Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.1866 die Bestimmung, daß die Verfertiger oder Verkäufer, welche zur Zeit Daß diese unsere Befürchtung nicht ohne practischen Anhalt sei, zeigt der Desgleichen sagt dieselbe Kammer in ihrer Statistik der Volkswirthschaft Die erwähnte Petition deutscher Silberschmiede hat nun vorgeschlagen, 1866 die Bestimmung, daß die Verfertiger oder Verkäufer, welche zur Zeit Daß diese unsere Befürchtung nicht ohne practischen Anhalt sei, zeigt der Desgleichen sagt dieselbe Kammer in ihrer Statistik der Volkswirthschaft Die erwähnte Petition deutscher Silberschmiede hat nun vorgeschlagen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0349" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193152"/> <p xml:id="ID_1196" prev="#ID_1195"> 1866 die Bestimmung, daß die Verfertiger oder Verkäufer, welche zur Zeit<lb/> der Einführung desselben nicht punzirte Gold- oder Silberwaaren besähon,<lb/> diese binnen Jahresfrist nach dem Eintritts der Wirksamkeit des Gesetzes<lb/> amtlich prüfen lassen mußten. Der Punzirungsstempel besagte aber in diesen<lb/> Fällen nur, daß die Waare zu mehr als V-, ihres Gesammtgewichtes aus<lb/> edlem Metalle bestehe. Eine theilweise Entwerthung dieser Waaren mußte<lb/> mithin auch hier eintreten. Ganz besonders zeigen sich die Nachtheile des<lb/> Legirungszwanges beim Ausfuhrhandel. Diese Art des Handels, welche die<lb/> verschiedenartigsten Völker und Gegenden versorgt, muß auch den unterschie-<lb/> densten Anforderungen gerecht zu werden suchen. Leichteste Beweglichkeit der<lb/> Produktion, welche es ermöglicht, den Veränderungen des Geschmackes un¬<lb/> mittelbar nachzufolgen, ist daher für den Ausfuhrhandel ein besonders dringen¬<lb/> des Bedürfniß. Hier muß jede Schranke, welche die Produktionsweise vor¬<lb/> schreibt, als ein Hinderniß des Absatzes erscheinen; denn eine Vorschrift, welche<lb/> den derzeitigen Bedürfnissen einer mitteleuropäischen Nation entspricht, kann<lb/> ja den Anforderungen fremder Völker schnurstracks entgegenstehen. Hier<lb/> einen „mittleren Durchschnitt" nach Art der Statistik z^hen zu wollen, würde<lb/> ein unnützes Bemühen und hinsichtlich der erstrebten Wirkungen eine Selbst¬<lb/> täuschung sein; denn dieser Durchschnitt würde unter Umständen der Wirk¬<lb/> lichkeit keines einzigen Landes entsprechen und eine ebensolche wissenschaftliche<lb/> Abstraction sein, wie der „Durchschnittsmensch" der Statistiker, jener theoreti¬<lb/> sche uvmuvenlus, der 3"/„o Anlage zum Selbstmorde. S°/gg zum Diebstahl,<lb/> 2°/vo Zum Morde u. s. w. hat, dabei aber doch ein grundehrlicher Mensch<lb/> sein kann.</p><lb/> <quote> Daß diese unsere Befürchtung nicht ohne practischen Anhalt sei, zeigt der<lb/> Bericht der Wiener Handels- und Gewerbekammer von 1867, in welchem der<lb/> Wunsch ausgesprochen ist, „es möchte für die Zukunft möglich gemacht wer¬<lb/> den, daß über Anmeldung für das Ausland in beliebigen Feinge¬<lb/> halten gearbeitet werde."