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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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denn auch die Spanier in den letzten schweren Tagen durch eine brave Hin¬
gebung, welche die früher erfahrenen Widerwärtigkeiten in seinem Geiste zurück¬
drängte: die Bevölkerung von Coruna that ihr Aeußerstes, um die glückliche
Einschiffung zu ermöglichen, obwohl sie wußte, daß sie dafür schwer werde
büßen müssen".

Das ,Mmbui-g'K ^nnual liöMter" (1808 x. 4S8) enthält folgenden
kurzen, hier getreu übersetzten Bericht über die Bestattung Moore's:

"Sir John Moore hatte oft gesagt, er wünsche, wenn er in der Schlacht
fallen sollte, da begraben zu werden, wo er fiele. Der Leichnam wurde um
Mitternacht nach der Citadelle von Coruna') gebracht. Dort auf dem Walle
wurde für ihn von einer Abtheilung des 9. Regiments ein Grab gegraben!
wechselweise hatten die Adjutanten dabei den Dienst. Kein Sarg konnte be¬
schafft werden; die Officiere seines Stabes hüllten den Körper, bekleidet wie
er war, in einen Militärmantel und in Decken. Die Beerdigung wurde eilig
vollzogen; dann gegen 8 Uhr Morgens vernahm man einiges Feuern, und
die Officiere fürchteten, daß sie im Fall eines ernsthaften Angriffs abcom-
mandirt würden und ihnen dann nicht gestattet wäre, ihm die letzte Pflicht zu
erweisen. Die Officiere seines Stabes trugen ihn zu Grabe; der Leichensermon
wurde von dem Capellan gelesen; und dann wurde der Körper mit Erde
bedeckt."

Dieser kurze perspeetivenreiche Bericht über die so einfache und doch so
wunderbar-feierliche Beisetzung der Leiche eines tapfern und allgemein verehrten
Generals war wohl geeignet, einen zündenden Funken in die Brust eines
echten Dichters zu werfen. Charles Wolfe bemächtigte sich dieses Stoffes
und schuf Lurial ot gir ^olu Nooro".

Das Gedicht erschien zuerst nur mit den Initialen von Wolfe's Namen
in dem irischen "Nciwr/ löleAraM", wo es ohne Wissen des Dichters einer
seiner Bekannten hatte abdrucken lassen. Dann nahm es rasch seinen Weg
nach London, Dublin und Edinburgh in zahlreichen, aber mannichfach ver-



Die Ciudad, (d. i. in Spanien eine Stadt ersten Ranges) La Coruna mit jetzt circa
28,"0" Einwohnern ist die stark befestigte Hauptstadt der gleichnamigen Provinz Spaniens an
der Nord-West-Küste des Königreichs Galicien. Sie liegt sehr schön am östlichen Ufer der
Ria oder Bai gleichen Namens und besteht aus der obern oder alten und aus der untern oder
neuen Stadt. Die neue Stadt, auch Pcscaderia genannt, befindet sich auf dem Isthmus der schmalen
Landzunge, welche die geräumige und gegen alle Sturme gesicherte, von malerischen Granit-
felsen umschlossene Hafenbai von der Enscmada de Orsan trennt. Die Altstadt liegt auf einer
Anhöhe im östlichen Theile der Landzunge, ist mit Mauern umgeben und von der Citadelle ge¬
schützt. Hier also werden wir das Grab Moore's im Geiste zu suchen haben. -- Der Hafen,
in dem 1809 die englische Flotte und 1ö88 die "unüberwindliche Flotte" Philipp's II. lag. ist
halbmondförmig und wird durch vier Forts und durch das vor dem Eingange auf einer kleinen
Felseninsel gelegene Castell Se. Antonio allseitig gedeckt. Als Leuchtthurm dient der angeblich
von den Römern erbaute Herculesthurm, der am nördlichen Ufer der Landszunge auf einem
Felsen steht.

denn auch die Spanier in den letzten schweren Tagen durch eine brave Hin¬
gebung, welche die früher erfahrenen Widerwärtigkeiten in seinem Geiste zurück¬
drängte: die Bevölkerung von Coruna that ihr Aeußerstes, um die glückliche
Einschiffung zu ermöglichen, obwohl sie wußte, daß sie dafür schwer werde
büßen müssen".

Das ,Mmbui-g'K ^nnual liöMter" (1808 x. 4S8) enthält folgenden
kurzen, hier getreu übersetzten Bericht über die Bestattung Moore's:

„Sir John Moore hatte oft gesagt, er wünsche, wenn er in der Schlacht
fallen sollte, da begraben zu werden, wo er fiele. Der Leichnam wurde um
Mitternacht nach der Citadelle von Coruna') gebracht. Dort auf dem Walle
wurde für ihn von einer Abtheilung des 9. Regiments ein Grab gegraben!
wechselweise hatten die Adjutanten dabei den Dienst. Kein Sarg konnte be¬
schafft werden; die Officiere seines Stabes hüllten den Körper, bekleidet wie
er war, in einen Militärmantel und in Decken. Die Beerdigung wurde eilig
vollzogen; dann gegen 8 Uhr Morgens vernahm man einiges Feuern, und
die Officiere fürchteten, daß sie im Fall eines ernsthaften Angriffs abcom-
mandirt würden und ihnen dann nicht gestattet wäre, ihm die letzte Pflicht zu
erweisen. Die Officiere seines Stabes trugen ihn zu Grabe; der Leichensermon
wurde von dem Capellan gelesen; und dann wurde der Körper mit Erde
bedeckt."

Dieser kurze perspeetivenreiche Bericht über die so einfache und doch so
wunderbar-feierliche Beisetzung der Leiche eines tapfern und allgemein verehrten
Generals war wohl geeignet, einen zündenden Funken in die Brust eines
echten Dichters zu werfen. Charles Wolfe bemächtigte sich dieses Stoffes
und schuf Lurial ot gir ^olu Nooro".

Das Gedicht erschien zuerst nur mit den Initialen von Wolfe's Namen
in dem irischen «Nciwr/ löleAraM", wo es ohne Wissen des Dichters einer
seiner Bekannten hatte abdrucken lassen. Dann nahm es rasch seinen Weg
nach London, Dublin und Edinburgh in zahlreichen, aber mannichfach ver-



Die Ciudad, (d. i. in Spanien eine Stadt ersten Ranges) La Coruna mit jetzt circa
28,»0» Einwohnern ist die stark befestigte Hauptstadt der gleichnamigen Provinz Spaniens an
der Nord-West-Küste des Königreichs Galicien. Sie liegt sehr schön am östlichen Ufer der
Ria oder Bai gleichen Namens und besteht aus der obern oder alten und aus der untern oder
neuen Stadt. Die neue Stadt, auch Pcscaderia genannt, befindet sich auf dem Isthmus der schmalen
Landzunge, welche die geräumige und gegen alle Sturme gesicherte, von malerischen Granit-
felsen umschlossene Hafenbai von der Enscmada de Orsan trennt. Die Altstadt liegt auf einer
Anhöhe im östlichen Theile der Landzunge, ist mit Mauern umgeben und von der Citadelle ge¬
schützt. Hier also werden wir das Grab Moore's im Geiste zu suchen haben. — Der Hafen,
in dem 1809 die englische Flotte und 1ö88 die „unüberwindliche Flotte" Philipp's II. lag. ist
halbmondförmig und wird durch vier Forts und durch das vor dem Eingange auf einer kleinen
Felseninsel gelegene Castell Se. Antonio allseitig gedeckt. Als Leuchtthurm dient der angeblich
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Felsen steht.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/138>, abgerufen am 27.07.2024.