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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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Wohlgeschmack als Wein, und sodann ist er von Natur so leicht, daß er eine
Mischung mit Wasser nicht ohne Schaden verträgt. Es genügt auch bei dem
heißesten Wetter, ihn zehn Minuten in Eis zu stellen, da er dann nur die
Kälte gewinnt, die er zu ertragen fähig ist.

Je älter der rohe Wein, aus dem der Champagner gemacht wird, desto
besser. Aber wenn er in Schaumwein verwandelt ist, so erreicht er seine höchste
Vollkommenheit binnen Jahresfrist, nachdem er die Keller des Fabrikanten
verlassen hat. Nach zwei oder drei Jahren beginnt ein wirklich guter Cham¬
pagner an Güte zu verlieren, da er dann bis zu einem gewissen Grade die
Kraft zu schäumen einbüßt. Könnte man das Zusammenschrumpfen des
Korks verhüten, so würden sehr süß gemachte Sorten insofern besser werden,
als sie herber werden würden, feiner aber und wohlschmeckender würde der Wein
dadurch nicht eben werden.

Der Champagner sollte in Kellern mit einer Temperatur von 45 Grad
Fahrenheit und in der Weise aufbewahrt werden, daß die Flaschen auf der
Seite liegen, wodurch das Einschrumpfen der Stöpsel und das Entweichen der
Kohlensäure verhütet wird.

Die Aerzte stimmen überein, daß Sect einer der gesündesten Weine ist;
doch müssen Leute, die an schwacher Verdauung leiden, sich nur an die herb¬
sten Sorten halten. Er berauscht rasch, aber nur sehr vorübergehend, indem
der in der Kohlensäure aufgehobene Alkohol sich schnell einer großen Fläche
der Magenwände mittheilt.

Nicht zwei berühmte Feinschmecker sind in Betreff des richtigen Augen¬
blicks einverstanden, wo der Champagner auf der Tafel zu erscheinen hat,
Oberst Money und Baron Brieffe gehen in dieser Materie weit auseinander.
Walker nimmt es als eine ausgemachte Sache an. daß der Sect bei einem
Bankett so früh wie nur möglich auf der Bühne sich zu melden hat, ganz
einerlei, was für Gerichten er dann zum Begleiter dient. "Man gebe", so
sagt er, "Champagner am Anfang des Diners, da seine erheiternden Eigen¬
schaften dazu dienen, die Gäste zu wecken, so daß sie später selten die Flagge
streichen. Kein andrer Wein sichert in dieser Weise den guten Verlauf einer
Festlichkeit, er läßt unter allen Umständen die Wagschale auf der günstigen
Seite sinken. Wenn es mit dem Champagner gut bestellt ist, kann nichts
leicht fehlschlagen." -- Gesunde Gedanken, die der Verfasser und gleicher¬
maßen der deutsche Bearbeiter dieser Artikel ohne Zögern unterschreibt.


-- o.--


Wohlgeschmack als Wein, und sodann ist er von Natur so leicht, daß er eine
Mischung mit Wasser nicht ohne Schaden verträgt. Es genügt auch bei dem
heißesten Wetter, ihn zehn Minuten in Eis zu stellen, da er dann nur die
Kälte gewinnt, die er zu ertragen fähig ist.

Je älter der rohe Wein, aus dem der Champagner gemacht wird, desto
besser. Aber wenn er in Schaumwein verwandelt ist, so erreicht er seine höchste
Vollkommenheit binnen Jahresfrist, nachdem er die Keller des Fabrikanten
verlassen hat. Nach zwei oder drei Jahren beginnt ein wirklich guter Cham¬
pagner an Güte zu verlieren, da er dann bis zu einem gewissen Grade die
Kraft zu schäumen einbüßt. Könnte man das Zusammenschrumpfen des
Korks verhüten, so würden sehr süß gemachte Sorten insofern besser werden,
als sie herber werden würden, feiner aber und wohlschmeckender würde der Wein
dadurch nicht eben werden.

Der Champagner sollte in Kellern mit einer Temperatur von 45 Grad
Fahrenheit und in der Weise aufbewahrt werden, daß die Flaschen auf der
Seite liegen, wodurch das Einschrumpfen der Stöpsel und das Entweichen der
Kohlensäure verhütet wird.

