder ungefähr die Hälfte der bis zum 19. September geprägten neuen
"^münzen angenommen.

^ Diese Bewegung ist so außerordentlich, daß sie geradezu die Einführung
. Neuen Münzgesetzes gefährdet, d. h. wenigstens die Reichsregierung zwingt,
1 von vorn anzufangen; da anzunehmen ist. daß die exportirten Goldmünzen
^ wieder eingeschmolzen werden. Zugleich zwingt sie, alle Mittel zu tr¬
afen, welche geeignet sind sie aufzuhalten. Das zunächst liegende war die
'scontoerhöhung; allein diese kann dem Uebel auch nicht radical steuern,
man nicht den Einsatz so hoch schrauben wollte, daß das Heilmittel
^"Miner als das Uebel würde. Wie jene starke Goldausfuhr möglich ist.
gleich das Münz-Gesetz den Fall vorhergesehen zu haben schien, indem die
s.^ig-Mark-Stück um ungefähr 23 Centimes geringerhaltig ausgeprägt
als 25 Francs Gold, erscheint fast räthselhaft. In Berlin schreibt man
^ bor, vielen Seiten, unter denen auch tüchtige Volkswirthe wie Julius
^cher. der ungünstigen Handelsbilanz zu, indem die Einfuhr sich stark ver-
^ und die Ausfuhr sich vermindert habe. Diese Vermuthung erweist sich


entwerthung beleuchten, so weit dieselbe eine momentane ist, bzw. die Preise
w Deutschland seit einiger Zeit gesteigert hat. Denn was die bleibende
Geldentwerthung betrifft, welche Statistiker und Volkswirthe. Kaufleute und
Finanzminister im Munde zu führen Pflegen, die seit der Entdeckung der
Goldlager in Californien und Australien Platz gegriffen haben soll, und über
welche Poake und Newmarch einerseits und Levasseur andrerseits statistische
Untersuchungen angestellt haben, die zu einander widersprechenden Resultaten
langten, — so ist dieselbe zwar möglich, aber noch nicht erwiesen. Um den
wissenschaftlichen Beweis dafür zu erstellen und, wenn dieser gelingt, das Maaß
Entwerthung und ihres Einflusses auf die allgemeine Steigerung der Preise
Zusetzen, müßten nachher die Preise der Haupt-Artikel und Löhne aller
Zander Europas über ein Jahrhundert zurück zusammengestellt und verglichen
werden. Dies ist aber bis jetzt noch nicht geschehen, obgleich bei der Orga¬
nisation der Wiener Weltausstellung ein Anlauf dazu gemacht worden, und
Commission niedergesetzt ist, um die gewonnenen Materialien zu ver¬
leiten.

Die außerordentliche Goldausfuhr aus Deutschland, welche im Monat
^ptember ihre-n Höhepunkt erreicht hat, wird von Fachorganen in den ersten
^ Monaten dieses Jahres auf gegen 300 Millionen Mark geschätzt, welche
^vßtentheils nach Frankreich abgezogen sind, da dessen Einfuhr an Edel¬
metall in derselben Zeit die Ausfuhr um 593,835 Fr. überstiegen, wovon der
^oßte Theil in Gold bestanden hat. Dagegen hat Deutschland kaum für
Millionen Mark Gold in diesem Jahre aus England importirt. Die ge-
^nunc Goldausfuhr aus Deutschland wird in Berlin auf eine halbe Milliarde
^rk oder ungefähr die Hälfte der bis zum 19. September geprägten neuen
"^münzen angenommen.

^ Diese Bewegung ist so außerordentlich, daß sie geradezu die Einführung
. Neuen Münzgesetzes gefährdet, d. h. wenigstens die Reichsregierung zwingt,
1 von vorn anzufangen; da anzunehmen ist. daß die exportirten Goldmünzen
^ wieder eingeschmolzen werden. Zugleich zwingt sie, alle Mittel zu tr¬
afen, welche geeignet sind sie aufzuhalten. Das zunächst liegende war die
'scontoerhöhung; allein diese kann dem Uebel auch nicht radical steuern,
man nicht den Einsatz so hoch schrauben wollte, daß das Heilmittel
^"Miner als das Uebel würde. Wie jene starke Goldausfuhr möglich ist.
gleich das Münz-Gesetz den Fall vorhergesehen zu haben schien, indem die
s.^ig-Mark-Stück um ungefähr 23 Centimes geringerhaltig ausgeprägt
als 25 Francs Gold, erscheint fast räthselhaft. In Berlin schreibt man
^ bor, vielen Seiten, unter denen auch tüchtige Volkswirthe wie Julius
^cher. der ungünstigen Handelsbilanz zu, indem die Einfuhr sich stark ver-
^ und die Ausfuhr sich vermindert habe. Diese Vermuthung erweist sich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/145>, abgerufen am 27.07.2024.