Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.Landes. Was endlich die seit Wilhelm's II. Tode zum Hausschatz gehörenden Würden hiernach die hessischen Agnaten das Nachsehen haben, so dürfte der Auf alle Fälle empfiehlt sich, daß die preußische Staatsregierung die Bil¬ Dr. Karl Wippermann. ") Während des Drucks verbreiten die "Hess. Bl." die Nachricht von einem zwischen der
preußischen Negierung und dem Landgrafen Friedrich von Hessen getroffenen Abkommen. Nach dem bisherigen Verhalten der übrigen Hess. Ngnaten ist kaum annehmen, daß dieselben sich hiermit einverstanden erklären werden. Jedenfalls dürste es aber an der Zeit sein, daß sich nun die Vertreter der Interessen des Hess. Landes rühren. Landes. Was endlich die seit Wilhelm's II. Tode zum Hausschatz gehörenden Würden hiernach die hessischen Agnaten das Nachsehen haben, so dürfte der Auf alle Fälle empfiehlt sich, daß die preußische Staatsregierung die Bil¬ Dr. Karl Wippermann. ") Während des Drucks verbreiten die „Hess. Bl." die Nachricht von einem zwischen der
preußischen Negierung und dem Landgrafen Friedrich von Hessen getroffenen Abkommen. Nach dem bisherigen Verhalten der übrigen Hess. Ngnaten ist kaum annehmen, daß dieselben sich hiermit einverstanden erklären werden. Jedenfalls dürste es aber an der Zeit sein, daß sich nun die Vertreter der Interessen des Hess. Landes rühren. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0502" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193305"/> <p xml:id="ID_1651" prev="#ID_1650"> Landes. Was endlich die seit Wilhelm's II. Tode zum Hausschatz gehörenden<lb/> Mill. Gib. betrifft, so spricht auch der obige Grund ihrer Überlassung an<lb/> letzteren für die hier vertretene Auffassung. Die übrigen Theile des Ftdei-<lb/> commisses würden ebenfalls als zum früheren Staatsschatze gehörig erscheinen,<lb/> doch dürfte es billig sein, der Stadt Kassel die dortige Karlsaue zurückzu¬<lb/> geben, für deren Hingabe sie einst die jetzt aufgehobene Einquartirungsfreiheit<lb/> erlangte. Man wird sich übrigens nicht einbilden dürfen, daß der preuß.<lb/> Fiscus ganz leer auszugehen gedenke. Wie er einst vom hessischen Staats¬<lb/> schatze etwas abzuziehen verstand, so wird er hier ähnlich zu verfahren geneigt<lb/> sein. Für ihn bliebe der nicht zum Hausschatz gehörende Theil des Fidei-<lb/> commisses, also die Schlösser, das Museum, die Gemäldegallerie u. s. w.</p><lb/> <p xml:id="ID_1652"> Würden hiernach die hessischen Agnaten das Nachsehen haben, so dürfte der<lb/> preußische Staat sich dadurch wahrscheinlich noch mehr angetrieben fühlen,<lb/> denselben eine Abfindungssumme, zu der er freilich nicht die geringste Ver¬<lb/> pflichtung hat, für ihre Thronfolgerechte zu Theil werden zu lassen- Die<lb/> Höhe müßte sich richten nach dem Verhältniß der den Dynastieen von Han¬<lb/> nover und Nassau zu Theil gewordenen Abfindungen. Auch müßte die ganze<lb/> Abfindungssumme den Agnaten überlassen werden, nachdem der Kurfürst eine<lb/> solche, wenigstens als Capital, nicht erhielt. Am geeignetsten hierzu würde<lb/> sich, außer einigen kleinen Schlössern, wie zu Wabern, Hofgeismar, Schön¬<lb/> feld u. f. w., diejenige Hälfte des Hausschatzes darstellen, welche als Cha-<lb/> toullegelder des jedesmaligen Regenten bestimmt war und deren Einkünfte<lb/> etwa 146.000 Thlr. betragen. Die hessischen Communalstände würden auch<lb/> gegen diesen Theil des Gesammtabkommens schwerlich etwas einzuwenden<lb/> haben. Auf diese Art wäre dann auch eine Theilung unter die verschiedenen<lb/> Agnaten ermöglicht, während die Ueberlassung des Fideicommisses als solchen<lb/> doch nur an den jeweilig Berechtigten geschehen könnte, womit die Streitig¬<lb/> keiten noch nicht beendet wären.</p><lb/> <p xml:id="ID_1653"> Auf alle Fälle empfiehlt sich, daß die preußische Staatsregierung die Bil¬<lb/> dung einer Commission veranlaßt, bestehend aus Bevollmächtigten der Ag¬<lb/> naten (einschließlich des Kurfürsten), des Staates, des communalständischen<lb/> Verbandes des Reg.