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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Besitzer ein nicht unbeträchtliches Areal für Weinbau conservirt hatte, obgleich
sonst auf der Insel der Weinstock meistens verschwunden war und dem
Zuckerrohr Platz gemacht hatte. Für die Kultur seiner Weinstöcke opferte
Mr. Hollway wirklich nicht unbedeutend, da er noch immer die Hoffnung
hegte, daß die Krankheit der Reben verschwinden werde. Die Stöcke werden
im Herbst beschnitten; der Boden tief umgewühlt, denn aus Madeira kennt
man nur die Hacken zum Bearbeiten des Bodens; dann wird stark gedüngt
und gegen Frühjahr wird das ganze Areal des Weinbergs mit kreuzweise
über einander gebundenen Latten oder starken Rohrstäben auf halber Mannes¬
höhe wie mit einem Netz von groben Maschen überzogen, woran später die
jungen Schößlinge angebunden werden. Sobald die Reben anfangen zu
treiben, werden die jungen Blätter und Blüthen geschwefelt, um sie vor dem
Pilze, der Krankheit zu bewahren. Trotzdem zeigte sich im April schon der
weiße pilzartige Ueberzug über den Blättern.

Für die sonstige Verschönerung seines Gartens that Mr. Hollway Nichts;
er war nicht einmal zu bewegen schattige Sitze anzubringen, so leicht es auf
den Terrassen durch die Weinstöcke oder Kürbtspflanzen herzustellen gewesen
wäre oder im Winter durch ein leichtes Wetterdach. Uebrigens herrschte im
Hause, was die Verpflegung oder den Comfort betraf, eine lobens- und an¬
erkennungswerthe Freigebigkeit; man konnte jeder Zeit außer den Mahl¬
zeiten Erfrischungen selbst für Besuchende erhalten, ohne besonders dafür zu
bezahlen. Ein Umstand war es aber besonders, der diese Pension vor Allem
auszeichnete. Mr. Hollway besaß nicht allein außer dem hier beschriebenen
Etablissement, das schon obengenannte Stadthotel, sondern in Camuha, einem
ca. 2000' hochgelegenen Dorfe noch ein drittes Wohnhaus, für Gäste ein¬
gerichtet, wo man den Sommer zuzubringen pflegte. Jeder seiner Gäste hatte
die Wahl, in einem dieser Häuser sich aufzuhalten oder wenn es ihm paßte,
die eine oder andere Mahlzeit einzunehmen, wozu man bei Ankunft von
Schiffen in der Stadt oder auf Excursionen in Camecha leicht geneigt sein
konnte. -- Bald nach dem ersten Frühstück pflegten die meisten Gäste in die
untere Stadt nach den Prazas hinabzugehen, wo man sich zur Unterhaltung
und zum gemeinschaftlichen Umherwandeln traf; oder die eommereial rooms
waren das Ziel, wo man außer der Unterhaltung mit Bekannten, portugie¬
sische, englische und von den deutschen Zeitungen die Kölnische und Augsb.
Allgemeine fand. Die Räumlichkeiten bestanden aus einem ziemlich großen
Zimmer und daran stoßender Terrasse, welche in ihrer ganzen Länge und
Breite mit einem Wetterdache bedeckt war, so daß man gegen Sonne und
Regen geschützt blieb. Diese Terrasse war ein sehr beliebter Aufenthalt hart
am Ufer gelegen, gegen Süden offen und daher warm und geschützt. Passirende,
ankommende, abgehende oder ankernde Schiffe konnten von dort mittelst guten


Besitzer ein nicht unbeträchtliches Areal für Weinbau conservirt hatte, obgleich
sonst auf der Insel der Weinstock meistens verschwunden war und dem
Zuckerrohr Platz gemacht hatte. Für die Kultur seiner Weinstöcke opferte
Mr. Hollway wirklich nicht unbedeutend, da er noch immer die Hoffnung
hegte, daß die Krankheit der Reben verschwinden werde. Die Stöcke werden
im Herbst beschnitten; der Boden tief umgewühlt, denn aus Madeira kennt
man nur die Hacken zum Bearbeiten des Bodens; dann wird stark gedüngt
und gegen Frühjahr wird das ganze Areal des Weinbergs mit kreuzweise
über einander gebundenen Latten oder starken Rohrstäben auf halber Mannes¬
höhe wie mit einem Netz von groben Maschen überzogen, woran später die
jungen Schößlinge angebunden werden. Sobald die Reben anfangen zu
treiben, werden die jungen Blätter und Blüthen geschwefelt, um sie vor dem
Pilze, der Krankheit zu bewahren. Trotzdem zeigte sich im April schon der
weiße pilzartige Ueberzug über den Blättern.

Für die sonstige Verschönerung seines Gartens that Mr. Hollway Nichts;
er war nicht einmal zu bewegen schattige Sitze anzubringen, so leicht es auf
den Terrassen durch die Weinstöcke oder Kürbtspflanzen herzustellen gewesen
wäre oder im Winter durch ein leichtes Wetterdach. Uebrigens herrschte im
Hause, was die Verpflegung oder den Comfort betraf, eine lobens- und an¬
erkennungswerthe Freigebigkeit; man konnte jeder Zeit außer den Mahl¬
zeiten Erfrischungen selbst für Besuchende erhalten, ohne besonders dafür zu
bezahlen. Ein Umstand war es aber besonders, der diese Pension vor Allem
auszeichnete. Mr. Hollway besaß nicht allein außer dem hier beschriebenen
Etablissement, das schon obengenannte Stadthotel, sondern in Camuha, einem
ca. 2000' hochgelegenen Dorfe noch ein drittes Wohnhaus, für Gäste ein¬
gerichtet, wo man den Sommer zuzubringen pflegte. Jeder seiner Gäste hatte
die Wahl, in einem dieser Häuser sich aufzuhalten oder wenn es ihm paßte,
die eine oder andere Mahlzeit einzunehmen, wozu man bei Ankunft von
Schiffen in der Stadt oder auf Excursionen in Camecha leicht geneigt sein
konnte. — Bald nach dem ersten Frühstück pflegten die meisten Gäste in die
untere Stadt nach den Prazas hinabzugehen, wo man sich zur Unterhaltung
und zum gemeinschaftlichen Umherwandeln traf; oder die eommereial rooms
waren das Ziel, wo man außer der Unterhaltung mit Bekannten, portugie¬
sische, englische und von den deutschen Zeitungen die Kölnische und Augsb.
Allgemeine fand. Die Räumlichkeiten bestanden aus einem ziemlich großen
Zimmer und daran stoßender Terrasse, welche in ihrer ganzen Länge und
Breite mit einem Wetterdache bedeckt war, so daß man gegen Sonne und
Regen geschützt blieb. Diese Terrasse war ein sehr beliebter Aufenthalt hart
am Ufer gelegen, gegen Süden offen und daher warm und geschützt. Passirende,
ankommende, abgehende oder ankernde Schiffe konnten von dort mittelst guten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/189>, abgerufen am 22.07.2024.