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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Energie wetteiferten. Leyva galt für einen Mann, der maurisches Blut in
den Adern habe, ungeachtet seiner durch zwanzigjährige Kriegsstrapazen
äußerst geschwächten Gesundheit, war er von unvergleichlicher Hingebung
an den Dienst. Obgleich er gänzlich gekrümmt war und am schmerzlichsten
Podagra- litt, so daß er nicht zu Pferde steigen konnte, versäumte er doch
keine Runde, ließ sich im Sessel um die Wälle tragen und entwickelte eine
Thätigkeit und Energie, welche Veranlassung zu der Sage wurden, daß ihm
ein Geist der Hölle zu Diensten sei. Dabei war er (abgesehen von seinem
brennenden Ehrgeiz) von großer Uneigennützigkeit. Als in seiner Gegenwart
deutsche Knechte ihren Hauptmann um Sold drängten, nahm Leyva seine
goldene Ehrenkette vom Halse und ließ Ducaten daraus prägen, um jene zu
befriedigen. Zu gleichem Zwecke gab er auch sein eigenes Tafelgeschirr her
und entnahm als gezwungene Anleihe alles Silber der Kirchen. -- (Die ge¬
schlagenen Münzen trugen die Inschrift: Laesarikma I'aMe obsessi. NVXXIV.)
Einmal wurden auch 3000 Ducaten durch eine Kriegslist eingeschmuggelt, in¬
dem sie in Weinfässern in das französische Lager geschafft und hier durch einen
verabredeten und geschickt durchgeführten Ausfall Antonios weggenommen
wurden. -- Neben de Leyva stand der Hohenzoller. Graf Eitelfritz hatte den
höchsten Einfluß auf die Deutschen und scheint durch fortifikatorische Gegen¬
arbeiten, wahrscheinlich auf der schwachen Südfront, den Angriff wesentlich
aufgehalten zu haben. Das berühmte Landsknechtslted von der "Schlacht bei
Paula" erwähnt das ausdrücklich.*) Da heißt es:


Wir hatten kürzlich einen rat;
einer sagt der andern:
nun zeugt der König nimmer ab,
zur stat stet sein verlangen.
Nennt sich einer mit Namen Graf Eitelfritz:
Die stat woll wir nicht aufgeben;
wir pauen zwei polwerk, die sein fest,
es kost recht leib und leben!
Sie sein mit mancher Hand gemacht,
Zwei polwerk wol erbauen;
wir liegen die winterlange Nacht
zu Pavia auf der mauern ....
und schreiben dem Fürsten auch Osterrich
er sol nicht ausbeleiben,
sol pringcn manchen Landsknecht frisch,
den könig zu vertreiben.


") Ein schönes Lied von der schleicht vor Paula geschehen, Gedicht und erstlich gesungen
durch Hansen von WüriMrg in einem newen thom, (Soltau: Einhundert historische Volks¬
lieder. Zweite Ausgabe. Leipzig 184S.)

Energie wetteiferten. Leyva galt für einen Mann, der maurisches Blut in
den Adern habe, ungeachtet seiner durch zwanzigjährige Kriegsstrapazen
äußerst geschwächten Gesundheit, war er von unvergleichlicher Hingebung
an den Dienst. Obgleich er gänzlich gekrümmt war und am schmerzlichsten
Podagra- litt, so daß er nicht zu Pferde steigen konnte, versäumte er doch
keine Runde, ließ sich im Sessel um die Wälle tragen und entwickelte eine
Thätigkeit und Energie, welche Veranlassung zu der Sage wurden, daß ihm
ein Geist der Hölle zu Diensten sei. Dabei war er (abgesehen von seinem
brennenden Ehrgeiz) von großer Uneigennützigkeit. Als in seiner Gegenwart
deutsche Knechte ihren Hauptmann um Sold drängten, nahm Leyva seine
goldene Ehrenkette vom Halse und ließ Ducaten daraus prägen, um jene zu
befriedigen. Zu gleichem Zwecke gab er auch sein eigenes Tafelgeschirr her
und entnahm als gezwungene Anleihe alles Silber der Kirchen. — (Die ge¬
schlagenen Münzen trugen die Inschrift: Laesarikma I'aMe obsessi. NVXXIV.)
Einmal wurden auch 3000 Ducaten durch eine Kriegslist eingeschmuggelt, in¬
dem sie in Weinfässern in das französische Lager geschafft und hier durch einen
verabredeten und geschickt durchgeführten Ausfall Antonios weggenommen
wurden. — Neben de Leyva stand der Hohenzoller. Graf Eitelfritz hatte den
höchsten Einfluß auf die Deutschen und scheint durch fortifikatorische Gegen¬
arbeiten, wahrscheinlich auf der schwachen Südfront, den Angriff wesentlich
aufgehalten zu haben. Das berühmte Landsknechtslted von der „Schlacht bei
Paula" erwähnt das ausdrücklich.*) Da heißt es:


