Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

im Fürstenhause an der Tafel unter dem Vorsitze eines Cavaliers ihre Er¬
frischungen für die Mühen des Tages zu erhalten. Auf diese Aufführung
und jedenfalls noch vor Erwin und Elmire folgte das Stück "der Edel¬
knabe", worin der kleine von Lyneker die Titelrolle, der Rath Corda, Va¬
ter des spätern Präsidenten v, Corda die Rolle des Fürsten, die Kammerfrau
der Herzogin Amalia Frau Benda die der Mutter gab. Die übrigen Per¬
sonen sind nicht mehr festzustellen. Wie es nach solchen Aufführungen zu¬
ging, erhellt aus einem kleinen netten Zuge, den uns alte Erinnerungen über¬
liefert haben, und der jedenfalls für die Leutseligkeit des Hoff ein beredtes
Zeugniß ablegt. Nach Beendigung der Aufführung wurden nämlich die Spie¬
lenden in der Regel den Herrschaften auf der Estrade vorgestellt und Jedem
etwas Befriedigendes über die Leistungen gesagt, wobei vorzüglich der Her¬
zogin Louise vieles nachgerühmt wird. Da der Edelknabe des Stücks von
seinem Fürsten eine mit Brillanten besetzte Uhr erhält, so lieh die Herzogin
die ihrige als ein Requisit dar, und versprach am Schlüsse diese Uhr, da
sie ein Brautgeschenk war, durch eine andere als Geschenk zu ersetzen. wobei
zugleich der kleine Edelknabe das Versprechen erhielt, demnächst ein Freibillet
zur Redoute zu erhalten und mit der Herzogin ein Menuet zu tanzen, was
in der Folgezeit alles treulich in Erfüllung ging. -- Unter den Operetten,
Lustspielen und Ballets, welche der Sommer brachte, sind uns nur wenige
dem Namen nach bekannt. Eine bedeutende Rolle spielte das Glaser¬
ballet, welches im Juni aufgeführt wurde; eben so der Sträu Her¬
rn a r k t.

Vom Mai bis Mitte Juli wurde nur sechs Mal gespielt. Dann fin¬
den wir im August die Wiederholung des Post zugs und des Milch¬
mädchens (23. August) und als Novität figurirte am 16. September die
heimliche Heirath, während am 10. September Erwin und Elmire
wiederholt^wurde. Fortwährend finden wir unter alt bekannten Namen neue
frische Kräfte. In der heimlichen Heirath traten Kraus (Lord Ogleby).
Registrator Schmidt (Melon), Professor Musäus (Sterling), Seidler (Lowe-
well), Aulhorn (Grosch), Schalling (Trosty), Madame Jagemann (Miß Heidel¬
berg), Madame Müller (Miß Sterling) und Frau Benda (Betty) auf. --

In dieser Zeit spielten die Redouten noch nicht die Rolle, welche z. B.
Diezmann ihnen vindicirt. Denn wenn sie auch im Beginn des Liebhaber¬
theaters mit den Theater-Aufführungen häufig abwechselten, so nahmen sie
doch jetzt noch nicht den Charakter wirklicher Maskenzüge an, die in der
Folge eine bedeutende Rolle spielten.*) Denn wenn auch vom 1. October



") Diczmann int z. V. wenn er die Versuchn"" des heiligen Antonius (Seite
^6l) schon in das Jahr 1776 setzt. Es wurde erst am 23. Februar 1777 gegeben. Der
französische Titel lautete: le-s tsutirtionÄ us Kt" ^utomo.

im Fürstenhause an der Tafel unter dem Vorsitze eines Cavaliers ihre Er¬
frischungen für die Mühen des Tages zu erhalten. Auf diese Aufführung
und jedenfalls noch vor Erwin und Elmire folgte das Stück „der Edel¬
knabe", worin der kleine von Lyneker die Titelrolle, der Rath Corda, Va¬
ter des spätern Präsidenten v, Corda die Rolle des Fürsten, die Kammerfrau
der Herzogin Amalia Frau Benda die der Mutter gab. Die übrigen Per¬
sonen sind nicht mehr festzustellen. Wie es nach solchen Aufführungen zu¬
ging, erhellt aus einem kleinen netten Zuge, den uns alte Erinnerungen über¬
liefert haben, und der jedenfalls für die Leutseligkeit des Hoff ein beredtes
Zeugniß ablegt. Nach Beendigung der Aufführung wurden nämlich die Spie¬
lenden in der Regel den Herrschaften auf der Estrade vorgestellt und Jedem
etwas Befriedigendes über die Leistungen gesagt, wobei vorzüglich der Her¬
zogin Louise vieles nachgerühmt wird. Da der Edelknabe des Stücks von
seinem Fürsten eine mit Brillanten besetzte Uhr erhält, so lieh die Herzogin
die ihrige als ein Requisit dar, und versprach am Schlüsse diese Uhr, da
sie ein Brautgeschenk war, durch eine andere als Geschenk zu ersetzen. wobei
zugleich der kleine Edelknabe das Versprechen erhielt, demnächst ein Freibillet
zur Redoute zu erhalten und mit der Herzogin ein Menuet zu tanzen, was
in der Folgezeit alles treulich in Erfüllung ging. — Unter den Operetten,
Lustspielen und Ballets, welche der Sommer brachte, sind uns nur wenige
dem Namen nach bekannt. Eine bedeutende Rolle spielte das Glaser¬
ballet, welches im Juni aufgeführt wurde; eben so der Sträu Her¬
rn a r k t.

