Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.Nebelthau, Henkel, Ziegler, v. Schenk. Wiegand, v, Mschoffshausen, Mei- Leider muß dem geschilderten Mißverhältnisse ein Theil der Schuld bei¬ Nebelthau, Henkel, Ziegler, v. Schenk. Wiegand, v, Mschoffshausen, Mei- Leider muß dem geschilderten Mißverhältnisse ein Theil der Schuld bei¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0181" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192984"/> <p xml:id="ID_554" prev="#ID_553"> Nebelthau, Henkel, Ziegler, v. Schenk. Wiegand, v, Mschoffshausen, Mei-<lb/> gel, Harnier, Braun und Andere fast allezeit schnell dem Transtgiren mit<lb/> der Regierung zuneigten und dadurch z. B. in der Frage der Gemeindeord-<lb/> nung, der Wiederwahl der in der Hassenpflug'schen Zeit gewählten Bürger¬<lb/> meister, in Fragen bezüglich der Mitwirkung der Stände bei Besetzung des<lb/> Oberappellationsgerichts, namentlich aber hinsichtlich des Maßes, in welchem<lb/> man nöthig habe, die vom Bundestage blos angedeuteten Bundeswidrigkeiten<lb/> der hergestellten Verfaßung zu beseitigen, der Zuziehung des Landadels zur<lb/> Volksvertretung, ferner der Behandlung der Verordnungen und „provisorischen<lb/> Gesetze" der 18ö0er Jahre und überhaupt der Folgen des Princips einer<lb/> Herstellung der Verfassung <zx lune eine laxere, die Negierung nur nachgiebiger<lb/> machende Richtung vertraten, und so ohne Noth blos um des Friedens<lb/> willen, sich zu Preisgebungen verstanden, vertrat Oetker mit seinem Bruder,<lb/> mit Wippermann, Knobel und einer Reihe ländlicher Abgeordneten mehr die<lb/> strengere Auffassung. Es war niemals seine Sache, so zu sagen auf die<lb/> Straße hinabzusteigen und durch andere Mittel als sachliche Gründe für seine<lb/> Ueberzeugung zu werben, während auf der anderen Seite sich eine gewisse<lb/> fortgesetzte nähere Berührung liberaler Führer mit den Elementen , mit denen<lb/> nun einmal zu rechnen war, nicht selten wirkungsvoller erwies als die besten<lb/> Gründe in Oetker's Zeitungsartikeln. Derselbe war mit seinen Genossen<lb/> stets bemüht, den Riß nicht so sehr hervortreten und, wenn der Schaden<lb/> einmal eingetreten, stets als der Erste beflissen, die Folgen möglichst wenig<lb/> nachtheilig für die Sache sich gestalten zu lassen. Der Regierung konnte der<lb/> Riß nicht verborgen bleiben, zumal gescheiterte Ministercandidaten in mancher<lb/> Beziehung nicht weit von den wirklichen Ministern des Kurfürsten entfernt<lb/> waren; und wenn diese nicht den vollen Nutzen aus den Meinungsverschie¬<lb/> denheiten zogen, so lag das wohl nur daran, daß sie vermöge der fortge¬<lb/> setzten Möglichkeit starken Transigirens sich einer Verlängerung ihres Amtes<lb/> erfreuten.</p><lb/> <p xml:id="ID_555" next="#ID_556"> Leider muß dem geschilderten Mißverhältnisse ein Theil der Schuld bei¬<lb/> gemessen werden, daß die Staatsmaschine in den letzten Jahren des Kur¬<lb/> staats in dem bekannten großartigen Stillstande solange verharren konnte.<lb/> Kräftigere Mittel, wie namentlich die von Oetker gewollt«? Ministeranklage,<lb/> würden, wie sie unter jenen Umständen würdevoller für die Volksvertretung<lb/> gewesen wären, selbst dann die Entscheidung eher beschleunigt und der Sache<lb/> eine klarere Entwicklung gegeben haben, wenn die nächsten Erfolge wirklich<lb/> aussichtslos gewesen wären, wie dies die Mehrheit der Abgeordneten, vielleicht<lb/> nicht mit Unrecht, meinte. Oetker's möglichstes Verdecken der auseinander¬<lb/> gehenden Richtungen verdient um so mehr Anerkennung, als das nachher<lb/> namentlich von einer neuen Species „Demokraten" stark ausgebeutete Odium</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0181]