Wir hatten kürzlich einen rat;
einer sagt der andern:
nun zeugt der König nimmer ab,
zur stat stet sein verlangen.
Nennt sich einer mit Namen Graf Eitelfritz:
Die stat woll wir nicht aufgeben;
wir pauen zwei polwerk, die sein fest,
es kost recht leib und leben!
Sie sein mit mancher Hand gemacht,
Zwei polwerk wol erbauen;
wir liegen die winterlange Nacht
zu Pavia auf der mauern ....
und schreiben dem Fürsten auch Osterrich
er sol nicht ausbeleiben,
sol pringcn manchen Landsknecht frisch,
den könig zu vertreiben.


") Ein schönes Lied von der schleicht vor Paula geschehen, Gedicht und erstlich gesungen
durch Hansen von WüriMrg in einem newen thom, (Soltau: Einhundert historische Volks¬
lieder. Zweite Ausgabe. Leipzig 184S.)
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[0024] Energie wetteiferten. Leyva galt für einen Mann, der maurisches Blut in den Adern habe, ungeachtet seiner durch zwanzigjährige Kriegsstrapazen äußerst geschwächten Gesundheit, war er von unvergleichlicher Hingebung an den Dienst. Obgleich er gänzlich gekrümmt war und am schmerzlichsten Podagra- litt, so daß er nicht zu Pferde steigen konnte, versäumte er doch keine Runde, ließ sich im Sessel um die Wälle tragen und entwickelte eine Thätigkeit und Energie, welche Veranlassung zu der Sage wurden, daß ihm ein Geist der Hölle zu Diensten sei. Dabei war er (abgesehen von seinem brennenden Ehrgeiz) von großer Uneigennützigkeit. Als in seiner Gegenwart deutsche Knechte ihren Hauptmann um Sold drängten, nahm Leyva seine goldene Ehrenkette vom Halse und ließ Ducaten daraus prägen, um jene zu befriedigen. Zu gleichem Zwecke gab er auch sein eigenes Tafelgeschirr her und entnahm als gezwungene Anleihe alles Silber der Kirchen. — (Die ge¬ schlagenen Münzen trugen die Inschrift: Laesarikma I'aMe obsessi. NVXXIV.) Einmal wurden auch 3000 Ducaten durch eine Kriegslist eingeschmuggelt, in¬ dem sie in Weinfässern in das französische Lager geschafft und hier durch einen verabredeten und geschickt durchgeführten Ausfall Antonios weggenommen wurden. — Neben de Leyva stand der Hohenzoller. Graf Eitelfritz hatte den höchsten Einfluß auf die Deutschen und scheint durch fortifikatorische Gegen¬ arbeiten, wahrscheinlich auf der schwachen Südfront, den Angriff wesentlich aufgehalten zu haben. Das berühmte Landsknechtslted von der „Schlacht bei Paula" erwähnt das ausdrücklich.*) Da heißt es: Wir hatten kürzlich einen rat; einer sagt der andern: nun zeugt der König nimmer ab, zur stat stet sein verlangen. Nennt sich einer mit Namen Graf Eitelfritz: Die stat woll wir nicht aufgeben; wir pauen zwei polwerk, die sein fest, es kost recht leib und leben! Sie sein mit mancher Hand gemacht, Zwei polwerk wol erbauen; wir liegen die winterlange Nacht zu Pavia auf der mauern .... und schreiben dem Fürsten auch Osterrich er sol nicht ausbeleiben, sol pringcn manchen Landsknecht frisch, den könig zu vertreiben. ") Ein schönes Lied von der schleicht vor Paula geschehen, Gedicht und erstlich gesungen durch Hansen von WüriMrg in einem newen thom, (Soltau: Einhundert historische Volks¬ lieder. Zweite Ausgabe. Leipzig 184S.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/24>, abgerufen am 24.08.2024.