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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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trägst^e lebte, an den deutschen Höfen nur als wälsche Oper", vertreten war,
redlich zur Rettung unserer Sprache und Poesie beitrug, und so an ihrem
Theile den Boden mit bestellen half, aus dem in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts die deutsche Litteratur wieder zu neuer, reicher Blüthe
erwuchs.


G. Wustmann.


Me Aordpotfahrt der Hermania unter Kapitän Koldewey
1869 -- 70.5)
4) Die Entdeckung des Franz Josephs.Fjords und die Heimkehr.

Am 1. August Morgens wurde die treue Ankerstätte eines Jahres von
der Germania zum letzten Male verlassen und, unter mancherlei Fährnissen
durch Eis. zwischen Kap Wynn. der Flachen Bai, an der Gaet-Hamkes-Bai
vorüber nach der Jackson-Insel gesteuert, wo man Nachm. 4 Uhr anlangte
und vor Anker ging, um die Insel näher zu untersuchen. Diese Untersuchung
führte, abgesehen von großer Ausbeute an Pflanzen, Schmetterlingen, Spinnen,
Eskimoschädeln u. s. w. zu einem höchst seltsamen Fund, einem sehr kunstvoll
gearbeiteten Holzkästchen mit einstmaligen Verschluß, das zweifellos einem
religiösen Kultus der Eingeborenen diente.

Am 3. August früh lichtete die Germania wieder die Anker und umfuhr,
ohne durch das Eis irgendwie behindert zu sein, das über 1000 Meter hohe,
steile und wilde Kap Broer-Ruys, mußte aber dann vor Anker gehen, da das
Eis nach Süden zu am Lande vollständig festlag und den Eingang in sämmt¬
liche großen Sunde wehrte. Unter diesen Umständen wurde ausgemacht, vor¬
läufig eine Bootfahrt längs der Küste nach Westen zu unternehmen, um die
auf der Clavering'schen Karte als "Mackenzie-Insel bezeichnete Einfahrt näher
zu untersuchen. Je weiter die Germania nach beiden vordrang, um so reicher
und schöner zeigte sich das Land. Die Temperatur stieg Mittags über 10 Gr.
und an den sumpfigen Stellen traf man höchst lästige Schwärme von Moskitos.
Auch die Rennthierheerden zeigten sich dichter. Am Abend des 4. August wurden
ohne Mühe fünf Stück geschossen. So konnte man sich wieder einmal an
frischem Fleische laben. Der Appetit der Leute war durch die stete Arbeit
und Bewegung in frischer Luft ein so außerordentlicher, daß der Koch unab¬
lässig grollte, wenn er sie nicht zu sättigen vermochte. Jetzt schmunzelte er



") Die zweite deutsche Nordpolfahrt. I. Band. Zweite Abtheilung. F. A. Brockhaus 1874.
Grenzboten III. 1874. 47

trägst^e lebte, an den deutschen Höfen nur als wälsche Oper», vertreten war,
redlich zur Rettung unserer Sprache und Poesie beitrug, und so an ihrem
Theile den Boden mit bestellen half, aus dem in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts die deutsche Litteratur wieder zu neuer, reicher Blüthe
erwuchs.


G. Wustmann.


Me Aordpotfahrt der Hermania unter Kapitän Koldewey
1869 — 70.5)
4) Die Entdeckung des Franz Josephs.Fjords und die Heimkehr.

Am 1. August Morgens wurde die treue Ankerstätte eines Jahres von
der Germania zum letzten Male verlassen und, unter mancherlei Fährnissen
durch Eis. zwischen Kap Wynn. der Flachen Bai, an der Gaet-Hamkes-Bai
vorüber nach der Jackson-Insel gesteuert, wo man Nachm. 4 Uhr anlangte
und vor Anker ging, um die Insel näher zu untersuchen. Diese Untersuchung
führte, abgesehen von großer Ausbeute an Pflanzen, Schmetterlingen, Spinnen,
Eskimoschädeln u. s. w. zu einem höchst seltsamen Fund, einem sehr kunstvoll
gearbeiteten Holzkästchen mit einstmaligen Verschluß, das zweifellos einem
religiösen Kultus der Eingeborenen diente.

