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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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Für jenen Silber-Minimal-Feingehalt wird nun angeführt:

") Es sei nothwendig, eine Einheit der Silberlegirung im deutschen
Reiche und womöglich auch im interrnationalen Verkehre herbeizuführen.
"Der Gehalt von 0,8<>o schließe sich aber den in Oesterreich, Belgien, Italien
und der Schweiz hierüber bestehenden Gesetzesvorschriften an und entspreche
nahezu dem in Süd- und Westdeutschland jetzt bestehenden IZlöthigen Ge¬
halte, verändere also hier kaum den Werth des Arbeitssilbers, während er
den im übrigen Deutschland bestehenden 12- und IZlöthigen Gehalt allerdings
um etwa 9 beziehentlich 17 Procent, also auch nicht zu bedeutend, erhöhe." --
Es ist nun hier vollständig zuzugeben, daß die nationale, beziehentlich
die internationale Einheit der Silberlegirung auf die Freunde einfacher und
glatter Verhältnisse einen gewissen Reiz ausübt, ähnlich, wie der practische
Amerikaner sich über die geraden Straßen, die Gleichheit der in ihnen stehen¬
den Häuser, oder wie der Forstmann sich über die in regelmäßigen Reihen
aufgepflanzten Bäume seines neuzeitlich eingerichteten Waldes freut, die es
einem durchhuschenden Diebe schwer machen, sich darin zu verbergen. Wir
geben auch zu, daß eine solche Einheitlichkeit für den Silberarbeiter, der oft
in der Lage ist, Bruchsilber und gebrauchte Silberwaaren anzukaufen, hin¬
sichtlich der Feingehaltsprüfung eine erhebliche Erleichterung bewirkt. Andere
Vortheile vermögen wir aber in dieser Einrichtung schlechterdings nicht zu er¬
blicken. Denn wenn es im Interesse des Publikums wäre, überall nur einen
bestimmten Silberfeingehalt zu haben, so würde dieser Umstand nach einem
der elementarsten Gesetze der VoMwirthschaft von selbst dahin führen, diesen
Gehalt thatsächlich zu dem ausschließlichen zu machen. Ergiebt sich aber der
Zustand, den die Petenten durch gesetzliche Vorschrift anbefehlen lassen wollen
nicht schon von selbst, so kann er eben nur durch eine Beugung der natür¬
lichen Verhältnisse herbeigeführt werden und steht deßhalb in Widerspruch
mit den berechtigten Forderungen der Verkehrsfretheit. Sehr zahlreichen
Klossen der Bevölkerung würde der IZlöthige Silbergehalt in der That zu
theuer sein. Seine Monopolisirung würde deßhalb, indem sie den Silber-
consum beschränkte, nicht blos dem Publikum eine Einschränkung seines Ver¬
brauches, sondern auch den Silberarbeitern -- und namentlich denen, welche
für den Massenabsatz arbeiten -- eine Schädigung ihres Gewerbes ver¬
ursachen.

/S) Weiter, sagen die Petenten, würde die Legirungsfreiheit infolge von
Gewöhnung und niedrigen Preisen zur Beibehaltung der jetzigen geringen Ge¬
halte, ja sogar zur Verringerung derselben führen, soweit dies die Natur des
Silbers nur immer gestatte. Dem gewöhnlichen Käufer aber fehlten alle
Mittel, selbst eine sehr geringe Gehaltstufe zu erkennen, sei es sofort oder bei
einem zeitweiligen Gebrauche des gekauften Gegenstandes. Wenn man auch


Für jenen Silber-Minimal-Feingehalt wird nun angeführt:

«) Es sei nothwendig, eine Einheit der Silberlegirung im deutschen
Reiche und womöglich auch im interrnationalen Verkehre herbeizuführen.
„Der Gehalt von 0,8<>o schließe sich aber den in Oesterreich, Belgien, Italien
und der Schweiz hierüber bestehenden Gesetzesvorschriften an und entspreche
nahezu dem in Süd- und Westdeutschland jetzt bestehenden IZlöthigen Ge¬
halte, verändere also hier kaum den Werth des Arbeitssilbers, während er
den im übrigen Deutschland bestehenden 12- und IZlöthigen Gehalt allerdings
um etwa 9 beziehentlich 17 Procent, also auch nicht zu bedeutend, erhöhe." —
Es ist nun hier vollständig zuzugeben, daß die nationale, beziehentlich
die internationale Einheit der Silberlegirung auf die Freunde einfacher und
glatter Verhältnisse einen gewissen Reiz ausübt, ähnlich, wie der practische
Amerikaner sich über die geraden Straßen, die Gleichheit der in ihnen stehen¬
den Häuser, oder wie der Forstmann sich über die in regelmäßigen Reihen
aufgepflanzten Bäume seines neuzeitlich eingerichteten Waldes freut, die es
einem durchhuschenden Diebe schwer machen, sich darin zu verbergen. Wir
geben auch zu, daß eine solche Einheitlichkeit für den Silberarbeiter, der oft
in der Lage ist, Bruchsilber und gebrauchte Silberwaaren anzukaufen, hin¬
sichtlich der Feingehaltsprüfung eine erhebliche Erleichterung bewirkt. Andere
Vortheile vermögen wir aber in dieser Einrichtung schlechterdings nicht zu er¬
blicken. Denn wenn es im Interesse des Publikums wäre, überall nur einen
bestimmten Silberfeingehalt zu haben, so würde dieser Umstand nach einem
der elementarsten Gesetze der VoMwirthschaft von selbst dahin führen, diesen
Gehalt thatsächlich zu dem ausschließlichen zu machen. Ergiebt sich aber der
Zustand, den die Petenten durch gesetzliche Vorschrift anbefehlen lassen wollen
nicht schon von selbst, so kann er eben nur durch eine Beugung der natür¬
lichen Verhältnisse herbeigeführt werden und steht deßhalb in Widerspruch
mit den berechtigten Forderungen der Verkehrsfretheit. Sehr zahlreichen
Klossen der Bevölkerung würde der IZlöthige Silbergehalt in der That zu
theuer sein. Seine Monopolisirung würde deßhalb, indem sie den Silber-
consum beschränkte, nicht blos dem Publikum eine Einschränkung seines Ver¬
brauches, sondern auch den Silberarbeitern — und namentlich denen, welche
für den Massenabsatz arbeiten — eine Schädigung ihres Gewerbes ver¬
ursachen.

