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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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Beim Beginn der theatralischen Leistungen betheiligten sich die Herr¬
schaften riur als Zuschauer. Sie saßen unmittelbar vor der kleinen Bühne,
auf einer erst später (seit May) errichteten Estrade, die von dem übrigen
Zuschauerraume nur durch ihre kleine Erhöhung, zu der zwei Stufen führten,
sich abgrenzte. Als Mitwirkende erschienen die Herrschaften erst später, nachdem
Goethe's Einfluß sich geltend gemacht hatte; doch scheint man stets die Be¬
theiligung auf dem Liebhabertheater zu Ettersburg und Tiefurt, das in der
Folgezeit entstand, vorgezogen zusahen, weil dort sich ein engerer Zuschauer¬
kreis als in der Stadt fand, die natürlich, trotz der Beschränkung, welche
der Zutritt erlitt, ein wesentlich anderes Publikum herbeizog.

Ueber die frühste Wirsamkeit dieses Theaters liegen nur spärliche No¬
tizen vor; doch ist gewiß, daß bereits im Januar 1776 drei Aufführungen
statt fanden, die jedenfalls auf dem alten Repertoir des Schloßtheaters zu
finden waren. Am 21. Januar wurde Adelaide, am 25. Januar") das
von der Herzogin Amalia geliebte Stück der Postzug oder die noblen
Passionen von C. H. von Ayrenhoff, nebst dem Milchmädchen von
Duni gegeben, Stücke die sich auch im Februar wiederholten, wo man auch
eine Kinderkomödie, worunter wahrscheinschlich der "Hofmeister" zu ver¬
stehen ist, jedenfalls zwischen dem 6. und 8. Februar zur Aufführung
brachte. Schon in der Mitte des Monats bereitete man das Glashüt¬
ten ballet vor und verstieg sich sogar zur Aufführung von Minna von
Barnhelm, welchem Stücke bei der kurz darauf erfolgten Wiederholung
noch ein kleiner nur für "die kleine Noblesse" berechnetes Nachspiel ge¬
geben wurde, dessen Name sich wahrscheinlich für immer unserer Kenntniß
entziehen wird. Man sieht aber daraus, daß man damals in Weimar, wo
die schärfste Gliederung der Stände statt fand, das Theater auch exlusiv zu machen
verstand, während andererseits das Publikum Zutritt zu den Vorstellungen
hatte, wenn man es nur verstand ^u rechter Zeit und mit rechten Mitteln
den Genuß sich zu verschaffen. In diese Zeit (Is. Februar) fällt auch die
Aufführung von Raume. Einen bedeutenden Aufschwung nahm das Thea¬
ter, seitdem der für Weimar gewonnene Graf Putbus sich bei demselben be¬
theiligte, der eigentlich als Repräsentant der französischen Conversationsstücke
erscheint, und mit "Glorieux""*) zwischen dem 18. und 20. Februar 1776)
seine Thätigkeit begann. Im Glorieux und den französischen Conversa-
tionsstücken überhaupt zeichneten sich der Consistorialrath v. Lyneker und der




*) Goethe's Briefe an Frau v. Stein. I. 5.
") Val. hierzu auch die dazu passende Aeußerung Seckendorf's bei Düntzer. Carl August.
1, 19. : have den Notar in dem Glorieux und Madame Fulmer in dem Westindier gespielt.

Beim Beginn der theatralischen Leistungen betheiligten sich die Herr¬
schaften riur als Zuschauer. Sie saßen unmittelbar vor der kleinen Bühne,
auf einer erst später (seit May) errichteten Estrade, die von dem übrigen
Zuschauerraume nur durch ihre kleine Erhöhung, zu der zwei Stufen führten,
sich abgrenzte. Als Mitwirkende erschienen die Herrschaften erst später, nachdem
Goethe's Einfluß sich geltend gemacht hatte; doch scheint man stets die Be¬
theiligung auf dem Liebhabertheater zu Ettersburg und Tiefurt, das in der
Folgezeit entstand, vorgezogen zusahen, weil dort sich ein engerer Zuschauer¬
kreis als in der Stadt fand, die natürlich, trotz der Beschränkung, welche
der Zutritt erlitt, ein wesentlich anderes Publikum herbeizog.

Ueber die frühste Wirsamkeit dieses Theaters liegen nur spärliche No¬
tizen vor; doch ist gewiß, daß bereits im Januar 1776 drei Aufführungen
statt fanden, die jedenfalls auf dem alten Repertoir des Schloßtheaters zu
finden waren. Am 21. Januar wurde Adelaide, am 25. Januar") das
von der Herzogin Amalia geliebte Stück der Postzug oder die noblen
Passionen von C. H. von Ayrenhoff, nebst dem Milchmädchen von
Duni gegeben, Stücke die sich auch im Februar wiederholten, wo man auch
eine Kinderkomödie, worunter wahrscheinschlich der „Hofmeister" zu ver¬
stehen ist, jedenfalls zwischen dem 6. und 8. Februar zur Aufführung
brachte. Schon in der Mitte des Monats bereitete man das Glashüt¬
ten ballet vor und verstieg sich sogar zur Aufführung von Minna von
Barnhelm, welchem Stücke bei der kurz darauf erfolgten Wiederholung
noch ein kleiner nur für „die kleine Noblesse" berechnetes Nachspiel ge¬
geben wurde, dessen Name sich wahrscheinlich für immer unserer Kenntniß
entziehen wird. Man sieht aber daraus, daß man damals in Weimar, wo
die schärfste Gliederung der Stände statt fand, das Theater auch exlusiv zu machen
verstand, während andererseits das Publikum Zutritt zu den Vorstellungen
hatte, wenn man es nur verstand ^u rechter Zeit und mit rechten Mitteln
den Genuß sich zu verschaffen. In diese Zeit (Is. Februar) fällt auch die
Aufführung von Raume. Einen bedeutenden Aufschwung nahm das Thea¬
ter, seitdem der für Weimar gewonnene Graf Putbus sich bei demselben be¬
theiligte, der eigentlich als Repräsentant der französischen Conversationsstücke
erscheint, und mit „Glorieux""*) zwischen dem 18. und 20. Februar 1776)
seine Thätigkeit begann. Im Glorieux und den französischen Conversa-
tionsstücken überhaupt zeichneten sich der Consistorialrath v. Lyneker und der




*) Goethe's Briefe an Frau v. Stein. I. 5.
") Val. hierzu auch die dazu passende Aeußerung Seckendorf's bei Düntzer. Carl August.
1, 19. : have den Notar in dem Glorieux und Madame Fulmer in dem Westindier gespielt.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/10>, abgerufen am 05.02.2025.