Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.heuer angestrahlten Gesichtern aus der Dunkelheit vorwärtsdringen, von dem Als Kamehameha der Große -- der eine Art Napoleon an militärischem Es waren wilde Zeiten, als dieses alte Schlachthaus seine Glanzperiode Nach einigem Klettern einen zerklüfteten Abhang hinauf, hielten wir auf heuer angestrahlten Gesichtern aus der Dunkelheit vorwärtsdringen, von dem Als Kamehameha der Große — der eine Art Napoleon an militärischem Es waren wilde Zeiten, als dieses alte Schlachthaus seine Glanzperiode Nach einigem Klettern einen zerklüfteten Abhang hinauf, hielten wir auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0071" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192874"/> <p xml:id="ID_185" prev="#ID_184"> heuer angestrahlten Gesichtern aus der Dunkelheit vorwärtsdringen, von dem<lb/> Hintergrunde gespenstiger Bäume, von der düstern Pyramide des Diamond<lb/> Head, die bei dem unheimlichen Schauspiel Wache hält, und von dem frie¬<lb/> denvollen Monde, der durch zerrissne Wolkenschichten auf sie herabblickt!</p><lb/> <p xml:id="ID_186"> Als Kamehameha der Große — der eine Art Napoleon an militärischem<lb/> Genie und unwandelbaren Erfolg war—vor circa achtzig Jahren diese Insel Oahu<lb/> mit Krieg überzog und das ihm entgegengesandte Heer vernichtete und zu¬<lb/> letzt das Land ganz und voll in seine Gewalt bekam, suchte er den todten<lb/> Körper des Königs von Oahu und die der vornehmsten Häuptlinge heraus<lb/> und steckte ihre Köpfe auf Pfähle auf den Mauern dieses Tempels.</p><lb/> <p xml:id="ID_187"> Es waren wilde Zeiten, als dieses alte Schlachthaus seine Glanzperiode<lb/> hatte. Der König und die Häuptlinge regierten die gemeine Heerde mit<lb/> eiserner Ruthe, ließen sie allen Mundvorrath sammeln, den sie bedurften,<lb/> alle Häuser und Tempel bauen, alle und jede Kosten tragen, Püffe und Fu߬<lb/> tritte als Dank hinnehmen, ein dicht mit Elend gespieltes Leben hinschleppen<lb/> und dann wegen Kleinigkeiten den Tod erleiden oder ihr Leben auf den<lb/> Opferaltären aushauchen, um dafür Gunstbezeugungen vor den Göttern für<lb/> ihre harten Gebieter zu erkaufen. Die Missionäre haben sie gekleidet, erzogen,<lb/> die tyrannische Macht der Häuptlinge gebrochen und ihnen Freiheit und das<lb/> Recht gegeben, zu genießen, was immer ihre Hand und Hirn erzeugen, mit<lb/> gleichen Gesetzen für Alle und ebenso mit Strafe für alle, die sie übertreten.<lb/> Der Contrast ist so stark, die Wohlthat, die diesem Volke von den Missionären er¬<lb/> wiesen worden ist, so hervorragend, so greifbar und so unbezweifelbar, daß ich ihnen<lb/> kein aufrichtigeres und besseres Compliment machen kann, als wenn ich ein¬<lb/> fach auf die Lage der Jnselbewohner zu Capitaw Cook's Zeit und auf ihren<lb/> heutigen Zustand hinweise. Ihr Werk spricht für sich selbst.</p><lb/> <p xml:id="ID_188" next="#ID_189"> Nach einigem Klettern einen zerklüfteten Abhang hinauf, hielten wir auf<lb/> dem Gipfel eines Hügels, von dem man eine weitreichende Aussicht hatte.<lb/> Der Mond ging auf und überströmte Berg und Thal und Meer mit sanf¬<lb/> tem Glänze, und aus dem Schatten der Ferne flimmerten die Lichter von<lb/> Honolulu wie ein Lager von Feuerfliegen. Die Luft war schwer voll vom<lb/> Dust der Blumen. Der Halt war kurz. Unter fröhlichem Gespräch und Ge¬<lb/> lächter galloppirte die Gesellschaft weiter, und ich hielt mich an den Sattel¬<lb/> knopf und trottelte hinterdrein. Bald kamen wir an eine Stelle, wo kein<lb/> Gras wuchs, eine weite Fläche mit tiefem Sand. Man sagt, es sein altes<lb/> Schlachtfeld. Allenthalben rundum, nicht drei Fuß von einander, glänzten<lb/> die gebleichten Knochen von Menschen im Mondlicht. Wir lasen eine Menge<lb/> davon als Andenken auf. Ich nahm mir eine Anzahl Arm- und Beinknochen<lb/> — vielleicht von großen Häuptlingen, die grimmig gefochten in jener großen<lb/> Schlacht von ehedem, wo das Blut da, wo ich jetzt stand, wie rother Wein</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0071]
heuer angestrahlten Gesichtern aus der Dunkelheit vorwärtsdringen, von dem
Hintergrunde gespenstiger Bäume, von der düstern Pyramide des Diamond
Head, die bei dem unheimlichen Schauspiel Wache hält, und von dem frie¬
denvollen Monde, der durch zerrissne Wolkenschichten auf sie herabblickt!
