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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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und auf die Verkehrswege gehabt. Nahe dem Ufer ist die Stadt eben und
demgemäß sind auch die Straßen und Plätze; dort concentrirt sich der meiste
Verkehr. Von den Straßen, die in ihrer Verlängerung Hauptverkehrswege
mit der umliegenden Landschaft werden, sind außer den nach Osten und
Westen am Meere fortlaufenden Wegen etwa 4 Hauptwege zu nennen, welche
die frequentesten sind. Nordwestlich zieht sich die Straße nach dem Kirchspiele
San Antonio und S. Roque; in der Mitte der Stadt die Straße nach der
Kirche S. N. d. Monte etwas östlich durch ein Hauptrevier, der kleine Curral
genannt, geschieden, der Caminho do Melo, noch östlicher die Straße nach dem
Palheiro, einer Bergkuppe, aus welcher der größte Grundbesitzer der Insel,
der Graf Calvagae sein Schloß und seinen Park besitzt. Alle diese Wege
werden bei den späteren Excursionen erwähnt werden; vorerst interesstrt uns
nur der Caminho do Melo, zu Deutsch der "mittlere Weg" (so genannt,
weil er der mittelste der 3 letztgenannten Wege ist), da an demselben die
Pension von Mr. Hollway liegt. Die Straße führt bald sehr steil aufwärts
und etwa in der Höhe von 180' über dem Meere gelangt man zu dem
ziemlich weitläufigen Etablissement von Hollway, bestehend aus einem Haupt¬
hause, welches an der südlichen Fronte außer dem roh as edaussüe 2 Etagen,
an der nördlichen Fronte nur eine Etage hat, woraus bei der nicht großen
Tiefe des Hauses die starke Neigung des Berges hervorgeht. Zur weiteren
Aufnahme von Gästen dienen noch 4 kleine selbständige Gebäude in der Nähe
des Hauses, welche mit Ausnahme des einen, höchstens je 2 Personen auf¬
nehmen können. Eines dieser kleinen Gebäude wählten wir zu unserm Logis;
es lag an der ersten Terrasse in gleicher Höhe mit dem res ac ebg,u,ssös des
Haupthauses. Es bestand aus einem großen Zimmer, welches in halber Höhe
durch eine feste spanische Wand getheilt, Schlaf- und Wohnzimmer enthielt.
Die Hauptfronte war nach der Terrasse gegen Westen, doch hatte es einen
Balkon gegen Süden, von dem man die schönste Aussicht über die unten
liegende Stadt, die westlichen Berge und das Meer genoß. Die Wohnung
war für zwei Personen etwas beschränkt aber äußerst comfortabel und bei dem
milden Himmel Madeiras konnte man ja viel im Freien verkehren. Im
Laufe der nächsten Zeit wurden fast alle Räume des Etablissements vermiethet,
so daß wir ungefähr 30 Personen dort waren, Engländer und Deutsche.
Das Leben in einer Pension, namentlich an einem Kurorte wie Madeira, hat
etwas sehr Einförmiges. Die 3 Mahlzeiten. um 9 Uhr. 2 Uhr und 7 Uhr,
versammeln regelmäßig die Gäste; doch hatten mehre Engländer ihrer Ge¬
wohnheit gemäß einen späten Mittagtisch arrangirt und vereinigten sich erst
nach demselben mit den übrigen Gästen im Gesellschaftszimmer, welches, da
die Abendluft das Ausgehen verbietet, stets Alle versammelt sah. Tags über
fand man sich auf den Terrassen des Gartens zusammen, in welchem der


und auf die Verkehrswege gehabt. Nahe dem Ufer ist die Stadt eben und
demgemäß sind auch die Straßen und Plätze; dort concentrirt sich der meiste
Verkehr. Von den Straßen, die in ihrer Verlängerung Hauptverkehrswege
mit der umliegenden Landschaft werden, sind außer den nach Osten und
Westen am Meere fortlaufenden Wegen etwa 4 Hauptwege zu nennen, welche
die frequentesten sind. Nordwestlich zieht sich die Straße nach dem Kirchspiele
San Antonio und S. Roque; in der Mitte der Stadt die Straße nach der
Kirche S. N. d. Monte etwas östlich durch ein Hauptrevier, der kleine Curral
genannt, geschieden, der Caminho do Melo, noch östlicher die Straße nach dem
Palheiro, einer Bergkuppe, aus welcher der größte Grundbesitzer der Insel,
der Graf Calvagae sein Schloß und seinen Park besitzt. Alle diese Wege
werden bei den späteren Excursionen erwähnt werden; vorerst interesstrt uns
nur der Caminho do Melo, zu Deutsch der „mittlere Weg" (so genannt,
weil er der mittelste der 3 letztgenannten Wege ist), da an demselben die
Pension von Mr. Hollway liegt. Die Straße führt bald sehr steil aufwärts
und etwa in der Höhe von 180' über dem Meere gelangt man zu dem
ziemlich weitläufigen Etablissement von Hollway, bestehend aus einem Haupt¬
hause, welches an der südlichen Fronte außer dem roh as edaussüe 2 Etagen,
an der nördlichen Fronte nur eine Etage hat, woraus bei der nicht großen
Tiefe des Hauses die starke Neigung des Berges hervorgeht. Zur weiteren
Aufnahme von Gästen dienen noch 4 kleine selbständige Gebäude in der Nähe
des Hauses, welche mit Ausnahme des einen, höchstens je 2 Personen auf¬
nehmen können. Eines dieser kleinen Gebäude wählten wir zu unserm Logis;
es lag an der ersten Terrasse in gleicher Höhe mit dem res ac ebg,u,ssös des
Haupthauses. Es bestand aus einem großen Zimmer, welches in halber Höhe
durch eine feste spanische Wand getheilt, Schlaf- und Wohnzimmer enthielt.
Die Hauptfronte war nach der Terrasse gegen Westen, doch hatte es einen
Balkon gegen Süden, von dem man die schönste Aussicht über die unten
liegende Stadt, die westlichen Berge und das Meer genoß. Die Wohnung
war für zwei Personen etwas beschränkt aber äußerst comfortabel und bei dem
milden Himmel Madeiras konnte man ja viel im Freien verkehren. Im
Laufe der nächsten Zeit wurden fast alle Räume des Etablissements vermiethet,
so daß wir ungefähr 30 Personen dort waren, Engländer und Deutsche.
Das Leben in einer Pension, namentlich an einem Kurorte wie Madeira, hat
etwas sehr Einförmiges. Die 3 Mahlzeiten. um 9 Uhr. 2 Uhr und 7 Uhr,
versammeln regelmäßig die Gäste; doch hatten mehre Engländer ihrer Ge¬
wohnheit gemäß einen späten Mittagtisch arrangirt und vereinigten sich erst
nach demselben mit den übrigen Gästen im Gesellschaftszimmer, welches, da
die Abendluft das Ausgehen verbietet, stets Alle versammelt sah. Tags über
fand man sich auf den Terrassen des Gartens zusammen, in welchem der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/188>, abgerufen am 22.07.2024.