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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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schwarz, seine Haare sind lang und fallen in rauhen Mähnen herab, doch
besitzt er auf dem Rücken eine an Feinheit kaum übertroffene Wolle. Be¬
sonders auffällig klein sind seine Augen. -- Wie schon der Name lehrt,
zeichnet das Thier ein je nach dem Alter mehr oder minder starker Moschus¬
geruch des Fleisches und Fettes aus, an welchen man sich indeß bei dem so
gewöhnlichen Gegensatze des Thrangeruchs leicht gewöhnt. Das Fleisch ist
übrigens jenem unserer Ochsen sehr ähnlich. -- Wie das Rennthier, so ist
auch der Moschusochse auf vegetabilische Nahrung angewiesen, um die es denn
freilich hier zu Lande kärglich genug steht. Wie weit nach Norden sich der
Moschusochse und das Rennthier verbreiten, läßt sich kaum vermuthen.
Ersteren trafen v)ir noch unter dem 77. Breitengrade, letzteres nur bis zum
76. Die kargen Eristenzmittel, welche ihnen das Land gewährt, nöthigen sie
zu beständigen Wanderungen. -- Beide Thiere werden fast immer in Heerden
angetroffen, die oft 20 -- 30 Stück zählen. Die größte Anzahl Rennthiere,
100 -- 200 Stück, sahen wir auf dem Hügellande westlich vom Kap Bioer
Ruys, die meisten Moschusochsen auf der braunkohlenreichen Kühn-Insel.
Den ersteren lieferten wir eine kleine Schlacht. -- Dem Jäger gegenüber
verhalten sie sich höchst ungleich. -- Die Rennthiere nähern sich in munterm
Trab und voll Neugierde oft bis auf wenige Schritte, ja sie kämen vielleicht
ganz an ihren Gegner heran, wenn sie dessen Bewegungen nicht verscheuchten
-- die Moschusochsen bleiben wie festgebannt stehen, starren den gänzlich un¬
bekannten Feind an, und kommen erst langsam und bedächtig zu einem
Entschluß. -- Demungeachtet beliebte es am Kap Philipp Barke vier Moschus¬
ochsen, in herablassender Weise mit Payer zu scherzen, indem sie einen Schein¬
angriff auf seinen Meßtisch ausführten. -- Den Moschusochsen zeichnen
riesige, die Stirne an der Wurzel bedeckende und nach unten abgebogene
Hörner aus, welche zum Schutze des ohnehin so massiven und fast unverwund¬
baren Schädels beitragen. Es geschah, daß eins dieser Thiere einen Schuß
auf die so gepanzerte Stirn aus einem Wänzlgewehre (mit welchem wir Eis¬
bären der Länge nach durchschossen) ertrug, ohne das geringste Zeichen einer
empfundenen Störung zu bekunden. Die Kugel fiel zu einer Scheibe platt¬
gedrückt auf den Boden! -- Wird eine Moschusochsenfamilie oder eine Heerde
mit Jungen überrascht, so bildet sie entweder das Quarre' -- die Jungen
Werden in die Mitte genommen, die Alten bilden die Außenseite und senken
die Köpfe -- oder der als Wache aufgestellte Ochse ergreift die Flucht und
die anderen jagen ihm nach. Es ist dann fast immer vergebliche Mühe,
ihnen, wenngleich noch so gedeckt, anschleichend zu folgen, denn diese Thiere
sind in ihrem Vorpostendienste bewunderungswürdig. Die Jagd auf Renn¬
thiere oder Moschus-Ochsen ist nach dem Gesagten sehr harmloser Natur. --
Eine bezügliche Jagdinstruetion ließe sich ungefähr in folgenden Worten