Nebelthau, Henkel, Ziegler, v. Schenk. Wiegand, v, Mschoffshausen, Mei-
gel, Harnier, Braun und Andere fast allezeit schnell dem Transtgiren mit
der Regierung zuneigten und dadurch z. B. in der Frage der Gemeindeord-
nung, der Wiederwahl der in der Hassenpflug'schen Zeit gewählten Bürger¬
meister, in Fragen bezüglich der Mitwirkung der Stände bei Besetzung des
Oberappellationsgerichts, namentlich aber hinsichtlich des Maßes, in welchem
man nöthig habe, die vom Bundestage blos angedeuteten Bundeswidrigkeiten
der hergestellten Verfaßung zu beseitigen, der Zuziehung des Landadels zur
Volksvertretung, ferner der Behandlung der Verordnungen und „provisorischen
Gesetze" der 18ö0er Jahre und überhaupt der Folgen des Princips einer
Herstellung der Verfassung <zx lune eine laxere, die Negierung nur nachgiebiger
machende Richtung vertraten, und so ohne Noth blos um des Friedens
willen, sich zu Preisgebungen verstanden, vertrat Oetker mit seinem Bruder,
mit Wippermann, Knobel und einer Reihe ländlicher Abgeordneten mehr die
strengere Auffassung. Es war niemals seine Sache, so zu sagen auf die
Straße hinabzusteigen und durch andere Mittel als sachliche Gründe für seine
Ueberzeugung zu werben, während auf der anderen Seite sich eine gewisse
fortgesetzte nähere Berührung liberaler Führer mit den Elementen , mit denen
nun einmal zu rechnen war, nicht selten wirkungsvoller erwies als die besten
Gründe in Oetker's Zeitungsartikeln. Derselbe war mit seinen Genossen
stets bemüht, den Riß nicht so sehr hervortreten und, wenn der Schaden
einmal eingetreten, stets als der Erste beflissen, die Folgen möglichst wenig
nachtheilig für die Sache sich gestalten zu lassen. Der Regierung konnte der
Riß nicht verborgen bleiben, zumal gescheiterte Ministercandidaten in mancher
Beziehung nicht weit von den wirklichen Ministern des Kurfürsten entfernt
waren; und wenn diese nicht den vollen Nutzen aus den Meinungsverschie¬
denheiten zogen, so lag das wohl nur daran, daß sie vermöge der fortge¬
setzten Möglichkeit starken Transigirens sich einer Verlängerung ihres Amtes
erfreuten.
Leider muß dem geschilderten Mißverhältnisse ein Theil der Schuld bei¬
gemessen werden, daß die Staatsmaschine in den letzten Jahren des Kur¬
staats in dem bekannten großartigen Stillstande solange verharren konnte.
Kräftigere Mittel, wie namentlich die von Oetker gewollt«? Ministeranklage,
würden, wie sie unter jenen Umständen würdevoller für die Volksvertretung
gewesen wären, selbst dann die Entscheidung eher beschleunigt und der Sache
eine klarere Entwicklung gegeben haben, wenn die nächsten Erfolge wirklich
aussichtslos gewesen wären, wie dies die Mehrheit der Abgeordneten, vielleicht
nicht mit Unrecht, meinte. Oetker's möglichstes Verdecken der auseinander¬
gehenden Richtungen verdient um so mehr Anerkennung, als das nachher
namentlich von einer neuen Species „Demokraten" stark ausgebeutete Odium
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