Als Kamehameha der Große — der eine Art Napoleon an militärischem
Genie und unwandelbaren Erfolg war—vor circa achtzig Jahren diese Insel Oahu
mit Krieg überzog und das ihm entgegengesandte Heer vernichtete und zu¬
letzt das Land ganz und voll in seine Gewalt bekam, suchte er den todten
Körper des Königs von Oahu und die der vornehmsten Häuptlinge heraus
und steckte ihre Köpfe auf Pfähle auf den Mauern dieses Tempels.
Es waren wilde Zeiten, als dieses alte Schlachthaus seine Glanzperiode
hatte. Der König und die Häuptlinge regierten die gemeine Heerde mit
eiserner Ruthe, ließen sie allen Mundvorrath sammeln, den sie bedurften,
alle Häuser und Tempel bauen, alle und jede Kosten tragen, Püffe und Fu߬
tritte als Dank hinnehmen, ein dicht mit Elend gespieltes Leben hinschleppen
und dann wegen Kleinigkeiten den Tod erleiden oder ihr Leben auf den
Opferaltären aushauchen, um dafür Gunstbezeugungen vor den Göttern für
ihre harten Gebieter zu erkaufen. Die Missionäre haben sie gekleidet, erzogen,
die tyrannische Macht der Häuptlinge gebrochen und ihnen Freiheit und das
Recht gegeben, zu genießen, was immer ihre Hand und Hirn erzeugen, mit
gleichen Gesetzen für Alle und ebenso mit Strafe für alle, die sie übertreten.
Der Contrast ist so stark, die Wohlthat, die diesem Volke von den Missionären er¬
wiesen worden ist, so hervorragend, so greifbar und so unbezweifelbar, daß ich ihnen
kein aufrichtigeres und besseres Compliment machen kann, als wenn ich ein¬
fach auf die Lage der Jnselbewohner zu Capitaw Cook's Zeit und auf ihren
heutigen Zustand hinweise. Ihr Werk spricht für sich selbst.
Nach einigem Klettern einen zerklüfteten Abhang hinauf, hielten wir auf
dem Gipfel eines Hügels, von dem man eine weitreichende Aussicht hatte.
Der Mond ging auf und überströmte Berg und Thal und Meer mit sanf¬
tem Glänze, und aus dem Schatten der Ferne flimmerten die Lichter von
Honolulu wie ein Lager von Feuerfliegen. Die Luft war schwer voll vom
Dust der Blumen. Der Halt war kurz. Unter fröhlichem Gespräch und Ge¬
lächter galloppirte die Gesellschaft weiter, und ich hielt mich an den Sattel¬
knopf und trottelte hinterdrein. Bald kamen wir an eine Stelle, wo kein
Gras wuchs, eine weite Fläche mit tiefem Sand. Man sagt, es sein altes
Schlachtfeld. Allenthalben rundum, nicht drei Fuß von einander, glänzten
die gebleichten Knochen von Menschen im Mondlicht. Wir lasen eine Menge
davon als Andenken auf. Ich nahm mir eine Anzahl Arm- und Beinknochen
— vielleicht von großen Häuptlingen, die grimmig gefochten in jener großen
Schlacht von ehedem, wo das Blut da, wo ich jetzt stand, wie rother Wein
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