-Bezirks Kassel und der Stadt Kassel zum Zweck einer<lb/> Auseinandersetzung. Ein gerichtliches Erkenntniß dürfte auf einer oder meh¬<lb/> reren Seiten ernste oder störende Mißstimmung nachhaltig hervorrufen.*)</p><lb/> <note type="byline"> Dr. Karl Wippermann.</note><lb/> <note xml:id="FID_148" place="foot"> ") Während des Drucks verbreiten die „Hess. Bl." die Nachricht von einem zwischen der<lb/> preußischen Negierung und dem Landgrafen Friedrich von Hessen getroffenen Abkommen. Nach<lb/> dem bisherigen Verhalten der übrigen Hess. Ngnaten ist kaum annehmen, daß dieselben sich<lb/> hiermit einverstanden erklären werden. Jedenfalls dürste es aber an der Zeit sein, daß sich<lb/> nun die Vertreter der Interessen des Hess. Landes rühren.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0502]
Landes. Was endlich die seit Wilhelm's II. Tode zum Hausschatz gehörenden
Mill. Gib. betrifft, so spricht auch der obige Grund ihrer Überlassung an
letzteren für die hier vertretene Auffassung. Die übrigen Theile des Ftdei-
commisses würden ebenfalls als zum früheren Staatsschatze gehörig erscheinen,
doch dürfte es billig sein, der Stadt Kassel die dortige Karlsaue zurückzu¬
geben, für deren Hingabe sie einst die jetzt aufgehobene Einquartirungsfreiheit
erlangte. Man wird sich übrigens nicht einbilden dürfen, daß der preuß.
Fiscus ganz leer auszugehen gedenke. Wie er einst vom hessischen Staats¬
schatze etwas abzuziehen verstand, so wird er hier ähnlich zu verfahren geneigt
sein. Für ihn bliebe der nicht zum Hausschatz gehörende Theil des Fidei-
commisses, also die Schlösser, das Museum, die Gemäldegallerie u. s. w.
Würden hiernach die hessischen Agnaten das Nachsehen haben, so dürfte der
preußische Staat sich dadurch wahrscheinlich noch mehr angetrieben fühlen,
denselben eine Abfindungssumme, zu der er freilich nicht die geringste Ver¬
pflichtung hat, für ihre Thronfolgerechte zu Theil werden zu lassen- Die
Höhe müßte sich richten nach dem Verhältniß der den Dynastieen von Han¬
nover und Nassau zu Theil gewordenen Abfindungen. Auch müßte die ganze
Abfindungssumme den Agnaten überlassen werden, nachdem der Kurfürst eine
solche, wenigstens als Capital, nicht erhielt. Am geeignetsten hierzu würde
sich, außer einigen kleinen Schlössern, wie zu Wabern, Hofgeismar, Schön¬
feld u. f. w., diejenige Hälfte des Hausschatzes darstellen, welche als Cha-
toullegelder des jedesmaligen Regenten bestimmt war und deren Einkünfte
etwa 146.000 Thlr. betragen. Die hessischen Communalstände würden auch
gegen diesen Theil des Gesammtabkommens schwerlich etwas einzuwenden
haben. Auf diese Art wäre dann auch eine Theilung unter die verschiedenen
Agnaten ermöglicht, während die Ueberlassung des Fideicommisses als solchen
doch nur an den jeweilig Berechtigten geschehen könnte, womit die Streitig¬
keiten noch nicht beendet wären.
Auf alle Fälle empfiehlt sich, daß die preußische Staatsregierung die Bil¬
dung einer Commission veranlaßt, bestehend aus Bevollmächtigten der Ag¬
naten (einschließlich des Kurfürsten), des Staates, des communalständischen
Verbandes des Reg.-Bezirks Kassel und der Stadt Kassel zum Zweck einer
Auseinandersetzung. Ein gerichtliches Erkenntniß dürfte auf einer oder meh¬
reren Seiten ernste oder störende Mißstimmung nachhaltig hervorrufen.*)
Dr. Karl Wippermann.
") Während des Drucks verbreiten die „Hess. Bl." die Nachricht von einem zwischen der
preußischen Negierung und dem Landgrafen Friedrich von Hessen getroffenen Abkommen. Nach
dem bisherigen Verhalten der übrigen Hess. Ngnaten ist kaum annehmen, daß dieselben sich
hiermit einverstanden erklären werden. Jedenfalls dürste es aber an der Zeit sein, daß sich
nun die Vertreter der Interessen des Hess. Landes rühren.
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