Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.Hessens, für die Beibehaltung der bisherigen, mit besonderen Rechten auf Seit Ende des Jahres 1867 Mitglied des Abgeordnetenhauses, zunächst Hessens, für die Beibehaltung der bisherigen, mit besonderen Rechten auf Seit Ende des Jahres 1867 Mitglied des Abgeordnetenhauses, zunächst <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0183" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192986"/> <p xml:id="ID_559" prev="#ID_558"> Hessens, für die Beibehaltung der bisherigen, mit besonderen Rechten auf<lb/> finanzielle Institute begabten hessischen Stände als besonderer Volksvertretung<lb/> auf, auf daß mit dieser die nur diesen Landestheil betreffenden Gesetze sowie<lb/> die für den großen Apparat der beiden Häuser des preußischen Landtages<lb/> allzu geringfügig erscheinenden Einrichtungen geregelt würden, worauf sie<lb/> dann allmählig in eine provinzielle Vertretung übergehen könnten; er hielt<lb/> es für eine Schädigung des deutschen Rechtsstaatslebens, wenn der ganze<lb/> öffentliche Rechtszustand Kurhesseus, soweit er Preußens Machtstellung nicht<lb/> beeinträchtigte, besonders die Gerichtseigenthümlichkeiten, der weitzurückstehen-<lb/> dcn preußischen Verfassung weichen sollten. Um dies zu erreichen, hatte er<lb/> bei Verhandlung der Annexionsfrage im preußischen Abgeordnetenhause<lb/> Löwe's Zusatzantrag gebilligt, vielleicht sogar veranlaßt, wonach während der<lb/> Dietaturzeit die bisherigen Vorschriften über die Rechtspflege und die Zustän¬<lb/> digkeit der Gerichte in Hessen bestehen bleiben sollten. Aber der übergroße<lb/> Eifer anderer hessischer Abgeordneten verdarb diesen Plan durch eine Erklärung<lb/> vom 3. September 1866, welche dieselben an das Abgeordnetenhaus rich¬<lb/> teten. Denn dieses schien durch beeilte Verschmelzung der neuen Landes¬<lb/> theile seine früheren Fehler in der deutschen Frage wieder gut machen zu<lb/> wollen, und nur die Mahnung an die Volksrechte hatte einige Aussicht , ein<lb/> bedächtigeres Verfahren hervorzurufen. Und da es nun hieß, die Hessen selbst<lb/> legten auf diese Rechte kein Gewicht, so wurde keine weitere Rücksicht genom¬<lb/> men. Oetker trat alsbald gegen dieses Verfahren auf, tadelte den Schritt<lb/> seiner College», bekämpfte die sogenannte Eroberungstheorie und wurde dafür<lb/> selbst vom angeseheneren Theile der altpreußischen Presse als Partikularist<lb/> verschrieen. Die Ereignisse bestätigten jedoch seine Voraussicht. Das Meer<lb/> von Verordnungen, mit welchen Graf Lippe, v. o. Heydt und Genossen im<lb/> Juli 1867 in wenig conservativer Weise viele der in der That berechtigten<lb/> Eigenthümlichkeiten Hessens über den Haufen warfen, ohne daß ein Nutzen<lb/> dieser Ueoereilung ersichtlich gewesen wäre oder je sich herausgestellt hätte,<lb/> steigerte den hohen Grad von Mißstimmung in Hessen, den zu zerstreuen<lb/> dann im August 1867 der König von Ems nach Kassel gekommen war und<lb/> die sich noch später bei den Wahlen zum Nachtheile der Urheber obiger Er¬<lb/> klärung zeigte.</p><lb/> <p xml:id="ID_560" next="#ID_561"> Seit Ende des Jahres 1867 Mitglied des Abgeordnetenhauses, zunächst<lb/> für den Bezirk Hofgeismar-Wolfhagen, war Oetker in Berlin für die Begrün¬<lb/> dung einer provinziellen Selbstständigkeit Hessens thätig; namentlich scheint ihm<lb/> und anderen berufenen hessischen Vertrauensmännern die Schaffung des com-<lb/> munalstä'ndischen Verbandes und die nicht unbedeutende Berechtigung von<lb/> dessen Vertretung verdankt werden zu müssen. Der minder liberale Theil<lb/> der deshalbigen Bestimmungen, besonders das ständische Princip in der Ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0183]
