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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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selben die Landstände treten. Die Landstände bestehen aus 12 Mitgliedern, deren 8
aus der Klasse der Ackerbau treibenden Unterthanen, 2 aus der des Handelsstands, 2
aus der des Gclehrtenstands, genommen werden, Sie sollen in den wichtigeren An¬
gelegenheiten Unseres Landes das Organ Unserer getreuen Unterthanen sein, und Wir
behalten Uns vor, wegen des Umfangs ihrer Wirksamkeit sowie wegen ihrer Wahl das
Nähere mittelst eines besonderen Nescripts zu bestimmen." --

Wir werden im nächsten Artikel schildern, wie diese Gesetze zu dem
Cöthen'schen Mikrokosmus passten.




Kuh der Keimath des Mmpagners.
ii.

Während der letzten vierzehn Tage im October rollten über das schlechte
Pflaster von Reims und Epernay Hunderte von langen schmalen Karren, be¬
laden mit Fässern neuen Weines von den entfernteren Weinbergen zur Unter¬
bringung in den gewaltigen Kellern der großen Champagnerfirmen. Hier
werden sie verbleiben, so lange die "ZöbourdaZe" oder Selbstreinigung des
Weines vor sich geht, und bis zum Vorabend der Zeit, wo das Füllen desselben
auf Flaschen beginnt, d. h. bis in den April oder Mai, wo der Saft wieder
in die Reben tritt. Das Product der verschiedenen Weingärten wird dann
gebührend, nach den überlieferten Theorien der betreffenden Fabrikanten, ge¬
mischt, so daß sich die besonderen Eigenschaften jedes einzelnen verbinden und
entwickeln. Wie bereits bemerkt, werden gewöhnlich vier Fünftel Rothwein,
der nun eine blasse Rosenfarbe angenommen hat, und welchem der Cham¬
pagner seine solideren weinigen Eigenschaften verdankt, mit einem Fünftel
Weißwein gemischt, welcher dem "via xr"Zpar6" Leichtheit und die Kraft des
Schäumens verleiht. Man gießt aber nicht bloß Roth, und Weißwein zu¬
sammen, sondern auch verschiedene Gewächse von beiden Sorten, indem das,
was dem Product eines Weinbergs mangelt, entweder durch das eines andern
aus demselben Jahre oder durch einen älteren Wein von besserer Qualität er¬
setzt wird. In den Kellern aller Fabriken sieht man riesige Fässer, von denen
jedes Tausende von Kannen ungemischten Weines aus besonders guten Lesen
hält, der zur Mischung mit dem Ergebniß der Ernten weniger begünstigter
Jahre aufbewahrt wird.

Champagner, der richtig gemischt ist, soll 2 Procent Alkohol (bei der
Probe findet man gewöhnlich, daß er deren 4 besitzt) und etwa 355 Gran


selben die Landstände treten. Die Landstände bestehen aus 12 Mitgliedern, deren 8
aus der Klasse der Ackerbau treibenden Unterthanen, 2 aus der des Handelsstands, 2
aus der des Gclehrtenstands, genommen werden, Sie sollen in den wichtigeren An¬
gelegenheiten Unseres Landes das Organ Unserer getreuen Unterthanen sein, und Wir
behalten Uns vor, wegen des Umfangs ihrer Wirksamkeit sowie wegen ihrer Wahl das
Nähere mittelst eines besonderen Nescripts zu bestimmen." —

Wir werden im nächsten Artikel schildern, wie diese Gesetze zu dem
Cöthen'schen Mikrokosmus passten.




Kuh der Keimath des Mmpagners.
ii.

Während der letzten vierzehn Tage im October rollten über das schlechte
Pflaster von Reims und Epernay Hunderte von langen schmalen Karren, be¬
laden mit Fässern neuen Weines von den entfernteren Weinbergen zur Unter¬
bringung in den gewaltigen Kellern der großen Champagnerfirmen. Hier
werden sie verbleiben, so lange die „ZöbourdaZe" oder Selbstreinigung des
Weines vor sich geht, und bis zum Vorabend der Zeit, wo das Füllen desselben
auf Flaschen beginnt, d. h. bis in den April oder Mai, wo der Saft wieder
in die Reben tritt. Das Product der verschiedenen Weingärten wird dann
gebührend, nach den überlieferten Theorien der betreffenden Fabrikanten, ge¬
mischt, so daß sich die besonderen Eigenschaften jedes einzelnen verbinden und
entwickeln. Wie bereits bemerkt, werden gewöhnlich vier Fünftel Rothwein,
der nun eine blasse Rosenfarbe angenommen hat, und welchem der Cham¬
pagner seine solideren weinigen Eigenschaften verdankt, mit einem Fünftel
Weißwein gemischt, welcher dem „via xr«Zpar6" Leichtheit und die Kraft des
Schäumens verleiht. Man gießt aber nicht bloß Roth, und Weißwein zu¬
sammen, sondern auch verschiedene Gewächse von beiden Sorten, indem das,
was dem Product eines Weinbergs mangelt, entweder durch das eines andern
aus demselben Jahre oder durch einen älteren Wein von besserer Qualität er¬
setzt wird. In den Kellern aller Fabriken sieht man riesige Fässer, von denen
jedes Tausende von Kannen ungemischten Weines aus besonders guten Lesen
hält, der zur Mischung mit dem Ergebniß der Ernten weniger begünstigter
Jahre aufbewahrt wird.

Champagner, der richtig gemischt ist, soll 2 Procent Alkohol (bei der
Probe findet man gewöhnlich, daß er deren 4 besitzt) und etwa 355 Gran


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/300>, abgerufen am 24.08.2024.