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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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der Gang nicht gestört und ich muH noch herausbringen, in welcher Zeit und
Ordnung ich mich um mich selbst bewege.'^

März 29. Ging der Herzog mit den Prinzen und andern nach
Querfurth. Urus hat ich den aufräumenden und ordnenden Tag. >") Viel
Briefe weggeschrieben und alles ausgeputzt. Abends Probe der Kalltste.
O Kalliste, O, Kalliste!

März 30. hat ich den erfindenden Tag. Anfangs trüblich, ich lenkte
mich zu Geschäften, bald wards lebendiger. Brief an Kalb. Zu Mittag
Juans Tiefurt zu Fuß, gute Erfindung, Tassoj"*), Herders, Stein. Werthern,
Knebel gut, mit beiden Männern lief ich um 4 herein. sAbends wenige
Momente sinkender Kraft. Darauf acht zu geben, woher, j

März 31. Die Dämmerung des Schlafs gleich mit frischer Luft und
Wasser weggescheucht. Sehnte sich schon die Seele nach Ruhe und ich wär
gern herum geschlichen. Rassle mich und diktirte an der Schweizerreise^*).
Antwort von Kalb angesagt. 1) ^Conseil. Momentane Bewegung widerstanden
und überwunden. Es scheint das Glück mich zu begünstigen, daß ich in
wenig Tagen viel garstige mitgeschleppte Verhältnisse abschütteln soll. 5ita"
eoroog-tur, nisi <Mi eertÄverit ante. Sauer ließ ich mirs denn doch werden-!

April 1. sSeit drey Tagen keinen Wein. Sich nur vorm Englischen
Bier in acht zu nehmen. Wenn ich den Wein abschaffen könnte, wär ich sehr
glücklich.Nach Tische Thorheit. Kam Korona zu mir und Mine. Las
ich ihnen die Schweizer Reise. Kam der Herzog Abends und Sta wir alle
nicht mehr verliebt sind und die Lava oberflächlich verkühle ist, gings recht
munter und artig, nur in die Rizzen darf man noch nicht visitiren, da brennts
noch^M')

April 2. Früh gleich wieder munter und geschäftig, um 10 Uhr mit
Kalb 2 Stunden lange Erörterung, er ist sehr herunter. Mir schwindelte
vor dem Gipfel des Glücks, auf dem ich gegen so einen Menschen stehe.
Manchmal möcht ich wie Polykrates mein höchstes Kleinod ins Wasser werfen.
Es glückt mir alles was ich nur angreife. Aber auch anzugreifen sey nicht
lässig. Zur Herzogin. Schweizer Reise gelesen. Wieland sieht ganz un¬
glaublich alles was man machen will, macht und was hangt und langt in
einer Schrift. Bis 10.

April 3. Von 6 Uhr bis halb 12 Diderots ^(mes 1e ^ataliLte in
der Folge durchgelesen, mich wie der Bel zu Babel an einem so ungeheueren
Male ergötzt und Gott gedankt, daß ich so eine Portion mit dem größten








Riemer it. 116.
Riemer II. 116--117.
*) Riemer II. 116.
5) Nun wird erst die Stelle, welche Riemer unvollständig gegeben, verständlich,
-i-f) Riemer II. 117.
Riemer II. 117 in d. Anmerk., aber unter Weglassung der bezüglichen Persönlichkeiten

der Gang nicht gestört und ich muH noch herausbringen, in welcher Zeit und
Ordnung ich mich um mich selbst bewege.'^

März 29. Ging der Herzog mit den Prinzen und andern nach
Querfurth. Urus hat ich den aufräumenden und ordnenden Tag. >") Viel
Briefe weggeschrieben und alles ausgeputzt. Abends Probe der Kalltste.
O Kalliste, O, Kalliste!

März 30. hat ich den erfindenden Tag. Anfangs trüblich, ich lenkte
mich zu Geschäften, bald wards lebendiger. Brief an Kalb. Zu Mittag
Juans Tiefurt zu Fuß, gute Erfindung, Tassoj"*), Herders, Stein. Werthern,
Knebel gut, mit beiden Männern lief ich um 4 herein. sAbends wenige
Momente sinkender Kraft. Darauf acht zu geben, woher, j

März 31. Die Dämmerung des Schlafs gleich mit frischer Luft und
Wasser weggescheucht. Sehnte sich schon die Seele nach Ruhe und ich wär
gern herum geschlichen. Rassle mich und diktirte an der Schweizerreise^*).
Antwort von Kalb angesagt. 1) ^Conseil. Momentane Bewegung widerstanden
und überwunden. Es scheint das Glück mich zu begünstigen, daß ich in
wenig Tagen viel garstige mitgeschleppte Verhältnisse abschütteln soll. 5ita»
eoroog-tur, nisi <Mi eertÄverit ante. Sauer ließ ich mirs denn doch werden-!

April 1. sSeit drey Tagen keinen Wein. Sich nur vorm Englischen
Bier in acht zu nehmen. Wenn ich den Wein abschaffen könnte, wär ich sehr
glücklich.Nach Tische Thorheit. Kam Korona zu mir und Mine. Las
ich ihnen die Schweizer Reise. Kam der Herzog Abends und Sta wir alle
nicht mehr verliebt sind und die Lava oberflächlich verkühle ist, gings recht
munter und artig, nur in die Rizzen darf man noch nicht visitiren, da brennts
noch^M')

April 2. Früh gleich wieder munter und geschäftig, um 10 Uhr mit
Kalb 2 Stunden lange Erörterung, er ist sehr herunter. Mir schwindelte
vor dem Gipfel des Glücks, auf dem ich gegen so einen Menschen stehe.
Manchmal möcht ich wie Polykrates mein höchstes Kleinod ins Wasser werfen.
Es glückt mir alles was ich nur angreife. Aber auch anzugreifen sey nicht
lässig. Zur Herzogin. Schweizer Reise gelesen. Wieland sieht ganz un¬
glaublich alles was man machen will, macht und was hangt und langt in
einer Schrift. Bis 10.

April 3. Von 6 Uhr bis halb 12 Diderots ^(mes 1e ^ataliLte in
der Folge durchgelesen, mich wie der Bel zu Babel an einem so ungeheueren
Male ergötzt und Gott gedankt, daß ich so eine Portion mit dem größten








Riemer it. 116.
Riemer II. 116—117.
*) Riemer II. 116.
5) Nun wird erst die Stelle, welche Riemer unvollständig gegeben, verständlich,
-i-f) Riemer II. 117.
Riemer II. 117 in d. Anmerk., aber unter Weglassung der bezüglichen Persönlichkeiten
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/128>, abgerufen am 29.12.2024.