Am 3. August früh lichtete die Germania wieder die Anker und umfuhr,
ohne durch das Eis irgendwie behindert zu sein, das über 1000 Meter hohe,
steile und wilde Kap Broer-Ruys, mußte aber dann vor Anker gehen, da das
Eis nach Süden zu am Lande vollständig festlag und den Eingang in sämmt¬
liche großen Sunde wehrte. Unter diesen Umständen wurde ausgemacht, vor¬
läufig eine Bootfahrt längs der Küste nach Westen zu unternehmen, um die
auf der Clavering'schen Karte als „Mackenzie-Insel bezeichnete Einfahrt näher
zu untersuchen. Je weiter die Germania nach beiden vordrang, um so reicher
und schöner zeigte sich das Land. Die Temperatur stieg Mittags über 10 Gr.
und an den sumpfigen Stellen traf man höchst lästige Schwärme von Moskitos.
Auch die Rennthierheerden zeigten sich dichter. Am Abend des 4. August wurden
ohne Mühe fünf Stück geschossen. So konnte man sich wieder einmal an
frischem Fleische laben. Der Appetit der Leute war durch die stete Arbeit
und Bewegung in frischer Luft ein so außerordentlicher, daß der Koch unab¬
lässig grollte, wenn er sie nicht zu sättigen vermochte. Jetzt schmunzelte er



") Die zweite deutsche Nordpolfahrt. I. Band. Zweite Abtheilung. F. A. Brockhaus 1874.
Grenzboten III. 1874. 47
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[0377] trägst^e lebte, an den deutschen Höfen nur als wälsche Oper», vertreten war, redlich zur Rettung unserer Sprache und Poesie beitrug, und so an ihrem Theile den Boden mit bestellen half, aus dem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die deutsche Litteratur wieder zu neuer, reicher Blüthe erwuchs. G. Wustmann. Me Aordpotfahrt der Hermania unter Kapitän Koldewey 1869 — 70.5) 4) Die Entdeckung des Franz Josephs.Fjords und die Heimkehr. Am 1. August Morgens wurde die treue Ankerstätte eines Jahres von der Germania zum letzten Male verlassen und, unter mancherlei Fährnissen durch Eis. zwischen Kap Wynn. der Flachen Bai, an der Gaet-Hamkes-Bai vorüber nach der Jackson-Insel gesteuert, wo man Nachm. 4 Uhr anlangte und vor Anker ging, um die Insel näher zu untersuchen. Diese Untersuchung führte, abgesehen von großer Ausbeute an Pflanzen, Schmetterlingen, Spinnen, Eskimoschädeln u. s. w. zu einem höchst seltsamen Fund, einem sehr kunstvoll gearbeiteten Holzkästchen mit einstmaligen Verschluß, das zweifellos einem religiösen Kultus der Eingeborenen diente. Am 3. August früh lichtete die Germania wieder die Anker und umfuhr, ohne durch das Eis irgendwie behindert zu sein, das über 1000 Meter hohe, steile und wilde Kap Broer-Ruys, mußte aber dann vor Anker gehen, da das Eis nach Süden zu am Lande vollständig festlag und den Eingang in sämmt¬ liche großen Sunde wehrte. Unter diesen Umständen wurde ausgemacht, vor¬ läufig eine Bootfahrt längs der Küste nach Westen zu unternehmen, um die auf der Clavering'schen Karte als „Mackenzie-Insel bezeichnete Einfahrt näher zu untersuchen. Je weiter die Germania nach beiden vordrang, um so reicher und schöner zeigte sich das Land. Die Temperatur stieg Mittags über 10 Gr. und an den sumpfigen Stellen traf man höchst lästige Schwärme von Moskitos. Auch die Rennthierheerden zeigten sich dichter. Am Abend des 4. August wurden ohne Mühe fünf Stück geschossen. So konnte man sich wieder einmal an frischem Fleische laben. Der Appetit der Leute war durch die stete Arbeit und Bewegung in frischer Luft ein so außerordentlicher, daß der Koch unab¬ lässig grollte, wenn er sie nicht zu sättigen vermochte. Jetzt schmunzelte er ") Die zweite deutsche Nordpolfahrt. I. Band. Zweite Abtheilung. F. A. Brockhaus 1874. Grenzboten III. 1874. 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/377>, abgerufen am 22.07.2024.