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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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erschienen zweckdienlich; und so sollte man glauben, daß hiermit endlich die
Sache abgethan war. Aber nein! Oeffentlich in den Zeitungen und unter
der Hand ward jetzt bald diese, bald jene Abänderung der Uniform in Vor¬
schlag gebracht. Der Eine wollte sür den Waffenrock den Militärschnitt, der
Andere den Civilschnitt, "denn der Ctvilschnitt", sagte ein Zeitungsartikel.
..ist weit eleganter und hat noch den Vortheil, daß die theure Uniform spater,
nach beendigter Dienstzeit, noch in einen hübschen Leibrock kann umgearbeitet
werden." Inzwischen kaufte der Eine das Tuch zu seiner Uniform von
Diesem, der Andere von Jenem und scheerte sich nicht im Mindesten darum,
°b es die vorgeschriebene Farbe hatte oder nicht. Andere schrieen Zeter über
das Modell des Bürgergardistenkäppis. "Wir hatten Gelegenheit, heute ein
bereits fertiges Käppi zu sehen und waren nicht wenig erstaunt, solches mit
dem Vogel Greif geziert zu finden, welchen wir nur gewohnt sind, bei un¬
seren Polizeiwachtmännern und Spritzenleuten wahrzunehmen. Ist es der
Wille des Plenums, diese Auszeichnung an den Käppis zu tragen?" Dazu
war schon ein Unglück der neuen Jnterimsmütze begegnet, die bis zur An¬
fertigung des Käppis das letztere vertreten sollte. Zwei verschiedene Gewerke
nämlich, die Mützenmacher und die Hutmacher, hatten sich die betreffende
Competenz streitig gemacht. -- und jeder auf seine Hand nach seiner Form
gearbeitet; so lief nun ein Theil der Bürgergardisten mit der einen Form,
der andere mit der andern Mützenform umher. Und dann heißt es weiter
w einem Schmerzensrufe der Zeitung: -- "inzwischen haben nicht wenige
Bürgergardisten auch ihre Käppis, der eine bei Diesem, der andere bei Jenem
bestellt, ohne Gewißheit darüber, ob und in wie weit die Arbeiten der ver-
schiedenen Lieferanten wirklich modellmäßig seien."

Es erhob daher ein eifriger Verehrer der Bürgergarde in der Zeitung
com Mahnruf; er forderte die Gardisten auf, diesen Uebelständen abzuhelfen
und die Uniform nur so anfertigen zu lassen, wie es bereits durch die
Commission für die Organisirung der Bürgergarde angeordnet worden. Er
schloß sein Mahnschreiben mit den Worten: "Halten wir fest zusammen, so
Müssen sich jene Leute, welche, um Staat zu machen. Bürgergardisten wurden,
schon fügen."

Auf diesen Mahnruf erfolgte in den öffentlichen Blättern die höchst
ergötzlich und anschaulich gefaßte Antwort: "Durch Ihr Schreiben, fürchte
'es. haben Sie der größeren Zahl der Bürgergardisten und dem Publicum
e^ großes Vergnügen gestört. Welch' ungeheure Heiterkeit würde es nicht
verursacht haben, wenn wir hier einen besammteten Lieutenant, dort einen
Unteroffizier mit einer Goldtresseneinfassung am Kragen, hier einen Lieutenant
We Goldstickerei, dort einen Unteroffizier mit lackirten Lederzeug, hier einen
Lieutenant mit Sammet und doppelter Goldtresseneinfassung an Kragen,


erschienen zweckdienlich; und so sollte man glauben, daß hiermit endlich die
Sache abgethan war. Aber nein! Oeffentlich in den Zeitungen und unter
der Hand ward jetzt bald diese, bald jene Abänderung der Uniform in Vor¬
schlag gebracht. Der Eine wollte sür den Waffenrock den Militärschnitt, der
Andere den Civilschnitt, „denn der Ctvilschnitt", sagte ein Zeitungsartikel.
..ist weit eleganter und hat noch den Vortheil, daß die theure Uniform spater,
nach beendigter Dienstzeit, noch in einen hübschen Leibrock kann umgearbeitet
werden." Inzwischen kaufte der Eine das Tuch zu seiner Uniform von
Diesem, der Andere von Jenem und scheerte sich nicht im Mindesten darum,
°b es die vorgeschriebene Farbe hatte oder nicht. Andere schrieen Zeter über
das Modell des Bürgergardistenkäppis. „Wir hatten Gelegenheit, heute ein
bereits fertiges Käppi zu sehen und waren nicht wenig erstaunt, solches mit
dem Vogel Greif geziert zu finden, welchen wir nur gewohnt sind, bei un¬
seren Polizeiwachtmännern und Spritzenleuten wahrzunehmen. Ist es der
Wille des Plenums, diese Auszeichnung an den Käppis zu tragen?" Dazu
war schon ein Unglück der neuen Jnterimsmütze begegnet, die bis zur An¬
fertigung des Käppis das letztere vertreten sollte. Zwei verschiedene Gewerke
nämlich, die Mützenmacher und die Hutmacher, hatten sich die betreffende
Competenz streitig gemacht. — und jeder auf seine Hand nach seiner Form
gearbeitet; so lief nun ein Theil der Bürgergardisten mit der einen Form,
der andere mit der andern Mützenform umher. Und dann heißt es weiter
w einem Schmerzensrufe der Zeitung: — „inzwischen haben nicht wenige
Bürgergardisten auch ihre Käppis, der eine bei Diesem, der andere bei Jenem
bestellt, ohne Gewißheit darüber, ob und in wie weit die Arbeiten der ver-
schiedenen Lieferanten wirklich modellmäßig seien."

Es erhob daher ein eifriger Verehrer der Bürgergarde in der Zeitung
com Mahnruf; er forderte die Gardisten auf, diesen Uebelständen abzuhelfen
und die Uniform nur so anfertigen zu lassen, wie es bereits durch die
Commission für die Organisirung der Bürgergarde angeordnet worden. Er
schloß sein Mahnschreiben mit den Worten: „Halten wir fest zusammen, so
Müssen sich jene Leute, welche, um Staat zu machen. Bürgergardisten wurden,
schon fügen."

Auf diesen Mahnruf erfolgte in den öffentlichen Blättern die höchst
ergötzlich und anschaulich gefaßte Antwort: „Durch Ihr Schreiben, fürchte
'es. haben Sie der größeren Zahl der Bürgergardisten und dem Publicum
e^ großes Vergnügen gestört. Welch' ungeheure Heiterkeit würde es nicht
verursacht haben, wenn wir hier einen besammteten Lieutenant, dort einen
Unteroffizier mit einer Goldtresseneinfassung am Kragen, hier einen Lieutenant
We Goldstickerei, dort einen Unteroffizier mit lackirten Lederzeug, hier einen
Lieutenant mit Sammet und doppelter Goldtresseneinfassung an Kragen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/119>, abgerufen am 27.07.2024.