Hessens, für die Beibehaltung der bisherigen, mit besonderen Rechten auf
finanzielle Institute begabten hessischen Stände als besonderer Volksvertretung
auf, auf daß mit dieser die nur diesen Landestheil betreffenden Gesetze sowie
die für den großen Apparat der beiden Häuser des preußischen Landtages
allzu geringfügig erscheinenden Einrichtungen geregelt würden, worauf sie
dann allmählig in eine provinzielle Vertretung übergehen könnten; er hielt
es für eine Schädigung des deutschen Rechtsstaatslebens, wenn der ganze
öffentliche Rechtszustand Kurhesseus, soweit er Preußens Machtstellung nicht
beeinträchtigte, besonders die Gerichtseigenthümlichkeiten, der weitzurückstehen-
dcn preußischen Verfassung weichen sollten. Um dies zu erreichen, hatte er
bei Verhandlung der Annexionsfrage im preußischen Abgeordnetenhause
Löwe's Zusatzantrag gebilligt, vielleicht sogar veranlaßt, wonach während der
Dietaturzeit die bisherigen Vorschriften über die Rechtspflege und die Zustän¬
digkeit der Gerichte in Hessen bestehen bleiben sollten. Aber der übergroße
Eifer anderer hessischer Abgeordneten verdarb diesen Plan durch eine Erklärung
vom 3. September 1866, welche dieselben an das Abgeordnetenhaus rich¬
teten. Denn dieses schien durch beeilte Verschmelzung der neuen Landes¬
theile seine früheren Fehler in der deutschen Frage wieder gut machen zu
wollen, und nur die Mahnung an die Volksrechte hatte einige Aussicht , ein
bedächtigeres Verfahren hervorzurufen. Und da es nun hieß, die Hessen selbst
legten auf diese Rechte kein Gewicht, so wurde keine weitere Rücksicht genom¬
men. Oetker trat alsbald gegen dieses Verfahren auf, tadelte den Schritt
seiner College», bekämpfte die sogenannte Eroberungstheorie und wurde dafür
selbst vom angeseheneren Theile der altpreußischen Presse als Partikularist
verschrieen. Die Ereignisse bestätigten jedoch seine Voraussicht. Das Meer
von Verordnungen, mit welchen Graf Lippe, v. o. Heydt und Genossen im
Juli 1867 in wenig conservativer Weise viele der in der That berechtigten
Eigenthümlichkeiten Hessens über den Haufen warfen, ohne daß ein Nutzen
dieser Ueoereilung ersichtlich gewesen wäre oder je sich herausgestellt hätte,
steigerte den hohen Grad von Mißstimmung in Hessen, den zu zerstreuen
dann im August 1867 der König von Ems nach Kassel gekommen war und
die sich noch später bei den Wahlen zum Nachtheile der Urheber obiger Er¬
klärung zeigte.
Seit Ende des Jahres 1867 Mitglied des Abgeordnetenhauses, zunächst
für den Bezirk Hofgeismar-Wolfhagen, war Oetker in Berlin für die Begrün¬
dung einer provinziellen Selbstständigkeit Hessens thätig; namentlich scheint ihm
und anderen berufenen hessischen Vertrauensmännern die Schaffung des com-
munalstä'ndischen Verbandes und die nicht unbedeutende Berechtigung von
dessen Vertretung verdankt werden zu müssen. Der minder liberale Theil
der deshalbigen Bestimmungen, besonders das ständische Princip in der Ver-
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