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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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mehre Tage in Mailand verweilte, wurde schon am 28. October sein Haupt¬
quartier in die Abtei San Lanfranco bei Pavia verlegt. Dem General¬
lieutenant La Tremouille blieb die Bezwingung des Kastells von Mailand
überlassen.

Pescara war beinahe schon willens gewesen, auch Lodi aufzugeben, als
die Meldung kam, daß das feindliche Heer, statt dem schwachen Rest der
Kaiserlichen zu folgen, sich nach Pavia gewendet habe. Da rief der Marchese
fröhlich: "Wir, die wir besiegt waren, haben nun gesiegt, da sich der Feind
an die Deutschen macht und uns in Ruhe läßt."

Die Besatzung von Pavia bestand nämlich meist aus Deutschen: 200
Reisige, 800 Spanier und 6000 Landsknechte. Kommandant war der Spanier
Antonio de Leyva, ein kriegserfahrener und von jeher durch die glänzendste
Tapferkeit ausgezeichneter Offizier. -- Pavia war für das kaiserliche Heer von
hoher Wichtigkeit, nicht nur an und für sich, als Hauptübergangspunkt des
Tessin, sondern auch deshalb, weil bei dem eiligen Rückzüge der größte Theil
des Heergeräthes und der Rest des Geschützes dort in Sicherheit gebracht
worden war. Daher hatte man auch Befehlshaber und Garnison mit so
vorzüglicher Sorgfalt ausgewählt.

Man sagt übrigens, daß nicht sowohl Bonnivet's Gründe den Ausschlag
für die Belagerung Pavias gegeben hätten, als die Hoffnung, daß es gelingen
werde, die Deutschen, welche wie gesagt die Hauptmasse der Besatzung dieser
Stadt bildeten, zum Abfall zu bewegen. Diese Hoffnung ist begreiflich, wenn
man bedenkt, wie es doch eben nur das Geld, der sichere Soldgewinn war,
der dem Könige in seiner schwarzen Bande trotz der Acht des Kaisers seine
besten Truppen aus Deutschland zugeführt hatte. Sangen diese deutschen
Söldner doch ganz aufrichtig:


Wohlauf, ihr Landsknecht alle,
Seid fröhlich guter Ding,
Wir wollen Gott den Herren,
Dazu den edlen König!
Er legt uns einen gewaltigen Haufen ins Feld;
Es soll kein Landsknecht trauern um Geld;
Er will uns ehrlich lohnen
Mit Stüvern und Sonncnkronen.
Beim Bauern muß ich dreschen
Und essen saure Milch;
Beim König trag ich volle Fleschen,
Beim Bauern einen groben Zolles;
Beim König dree' ich ganz tapfer ins Feld,

mehre Tage in Mailand verweilte, wurde schon am 28. October sein Haupt¬
quartier in die Abtei San Lanfranco bei Pavia verlegt. Dem General¬
lieutenant La Tremouille blieb die Bezwingung des Kastells von Mailand
überlassen.

Pescara war beinahe schon willens gewesen, auch Lodi aufzugeben, als
die Meldung kam, daß das feindliche Heer, statt dem schwachen Rest der
Kaiserlichen zu folgen, sich nach Pavia gewendet habe. Da rief der Marchese
fröhlich: „Wir, die wir besiegt waren, haben nun gesiegt, da sich der Feind
an die Deutschen macht und uns in Ruhe läßt."

Die Besatzung von Pavia bestand nämlich meist aus Deutschen: 200
Reisige, 800 Spanier und 6000 Landsknechte. Kommandant war der Spanier
Antonio de Leyva, ein kriegserfahrener und von jeher durch die glänzendste
Tapferkeit ausgezeichneter Offizier. — Pavia war für das kaiserliche Heer von
hoher Wichtigkeit, nicht nur an und für sich, als Hauptübergangspunkt des
Tessin, sondern auch deshalb, weil bei dem eiligen Rückzüge der größte Theil
des Heergeräthes und der Rest des Geschützes dort in Sicherheit gebracht
worden war. Daher hatte man auch Befehlshaber und Garnison mit so
vorzüglicher Sorgfalt ausgewählt.