</quote><lb/> <p xml:id="ID_1197"> Desgleichen sagt dieselbe Kammer in ihrer Statistik der Volkswirthschaft<lb/> in Niederösterreich 18os—1866 „was die Silberwaaren betrifft, so muß Wien<lb/> wohl im Ganzen gegen ausländische Plätze zurückstehen, da durch<lb/> den Punzirungszwcmg und durch die Nothwendigkeit, Pah an den bestimmten<lb/> Feingehalt zu binden, die Concurrenz erschwert wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1198"> Die erwähnte Petition deutscher Silberschmiede hat nun vorgeschlagen,<lb/> daß die Anfertigung oder Einfuhr von Silberarbeiten unter ^°°/iooo Feinge¬<lb/> halt für die Zukunft gesetzlich untersagt werden solle. Wenn von Seiten be-<lb/> theiligter Producenten selbst eine derartige Beschränkung der Production em¬<lb/> pfohlen wird, so verdient dieselbe jedenfalls die genaueste Erwägung, sei es<lb/> auch, daß den Petenten eine Majorität anders denkender Fachgenossen gegen¬<lb/> über stünde.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0349]
1866 die Bestimmung, daß die Verfertiger oder Verkäufer, welche zur Zeit
der Einführung desselben nicht punzirte Gold- oder Silberwaaren besähon,
diese binnen Jahresfrist nach dem Eintritts der Wirksamkeit des Gesetzes
amtlich prüfen lassen mußten. Der Punzirungsstempel besagte aber in diesen
Fällen nur, daß die Waare zu mehr als V-, ihres Gesammtgewichtes aus
edlem Metalle bestehe. Eine theilweise Entwerthung dieser Waaren mußte
mithin auch hier eintreten. Ganz besonders zeigen sich die Nachtheile des
Legirungszwanges beim Ausfuhrhandel. Diese Art des Handels, welche die
verschiedenartigsten Völker und Gegenden versorgt, muß auch den unterschie-
densten Anforderungen gerecht zu werden suchen. Leichteste Beweglichkeit der
Produktion, welche es ermöglicht, den Veränderungen des Geschmackes un¬
mittelbar nachzufolgen, ist daher für den Ausfuhrhandel ein besonders dringen¬
des Bedürfniß. Hier muß jede Schranke, welche die Produktionsweise vor¬
schreibt, als ein Hinderniß des Absatzes erscheinen; denn eine Vorschrift, welche
den derzeitigen Bedürfnissen einer mitteleuropäischen Nation entspricht, kann
ja den Anforderungen fremder Völker schnurstracks entgegenstehen. Hier
einen „mittleren Durchschnitt" nach Art der Statistik z^hen zu wollen, würde
ein unnützes Bemühen und hinsichtlich der erstrebten Wirkungen eine Selbst¬
täuschung sein; denn dieser Durchschnitt würde unter Umständen der Wirk¬
lichkeit keines einzigen Landes entsprechen und eine ebensolche wissenschaftliche
Abstraction sein, wie der „Durchschnittsmensch" der Statistiker, jener theoreti¬
sche uvmuvenlus, der 3"/„o Anlage zum Selbstmorde. S°/gg zum Diebstahl,
2°/vo Zum Morde u. s. w. hat, dabei aber doch ein grundehrlicher Mensch
sein kann.
Daß diese unsere Befürchtung nicht ohne practischen Anhalt sei, zeigt der
Bericht der Wiener Handels- und Gewerbekammer von 1867, in welchem der
Wunsch ausgesprochen ist, „es möchte für die Zukunft möglich gemacht wer¬
den, daß über Anmeldung für das Ausland in beliebigen Feinge¬
halten gearbeitet werde."
Desgleichen sagt dieselbe Kammer in ihrer Statistik der Volkswirthschaft
in Niederösterreich 18os—1866 „was die Silberwaaren betrifft, so muß Wien
wohl im Ganzen gegen ausländische Plätze zurückstehen, da durch
den Punzirungszwcmg und durch die Nothwendigkeit, Pah an den bestimmten
Feingehalt zu binden, die Concurrenz erschwert wird.
Die erwähnte Petition deutscher Silberschmiede hat nun vorgeschlagen,
daß die Anfertigung oder Einfuhr von Silberarbeiten unter ^°°/iooo Feinge¬
halt für die Zukunft gesetzlich untersagt werden solle. Wenn von Seiten be-
theiligter Producenten selbst eine derartige Beschränkung der Production em¬
pfohlen wird, so verdient dieselbe jedenfalls die genaueste Erwägung, sei es
auch, daß den Petenten eine Majorität anders denkender Fachgenossen gegen¬
über stünde.
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