Vom Mai bis Mitte Juli wurde nur sechs Mal gespielt. Dann fin¬
den wir im August die Wiederholung des Post zugs und des Milch¬
mädchens (23. August) und als Novität figurirte am 16. September die
heimliche Heirath, während am 10. September Erwin und Elmire
wiederholt^wurde. Fortwährend finden wir unter alt bekannten Namen neue
frische Kräfte. In der heimlichen Heirath traten Kraus (Lord Ogleby).
Registrator Schmidt (Melon), Professor Musäus (Sterling), Seidler (Lowe-
well), Aulhorn (Grosch), Schalling (Trosty), Madame Jagemann (Miß Heidel¬
berg), Madame Müller (Miß Sterling) und Frau Benda (Betty) auf. —

In dieser Zeit spielten die Redouten noch nicht die Rolle, welche z. B.
Diezmann ihnen vindicirt. Denn wenn sie auch im Beginn des Liebhaber¬
theaters mit den Theater-Aufführungen häufig abwechselten, so nahmen sie
doch jetzt noch nicht den Charakter wirklicher Maskenzüge an, die in der
Folge eine bedeutende Rolle spielten.*) Denn wenn auch vom 1. October



") Diczmann int z. V. wenn er die Versuchn«« des heiligen Antonius (Seite
^6l) schon in das Jahr 1776 setzt. Es wurde erst am 23. Februar 1777 gegeben. Der
französische Titel lautete: le-s tsutirtionÄ us Kt» ^utomo.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0014" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192817"/>
            <p xml:id="ID_24" prev="#ID_23"> im Fürstenhause an der Tafel unter dem Vorsitze eines Cavaliers ihre Er¬<lb/>
frischungen für die Mühen des Tages zu erhalten. Auf diese Aufführung<lb/>
und jedenfalls noch vor Erwin und Elmire folgte das Stück &#x201E;der Edel¬<lb/>
knabe", worin der kleine von Lyneker die Titelrolle, der Rath Corda, Va¬<lb/>
ter des spätern Präsidenten v, Corda die Rolle des Fürsten, die Kammerfrau<lb/>
der Herzogin Amalia Frau Benda die der Mutter gab. Die übrigen Per¬<lb/>
sonen sind nicht mehr festzustellen. Wie es nach solchen Aufführungen zu¬<lb/>
ging, erhellt aus einem kleinen netten Zuge, den uns alte Erinnerungen über¬<lb/>
liefert haben, und der jedenfalls für die Leutseligkeit des Hoff ein beredtes<lb/>
Zeugniß ablegt. Nach Beendigung der Aufführung wurden nämlich die Spie¬<lb/>
lenden in der Regel den Herrschaften auf der Estrade vorgestellt und Jedem<lb/>
etwas Befriedigendes über die Leistungen gesagt, wobei vorzüglich der Her¬<lb/>
zogin Louise vieles nachgerühmt wird. Da der Edelknabe des Stücks von<lb/>
seinem Fürsten eine mit Brillanten besetzte Uhr erhält, so lieh die Herzogin<lb/>
die ihrige als ein Requisit dar, und versprach am Schlüsse diese Uhr, da<lb/>
sie ein Brautgeschenk war, durch eine andere als Geschenk zu ersetzen. wobei<lb/>
zugleich der kleine Edelknabe das Versprechen erhielt, demnächst ein Freibillet<lb/>
zur Redoute zu erhalten und mit der Herzogin ein Menuet zu tanzen, was<lb/>
in der Folgezeit alles treulich in Erfüllung ging. &#x2014; Unter den Operetten,<lb/>
Lustspielen und Ballets, welche der Sommer brachte, sind uns nur wenige<lb/>
dem Namen nach bekannt. Eine bedeutende Rolle spielte das Glaser¬<lb/>
ballet, welches im Juni aufgeführt wurde; eben so der Sträu Her¬<lb/>
rn a r k t.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_25"> Vom Mai bis Mitte Juli wurde nur sechs Mal gespielt. Dann fin¬<lb/>
den wir im August die Wiederholung des Post zugs und des Milch¬<lb/>
mädchens (23. August) und als Novität figurirte am 16. September die<lb/>
heimliche Heirath, während am 10. September Erwin und Elmire<lb/>
wiederholt^wurde. Fortwährend finden wir unter alt bekannten Namen neue<lb/>
frische Kräfte. In der heimlichen Heirath traten Kraus (Lord Ogleby).<lb/>
Registrator Schmidt (Melon), Professor Musäus (Sterling), Seidler (Lowe-<lb/>
well), Aulhorn (Grosch), Schalling (Trosty), Madame Jagemann (Miß Heidel¬<lb/>