Man sagt übrigens, daß nicht sowohl Bonnivet's Gründe den Ausschlag
für die Belagerung Pavias gegeben hätten, als die Hoffnung, daß es gelingen
werde, die Deutschen, welche wie gesagt die Hauptmasse der Besatzung dieser
Stadt bildeten, zum Abfall zu bewegen. Diese Hoffnung ist begreiflich, wenn
man bedenkt, wie es doch eben nur das Geld, der sichere Soldgewinn war,
der dem Könige in seiner schwarzen Bande trotz der Acht des Kaisers seine
besten Truppen aus Deutschland zugeführt hatte. Sangen diese deutschen
Söldner doch ganz aufrichtig:


Wohlauf, ihr Landsknecht alle,
Seid fröhlich guter Ding,
Wir wollen Gott den Herren,
Dazu den edlen König!
Er legt uns einen gewaltigen Haufen ins Feld;
Es soll kein Landsknecht trauern um Geld;
Er will uns ehrlich lohnen
Mit Stüvern und Sonncnkronen.
Beim Bauern muß ich dreschen
Und essen saure Milch;
Beim König trag ich volle Fleschen,
Beim Bauern einen groben Zolles;
Beim König dree' ich ganz tapfer ins Feld,

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[0021] mehre Tage in Mailand verweilte, wurde schon am 28. October sein Haupt¬ quartier in die Abtei San Lanfranco bei Pavia verlegt. Dem General¬ lieutenant La Tremouille blieb die Bezwingung des Kastells von Mailand überlassen. Pescara war beinahe schon willens gewesen, auch Lodi aufzugeben, als die Meldung kam, daß das feindliche Heer, statt dem schwachen Rest der Kaiserlichen zu folgen, sich nach Pavia gewendet habe. Da rief der Marchese fröhlich: „Wir, die wir besiegt waren, haben nun gesiegt, da sich der Feind an die Deutschen macht und uns in Ruhe läßt." Die Besatzung von Pavia bestand nämlich meist aus Deutschen: 200 Reisige, 800 Spanier und 6000 Landsknechte. Kommandant war der Spanier Antonio de Leyva, ein kriegserfahrener und von jeher durch die glänzendste Tapferkeit ausgezeichneter Offizier. — Pavia war für das kaiserliche Heer von hoher Wichtigkeit, nicht nur an und für sich, als Hauptübergangspunkt des Tessin, sondern auch deshalb, weil bei dem eiligen Rückzüge der größte Theil des Heergeräthes und der Rest des Geschützes dort in Sicherheit gebracht worden war. Daher hatte man auch Befehlshaber und Garnison mit so vorzüglicher Sorgfalt ausgewählt. Man sagt übrigens, daß nicht sowohl Bonnivet's Gründe den Ausschlag für die Belagerung Pavias gegeben hätten, als die Hoffnung, daß es gelingen werde, die Deutschen, welche wie gesagt die Hauptmasse der Besatzung dieser Stadt bildeten, zum Abfall zu bewegen. Diese Hoffnung ist begreiflich, wenn man bedenkt, wie es doch eben nur das Geld, der sichere Soldgewinn war, der dem Könige in seiner schwarzen Bande trotz der Acht des Kaisers seine besten Truppen aus Deutschland zugeführt hatte. Sangen diese deutschen Söldner doch ganz aufrichtig: Wohlauf, ihr Landsknecht alle, Seid fröhlich guter Ding, Wir wollen Gott den Herren, Dazu den edlen König! Er legt uns einen gewaltigen Haufen ins Feld; Es soll kein Landsknecht trauern um Geld; Er will uns ehrlich lohnen Mit Stüvern und Sonncnkronen. Beim Bauern muß ich dreschen Und essen saure Milch; Beim König trag ich volle Fleschen, Beim Bauern einen groben Zolles; Beim König dree' ich ganz tapfer ins Feld,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/21>, abgerufen am 24.08.2024.