Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.des schwächlichen Verhaltens vom Publikum zuweilen auf die ganze liberale In der Absicht, den Verfafsungssreunden das gewonnene Spiel durch Wie bis dahin die Richtung und die Rathschläge Oetker's durch den des schwächlichen Verhaltens vom Publikum zuweilen auf die ganze liberale In der Absicht, den Verfafsungssreunden das gewonnene Spiel durch Wie bis dahin die Richtung und die Rathschläge Oetker's durch den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0182" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192985"/> <p xml:id="ID_556" prev="#ID_555"> des schwächlichen Verhaltens vom Publikum zuweilen auf die ganze liberale<lb/> Seite der Kammer erstreckt wurde, was nicht unerheblich zur Verwirrung der<lb/> Parteiverhältnisse in Hessen beitrug.</p><lb/> <p xml:id="ID_557"> In der Absicht, den Verfafsungssreunden das gewonnene Spiel durch<lb/> die Ausführung zu verderben, war der kaum berufene Landtag vom Herbst<lb/> 1862 wieder vertagt, infolge von Preußens Drohung aber im December 1862<lb/> wieder berufen. Die Negierung trat demselben mit Erhebung eines princv<lb/> pickten Streites über die Vergangenheit entgegen. Die Stände schoben den¬<lb/> selben vorsichtig und klug bei Seite, wofür ihnen Bismarck eine offene Alter<lb/> kennung zu Theil werden ließ. Daß dieses Verfahren aber nicht allezeit am<lb/> Platze war, mußte zur Genugthuung der Oetker'schen Seite die Mehrheit der<lb/> Stände in den nächsten Jahren bitter erfahren, als all ihr Versöhnungseifer<lb/> zuletzt an des Landesherrn unvergleichlichen sinke scheiterte. Da hatte<lb/> Oetker z. B. im November 1864 Heißsporne zu mäßigen und pomphaft ange¬<lb/> kündigte Kraftentschlüsse in der (übrigens zuerst von adliger Seite angeregten)<lb/> Regentschaftsfrage oder wider die Person des Fürsten als unzeitig zu hinter¬<lb/> treiben. Der Verlauf der Dinge bestätigte dies und der Extra-Ausschuß der<lb/> Stände zur Ausfindigmachung der Mittel, wie der allgemeinen Stagnation<lb/> ein Ende zu machen sei, wagte sich aus der geheimnißvollen Zurückgezogen-<lb/> heit, in die er sich in Aufsehen erregender Weise begeben hatte, nur schüch¬<lb/> tern und verstohlen mit der kleinen Maus wieder heraus, die er geboren,<lb/> einer Adresse an den Landesherrn selbst, mit der er dann einfach abgetrumpft<lb/> wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_558" next="#ID_559"> Wie bis dahin die Richtung und die Rathschläge Oetker's durch den<lb/> Gang der Ereignisse sich als die richtigsten herausgestellt hatten, so war es<lb/> auch der Fall, als die Geschicke von 1866 über Kurhessen dahinzogen. Nie«<lb/> mand war wohl weiter als er davon entfernt, an einer Schablone für die<lb/> Losung der deutschen Frage festzuhalten, wohl niemand konnte weniger par-<lb/> tikularistisch gesinnt sein; hatte er doch seit 185'» als eigentlicher Vertreter<lb/> Hessens bei den Entscheidungen des Nationalvereins-Ausschusses, der Abge¬<lb/> ordnetentage u. f. w. mitgewirkt und die deutsche Sache immer obenan<lb/> gestellt; wenn er aber nun gegen Preußens erste Behandlung Hessens auf¬<lb/> trat, so geschah es, weil er klarer als die Herren Grafen zur Lippe, v. d.<lb/> Heydt u. s. w. die Bedeutung zu schätzen wußte, welche die Belassung einer<lb/> gewissen Selbstständigkeit Hessens nicht blos für dieses, sondern auch für eine<lb/> ersprießliche Entwicklung der deutschen Verhältnisse haben würde. Er strebte<lb/> die möglichste Erhaltung der Verfassungsrechte des Volkes an und behufs<lb/> Vermeidung allzugroßer Härten und Ungerechtigkeiten einen mehr allmähligen<lb/> Uebergang in die preußischen Einrichtungen. Daher trat er, unter Tadel<lb/> des höchst widerspruchsvollen Verhaltens der obersten preußischen Beamten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0182]
des schwächlichen Verhaltens vom Publikum zuweilen auf die ganze liberale
Seite der Kammer erstreckt wurde, was nicht unerheblich zur Verwirrung der
Parteiverhältnisse in Hessen beitrug.