Grenzboten III. 1874. 44

schwarz, seine Haare sind lang und fallen in rauhen Mähnen herab, doch
besitzt er auf dem Rücken eine an Feinheit kaum übertroffene Wolle. Be¬
sonders auffällig klein sind seine Augen. — Wie schon der Name lehrt,
zeichnet das Thier ein je nach dem Alter mehr oder minder starker Moschus¬
geruch des Fleisches und Fettes aus, an welchen man sich indeß bei dem so
gewöhnlichen Gegensatze des Thrangeruchs leicht gewöhnt. Das Fleisch ist
übrigens jenem unserer Ochsen sehr ähnlich. — Wie das Rennthier, so ist
auch der Moschusochse auf vegetabilische Nahrung angewiesen, um die es denn
freilich hier zu Lande kärglich genug steht. Wie weit nach Norden sich der
Moschusochse und das Rennthier verbreiten, läßt sich kaum vermuthen.
Ersteren trafen v)ir noch unter dem 77. Breitengrade, letzteres nur bis zum
76. Die kargen Eristenzmittel, welche ihnen das Land gewährt, nöthigen sie
zu beständigen Wanderungen. — Beide Thiere werden fast immer in Heerden
angetroffen, die oft 20 — 30 Stück zählen. Die größte Anzahl Rennthiere,
100 — 200 Stück, sahen wir auf dem Hügellande westlich vom Kap Bioer
Ruys, die meisten Moschusochsen auf der braunkohlenreichen Kühn-Insel.
Den ersteren lieferten wir eine kleine Schlacht. — Dem Jäger gegenüber
verhalten sie sich höchst ungleich. — Die Rennthiere nähern sich in munterm
Trab und voll Neugierde oft bis auf wenige Schritte, ja sie kämen vielleicht
ganz an ihren Gegner heran, wenn sie dessen Bewegungen nicht verscheuchten
— die Moschusochsen bleiben wie festgebannt stehen, starren den gänzlich un¬
bekannten Feind an, und kommen erst langsam und bedächtig zu einem
Entschluß. — Demungeachtet beliebte es am Kap Philipp Barke vier Moschus¬
ochsen, in herablassender Weise mit Payer zu scherzen, indem sie einen Schein¬
angriff auf seinen Meßtisch ausführten. — Den Moschusochsen zeichnen
riesige, die Stirne an der Wurzel bedeckende und nach unten abgebogene
Hörner aus, welche zum Schutze des ohnehin so massiven und fast unverwund¬
baren Schädels beitragen. Es geschah, daß eins dieser Thiere einen Schuß
auf die so gepanzerte Stirn aus einem Wänzlgewehre (mit welchem wir Eis¬
bären der Länge nach durchschossen) ertrug, ohne das geringste Zeichen einer
empfundenen Störung zu bekunden. Die Kugel fiel zu einer Scheibe platt¬
gedrückt auf den Boden! — Wird eine Moschusochsenfamilie oder eine Heerde
mit Jungen überrascht, so bildet sie entweder das Quarre' — die Jungen
Werden in die Mitte genommen, die Alten bilden die Außenseite und senken
die Köpfe — oder der als Wache aufgestellte Ochse ergreift die Flucht und
die anderen jagen ihm nach. Es ist dann fast immer vergebliche Mühe,
ihnen, wenngleich noch so gedeckt, anschleichend zu folgen, denn diese Thiere
sind in ihrem Vorpostendienste bewunderungswürdig. Die Jagd auf Renn¬
thiere oder Moschus-Ochsen ist nach dem Gesagten sehr harmloser Natur. —
Eine bezügliche Jagdinstruetion ließe sich ungefähr in folgenden Worten


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[0353] schwarz, seine Haare sind lang und fallen in rauhen Mähnen herab, doch besitzt er auf dem Rücken eine an Feinheit kaum übertroffene Wolle. Be¬ sonders auffällig klein sind seine Augen. — Wie schon der Name lehrt, zeichnet das Thier ein je nach dem Alter mehr oder minder starker Moschus¬ geruch des Fleisches und Fettes aus, an welchen man sich indeß bei dem so gewöhnlichen Gegensatze des Thrangeruchs leicht gewöhnt. Das Fleisch ist übrigens jenem unserer Ochsen sehr ähnlich. — Wie das Rennthier, so ist auch der Moschusochse auf vegetabilische Nahrung angewiesen, um die es denn freilich hier zu Lande kärglich genug steht. Wie weit nach Norden sich der Moschusochse und das Rennthier verbreiten, läßt sich kaum vermuthen. Ersteren trafen v)ir noch unter dem 77. Breitengrade, letzteres nur bis zum 76. Die kargen Eristenzmittel, welche ihnen das Land gewährt, nöthigen sie zu beständigen Wanderungen. — Beide Thiere werden fast immer in Heerden angetroffen, die oft 20 — 30 Stück zählen. Die größte Anzahl Rennthiere, 100 — 200 Stück, sahen wir auf dem Hügellande westlich vom Kap Bioer Ruys, die meisten Moschusochsen auf der braunkohlenreichen Kühn-Insel. Den ersteren lieferten wir eine kleine Schlacht. — Dem Jäger gegenüber verhalten sie sich höchst ungleich. — Die Rennthiere nähern sich in munterm Trab und voll Neugierde oft bis auf wenige Schritte, ja sie kämen vielleicht ganz an ihren Gegner heran, wenn sie dessen Bewegungen nicht verscheuchten — die Moschusochsen bleiben wie festgebannt stehen, starren den gänzlich un¬ bekannten Feind an, und kommen erst langsam und bedächtig zu einem Entschluß. — Demungeachtet beliebte es am Kap Philipp Barke vier Moschus¬ ochsen, in herablassender Weise mit Payer zu scherzen, indem sie einen Schein¬ angriff auf seinen Meßtisch ausführten. — Den Moschusochsen zeichnen riesige, die Stirne an der Wurzel bedeckende und nach unten abgebogene Hörner aus, welche zum Schutze des ohnehin so massiven und fast unverwund¬ baren Schädels beitragen. Es geschah, daß eins dieser Thiere einen Schuß auf die so gepanzerte Stirn aus einem Wänzlgewehre (mit welchem wir Eis¬ bären der Länge nach durchschossen) ertrug, ohne das geringste Zeichen einer empfundenen Störung zu bekunden. Die Kugel fiel zu einer Scheibe platt¬ gedrückt auf den Boden! — Wird eine Moschusochsenfamilie oder eine Heerde mit Jungen überrascht, so bildet sie entweder das Quarre' — die Jungen Werden in die Mitte genommen, die Alten bilden die Außenseite und senken die Köpfe — oder der als Wache aufgestellte Ochse ergreift die Flucht und die anderen jagen ihm nach. Es ist dann fast immer vergebliche Mühe, ihnen, wenngleich noch so gedeckt, anschleichend zu folgen, denn diese Thiere sind in ihrem Vorpostendienste bewunderungswürdig. Die Jagd auf Renn¬ thiere oder Moschus-Ochsen ist nach dem Gesagten sehr harmloser Natur. — Eine bezügliche Jagdinstruetion ließe sich ungefähr in folgenden Worten Grenzboten III. 1874. 44

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/353>, abgerufen am 29.06.2024.