/S) Weiter, sagen die Petenten, würde die Legirungsfreiheit infolge von
Gewöhnung und niedrigen Preisen zur Beibehaltung der jetzigen geringen Ge¬
halte, ja sogar zur Verringerung derselben führen, soweit dies die Natur des
Silbers nur immer gestatte. Dem gewöhnlichen Käufer aber fehlten alle
Mittel, selbst eine sehr geringe Gehaltstufe zu erkennen, sei es sofort oder bei
einem zeitweiligen Gebrauche des gekauften Gegenstandes. Wenn man auch


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[0350] Für jenen Silber-Minimal-Feingehalt wird nun angeführt: «) Es sei nothwendig, eine Einheit der Silberlegirung im deutschen Reiche und womöglich auch im interrnationalen Verkehre herbeizuführen. „Der Gehalt von 0,8<>o schließe sich aber den in Oesterreich, Belgien, Italien und der Schweiz hierüber bestehenden Gesetzesvorschriften an und entspreche nahezu dem in Süd- und Westdeutschland jetzt bestehenden IZlöthigen Ge¬ halte, verändere also hier kaum den Werth des Arbeitssilbers, während er den im übrigen Deutschland bestehenden 12- und IZlöthigen Gehalt allerdings um etwa 9 beziehentlich 17 Procent, also auch nicht zu bedeutend, erhöhe." — Es ist nun hier vollständig zuzugeben, daß die nationale, beziehentlich die internationale Einheit der Silberlegirung auf die Freunde einfacher und glatter Verhältnisse einen gewissen Reiz ausübt, ähnlich, wie der practische Amerikaner sich über die geraden Straßen, die Gleichheit der in ihnen stehen¬ den Häuser, oder wie der Forstmann sich über die in regelmäßigen Reihen aufgepflanzten Bäume seines neuzeitlich eingerichteten Waldes freut, die es einem durchhuschenden Diebe schwer machen, sich darin zu verbergen. Wir geben auch zu, daß eine solche Einheitlichkeit für den Silberarbeiter, der oft in der Lage ist, Bruchsilber und gebrauchte Silberwaaren anzukaufen, hin¬ sichtlich der Feingehaltsprüfung eine erhebliche Erleichterung bewirkt. Andere Vortheile vermögen wir aber in dieser Einrichtung schlechterdings nicht zu er¬ blicken. Denn wenn es im Interesse des Publikums wäre, überall nur einen bestimmten Silberfeingehalt zu haben, so würde dieser Umstand nach einem der elementarsten Gesetze der VoMwirthschaft von selbst dahin führen, diesen Gehalt thatsächlich zu dem ausschließlichen zu machen. Ergiebt sich aber der Zustand, den die Petenten durch gesetzliche Vorschrift anbefehlen lassen wollen nicht schon von selbst, so kann er eben nur durch eine Beugung der natür¬ lichen Verhältnisse herbeigeführt werden und steht deßhalb in Widerspruch mit den berechtigten Forderungen der Verkehrsfretheit. Sehr zahlreichen Klossen der Bevölkerung würde der IZlöthige Silbergehalt in der That zu theuer sein. Seine Monopolisirung würde deßhalb, indem sie den Silber- consum beschränkte, nicht blos dem Publikum eine Einschränkung seines Ver¬ brauches, sondern auch den Silberarbeitern — und namentlich denen, welche für den Massenabsatz arbeiten — eine Schädigung ihres Gewerbes ver¬ ursachen. /S) Weiter, sagen die Petenten, würde die Legirungsfreiheit infolge von Gewöhnung und niedrigen Preisen zur Beibehaltung der jetzigen geringen Ge¬ halte, ja sogar zur Verringerung derselben führen, soweit dies die Natur des Silbers nur immer gestatte. Dem gewöhnlichen Käufer aber fehlten alle Mittel, selbst eine sehr geringe Gehaltstufe zu erkennen, sei es sofort oder bei einem zeitweiligen Gebrauche des gekauften Gegenstandes. Wenn man auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/350>, abgerufen am 06.02.2025.