In der Absicht, den Verfafsungssreunden das gewonnene Spiel durch
die Ausführung zu verderben, war der kaum berufene Landtag vom Herbst
1862 wieder vertagt, infolge von Preußens Drohung aber im December 1862
wieder berufen. Die Negierung trat demselben mit Erhebung eines princv
pickten Streites über die Vergangenheit entgegen. Die Stände schoben den¬
selben vorsichtig und klug bei Seite, wofür ihnen Bismarck eine offene Alter
kennung zu Theil werden ließ. Daß dieses Verfahren aber nicht allezeit am
Platze war, mußte zur Genugthuung der Oetker'schen Seite die Mehrheit der
Stände in den nächsten Jahren bitter erfahren, als all ihr Versöhnungseifer
zuletzt an des Landesherrn unvergleichlichen sinke scheiterte. Da hatte
Oetker z. B. im November 1864 Heißsporne zu mäßigen und pomphaft ange¬
kündigte Kraftentschlüsse in der (übrigens zuerst von adliger Seite angeregten)
Regentschaftsfrage oder wider die Person des Fürsten als unzeitig zu hinter¬
treiben. Der Verlauf der Dinge bestätigte dies und der Extra-Ausschuß der
Stände zur Ausfindigmachung der Mittel, wie der allgemeinen Stagnation
ein Ende zu machen sei, wagte sich aus der geheimnißvollen Zurückgezogen-
heit, in die er sich in Aufsehen erregender Weise begeben hatte, nur schüch¬
tern und verstohlen mit der kleinen Maus wieder heraus, die er geboren,
einer Adresse an den Landesherrn selbst, mit der er dann einfach abgetrumpft
wurde.
Wie bis dahin die Richtung und die Rathschläge Oetker's durch den
Gang der Ereignisse sich als die richtigsten herausgestellt hatten, so war es
auch der Fall, als die Geschicke von 1866 über Kurhessen dahinzogen. Nie«
mand war wohl weiter als er davon entfernt, an einer Schablone für die
Losung der deutschen Frage festzuhalten, wohl niemand konnte weniger par-
tikularistisch gesinnt sein; hatte er doch seit 185'» als eigentlicher Vertreter
Hessens bei den Entscheidungen des Nationalvereins-Ausschusses, der Abge¬
ordnetentage u. f. w. mitgewirkt und die deutsche Sache immer obenan
gestellt; wenn er aber nun gegen Preußens erste Behandlung Hessens auf¬
trat, so geschah es, weil er klarer als die Herren Grafen zur Lippe, v. d.
Heydt u. s. w. die Bedeutung zu schätzen wußte, welche die Belassung einer
gewissen Selbstständigkeit Hessens nicht blos für dieses, sondern auch für eine
ersprießliche Entwicklung der deutschen Verhältnisse haben würde. Er strebte
die möglichste Erhaltung der Verfassungsrechte des Volkes an und behufs
Vermeidung allzugroßer Härten und Ungerechtigkeiten einen mehr allmähligen
Uebergang in die preußischen Einrichtungen. Daher trat er, unter Tadel
des höchst widerspruchsvollen Verhaltens der obersten preußischen Beamten
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