berg), Madame Müller (Miß Sterling) und Frau Benda (Betty) auf. &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_26" next="#ID_27"> In dieser Zeit spielten die Redouten noch nicht die Rolle, welche z. B.<lb/>
Diezmann ihnen vindicirt. Denn wenn sie auch im Beginn des Liebhaber¬<lb/>
theaters mit den Theater-Aufführungen häufig abwechselten, so nahmen sie<lb/>
doch jetzt noch nicht den Charakter wirklicher Maskenzüge an, die in der<lb/>
Folge eine bedeutende Rolle spielten.*) Denn wenn auch vom 1. October</p><lb/>
            <note xml:id="FID_12" place="foot"> ") Diczmann int z. V. wenn er die Versuchn«« des heiligen Antonius (Seite<lb/>
^6l) schon in das Jahr 1776 setzt. Es wurde erst am 23. Februar 1777 gegeben. Der<lb/>
französische Titel lautete: le-s tsutirtionÄ us Kt» ^utomo.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0014] im Fürstenhause an der Tafel unter dem Vorsitze eines Cavaliers ihre Er¬ frischungen für die Mühen des Tages zu erhalten. Auf diese Aufführung und jedenfalls noch vor Erwin und Elmire folgte das Stück „der Edel¬ knabe", worin der kleine von Lyneker die Titelrolle, der Rath Corda, Va¬ ter des spätern Präsidenten v, Corda die Rolle des Fürsten, die Kammerfrau der Herzogin Amalia Frau Benda die der Mutter gab. Die übrigen Per¬ sonen sind nicht mehr festzustellen. Wie es nach solchen Aufführungen zu¬ ging, erhellt aus einem kleinen netten Zuge, den uns alte Erinnerungen über¬ liefert haben, und der jedenfalls für die Leutseligkeit des Hoff ein beredtes Zeugniß ablegt. Nach Beendigung der Aufführung wurden nämlich die Spie¬ lenden in der Regel den Herrschaften auf der Estrade vorgestellt und Jedem etwas Befriedigendes über die Leistungen gesagt, wobei vorzüglich der Her¬ zogin Louise vieles nachgerühmt wird. Da der Edelknabe des Stücks von seinem Fürsten eine mit Brillanten besetzte Uhr erhält, so lieh die Herzogin die ihrige als ein Requisit dar, und versprach am Schlüsse diese Uhr, da sie ein Brautgeschenk war, durch eine andere als Geschenk zu ersetzen. wobei zugleich der kleine Edelknabe das Versprechen erhielt, demnächst ein Freibillet zur Redoute zu erhalten und mit der Herzogin ein Menuet zu tanzen, was in der Folgezeit alles treulich in Erfüllung ging. — Unter den Operetten, Lustspielen und Ballets, welche der Sommer brachte, sind uns nur wenige dem Namen nach bekannt. Eine bedeutende Rolle spielte das Glaser¬ ballet, welches im Juni aufgeführt wurde; eben so der Sträu Her¬ rn a r k t. Vom Mai bis Mitte Juli wurde nur sechs Mal gespielt. Dann fin¬ den wir im August die Wiederholung des Post zugs und des Milch¬ mädchens (23. August) und als Novität figurirte am 16. September die heimliche Heirath, während am 10. September Erwin und Elmire wiederholt^wurde. Fortwährend finden wir unter alt bekannten Namen neue frische Kräfte. In der heimlichen Heirath traten Kraus (Lord Ogleby). Registrator Schmidt (Melon), Professor Musäus (Sterling), Seidler (Lowe- well), Aulhorn (Grosch), Schalling (Trosty), Madame Jagemann (Miß Heidel¬ berg), Madame Müller (Miß Sterling) und Frau Benda (Betty) auf. — In dieser Zeit spielten die Redouten noch nicht die Rolle, welche z. B. Diezmann ihnen vindicirt. Denn wenn sie auch im Beginn des Liebhaber¬ theaters mit den Theater-Aufführungen häufig abwechselten, so nahmen sie doch jetzt noch nicht den Charakter wirklicher Maskenzüge an, die in der Folge eine bedeutende Rolle spielten.*) Denn wenn auch vom 1. October ") Diczmann int z. V. wenn er die Versuchn«« des heiligen Antonius (Seite ^6l) schon in das Jahr 1776 setzt. Es wurde erst am 23. Februar 1777 gegeben. Der französische Titel lautete: le-s tsutirtionÄ us Kt» ^utomo.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/14
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/14>, abgerufen am 05.02.2025.