Die Aerzte stimmen überein, daß Sect einer der gesündesten Weine ist;
doch müssen Leute, die an schwacher Verdauung leiden, sich nur an die herb¬
sten Sorten halten. Er berauscht rasch, aber nur sehr vorübergehend, indem
der in der Kohlensäure aufgehobene Alkohol sich schnell einer großen Fläche
der Magenwände mittheilt.

Nicht zwei berühmte Feinschmecker sind in Betreff des richtigen Augen¬
blicks einverstanden, wo der Champagner auf der Tafel zu erscheinen hat,
Oberst Money und Baron Brieffe gehen in dieser Materie weit auseinander.
Walker nimmt es als eine ausgemachte Sache an. daß der Sect bei einem
Bankett so früh wie nur möglich auf der Bühne sich zu melden hat, ganz
einerlei, was für Gerichten er dann zum Begleiter dient. „Man gebe", so
sagt er, „Champagner am Anfang des Diners, da seine erheiternden Eigen¬
schaften dazu dienen, die Gäste zu wecken, so daß sie später selten die Flagge
streichen. Kein andrer Wein sichert in dieser Weise den guten Verlauf einer
Festlichkeit, er läßt unter allen Umständen die Wagschale auf der günstigen
Seite sinken. Wenn es mit dem Champagner gut bestellt ist, kann nichts
leicht fehlschlagen." — Gesunde Gedanken, die der Verfasser und gleicher¬
maßen der deutsche Bearbeiter dieser Artikel ohne Zögern unterschreibt.


— o.—


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[0314] Wohlgeschmack als Wein, und sodann ist er von Natur so leicht, daß er eine Mischung mit Wasser nicht ohne Schaden verträgt. Es genügt auch bei dem heißesten Wetter, ihn zehn Minuten in Eis zu stellen, da er dann nur die Kälte gewinnt, die er zu ertragen fähig ist. Je älter der rohe Wein, aus dem der Champagner gemacht wird, desto besser. Aber wenn er in Schaumwein verwandelt ist, so erreicht er seine höchste Vollkommenheit binnen Jahresfrist, nachdem er die Keller des Fabrikanten verlassen hat. Nach zwei oder drei Jahren beginnt ein wirklich guter Cham¬ pagner an Güte zu verlieren, da er dann bis zu einem gewissen Grade die Kraft zu schäumen einbüßt. Könnte man das Zusammenschrumpfen des Korks verhüten, so würden sehr süß gemachte Sorten insofern besser werden, als sie herber werden würden, feiner aber und wohlschmeckender würde der Wein dadurch nicht eben werden. Der Champagner sollte in Kellern mit einer Temperatur von 45 Grad Fahrenheit und in der Weise aufbewahrt werden, daß die Flaschen auf der Seite liegen, wodurch das Einschrumpfen der Stöpsel und das Entweichen der Kohlensäure verhütet wird. Die Aerzte stimmen überein, daß Sect einer der gesündesten Weine ist; doch müssen Leute, die an schwacher Verdauung leiden, sich nur an die herb¬ sten Sorten halten. Er berauscht rasch, aber nur sehr vorübergehend, indem der in der Kohlensäure aufgehobene Alkohol sich schnell einer großen Fläche der Magenwände mittheilt. Nicht zwei berühmte Feinschmecker sind in Betreff des richtigen Augen¬ blicks einverstanden, wo der Champagner auf der Tafel zu erscheinen hat, Oberst Money und Baron Brieffe gehen in dieser Materie weit auseinander. Walker nimmt es als eine ausgemachte Sache an. daß der Sect bei einem Bankett so früh wie nur möglich auf der Bühne sich zu melden hat, ganz einerlei, was für Gerichten er dann zum Begleiter dient. „Man gebe", so sagt er, „Champagner am Anfang des Diners, da seine erheiternden Eigen¬ schaften dazu dienen, die Gäste zu wecken, so daß sie später selten die Flagge streichen. Kein andrer Wein sichert in dieser Weise den guten Verlauf einer Festlichkeit, er läßt unter allen Umständen die Wagschale auf der günstigen Seite sinken. Wenn es mit dem Champagner gut bestellt ist, kann nichts leicht fehlschlagen." — Gesunde Gedanken, die der Verfasser und gleicher¬ maßen der deutsche Bearbeiter dieser Artikel ohne Zögern unterschreibt. — o.—

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/314>, abgerufen am 02.10.2024.