Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Verein anzuknüpfen. Er bezeichnet es als seine nächste Aufgabe, die Hansa-
reeesse von 1430 ab zu veröffentlichen. Daneben steht eine andere nicht minder
wichtige Aufgabe. Es gilt neben den Recesftn das Quellenmaterial zu ver¬
vollständigen -- die eigentlichen Urkunden jenen Beschlüssen und Abschieden
der Hansatage hinzuzufügen. Auch Stadtbücher, Stadtchroniken, culturhistori¬
sches Material zur Geschichte der einzelnen Hansestädte, so weit die Städte
selbst nicht schon sich die Herausgabe desselben angelegen sein lassen, soll durch
den Verein allgemein zugänglich gemacht werden. Man sieht, kostspielige und
schwierige Arbeiten sind hier angegriffen worden. Es liegt auf der Hand, daß
es nicht möglich ist, mit den gewöhnlichen Einkünften solcher Vereine diese
Leistungen zu bestreiten. Es ist ein gutes Zeichen, daß man sofort dies er¬
kannt und auf Herbeischaffung weiterer Subventionen bedacht gewesen ist.
Waitz hat es sofort ausgesprochen, wo die Geldhülfe gesucht werden müsse;
er meinte, die reichen Hansestädter würden sich schämen müssen, wenn sie,in¬
dolent genug wären, sich den Grundstein zu dem Ehrendenkmale ihrer Ge¬
schichte von einem süddeutschen Fürsten setzen zu lassen, ohne bereitwillig den
Ausbau und die Vollendung in die eigene Hand zu nehmen. Man hatte das
Vertrauen in den Lokalpatriotismus der großen norddeutschen Städte, und
dies Vertrauen hat nicht getäuscht.

Der Vorstand hat sich an alle die Städte / welche direkte Beziehungen
zur Hansa gehabt, mit der Bitte gewendet, sein Vorhaben durch Geldunter¬
stützungen zu fördern. Jährliche Beiträge hat er im Ganzen von 92 deutschen
und außerdeutschen Städten gefordert. Davon haben 38 solche gewährt, zum
Theil recht beträchtliche. Bis zur Generalversammlung von 1872 hatten 43
noch keine Antwort gegeben, -- ausdrückliche Ablehnungen sind von 11 Städten
eingelaufen, unter denen sich allerdings einige größere Communen, wie Stettin,
Frankfurt a. d. Oder, Königsberg in Preußen, befinden, deren unwissenschaftlicher
Sinn uns räthselhaft bleibt. Das Resultat ist, daß über 2l00 Thaler jährlich für
seine großen wissenschaftlichen Arbeiten dem Vereine zu Gebote stehen. Ein
Resultat, das uns doch im Ganzen ein sehr erfreuliches zu sein scheint, ein
thatsächlicher Erweis von der historischen Richtung unseres heutigen Bürger-
thums, von der Achtung unserer Städte vor ihrer eigenen Geschichte. Möchte
der gute Anfang auch diejenigen, die bisher noch zurückgeblieben oder gezau¬
dert, zum Eintritt und zur Theilnahme bewegen!

Derartigem wissenschaftlichen Unternehmungen ist es eigenthümlich, daß
eine gewisse Zeit vergeht, bis ihre ersten Früchte dem Auge der Welt sich
zeigen. Daß gut und fleißig und richtig gearbeitet wird, dafür bürgen die
Namen der verdienten Historiker, welche dem Unternehmen Pathen geworden
und im Vorstande oder auch nur im Vereine den Gang der Dinge beauf¬
sichtigen. Für die übrige Welt legt der Verein Zeugniß ab seines wissen-


Verein anzuknüpfen. Er bezeichnet es als seine nächste Aufgabe, die Hansa-
reeesse von 1430 ab zu veröffentlichen. Daneben steht eine andere nicht minder
wichtige Aufgabe. Es gilt neben den Recesftn das Quellenmaterial zu ver¬
vollständigen — die eigentlichen Urkunden jenen Beschlüssen und Abschieden
der Hansatage hinzuzufügen. Auch Stadtbücher, Stadtchroniken, culturhistori¬
sches Material zur Geschichte der einzelnen Hansestädte, so weit die Städte
selbst nicht schon sich die Herausgabe desselben angelegen sein lassen, soll durch
den Verein allgemein zugänglich gemacht werden. Man sieht, kostspielige und
schwierige Arbeiten sind hier angegriffen worden. Es liegt auf der Hand, daß
es nicht möglich ist, mit den gewöhnlichen Einkünften solcher Vereine diese
Leistungen zu bestreiten. Es ist ein gutes Zeichen, daß man sofort dies er¬
kannt und auf Herbeischaffung weiterer Subventionen bedacht gewesen ist.
Waitz hat es sofort ausgesprochen, wo die Geldhülfe gesucht werden müsse;
er meinte, die reichen Hansestädter würden sich schämen müssen, wenn sie,in¬
dolent genug wären, sich den Grundstein zu dem Ehrendenkmale ihrer Ge¬
schichte von einem süddeutschen Fürsten setzen zu lassen, ohne bereitwillig den
Ausbau und die Vollendung in die eigene Hand zu nehmen. Man hatte das
Vertrauen in den Lokalpatriotismus der großen norddeutschen Städte, und
dies Vertrauen hat nicht getäuscht.

Der Vorstand hat sich an alle die Städte / welche direkte Beziehungen
zur Hansa gehabt, mit der Bitte gewendet, sein Vorhaben durch Geldunter¬
stützungen zu fördern. Jährliche Beiträge hat er im Ganzen von 92 deutschen
und außerdeutschen Städten gefordert. Davon haben 38 solche gewährt, zum
Theil recht beträchtliche. Bis zur Generalversammlung von 1872 hatten 43
noch keine Antwort gegeben, — ausdrückliche Ablehnungen sind von 11 Städten
eingelaufen, unter denen sich allerdings einige größere Communen, wie Stettin,
Frankfurt a. d. Oder, Königsberg in Preußen, befinden, deren unwissenschaftlicher
Sinn uns räthselhaft bleibt. Das Resultat ist, daß über 2l00 Thaler jährlich für
seine großen wissenschaftlichen Arbeiten dem Vereine zu Gebote stehen. Ein
Resultat, das uns doch im Ganzen ein sehr erfreuliches zu sein scheint, ein
thatsächlicher Erweis von der historischen Richtung unseres heutigen Bürger-
thums, von der Achtung unserer Städte vor ihrer eigenen Geschichte. Möchte
der gute Anfang auch diejenigen, die bisher noch zurückgeblieben oder gezau¬
dert, zum Eintritt und zur Theilnahme bewegen!

Derartigem wissenschaftlichen Unternehmungen ist es eigenthümlich, daß
eine gewisse Zeit vergeht, bis ihre ersten Früchte dem Auge der Welt sich
zeigen. Daß gut und fleißig und richtig gearbeitet wird, dafür bürgen die
Namen der verdienten Historiker, welche dem Unternehmen Pathen geworden
und im Vorstande oder auch nur im Vereine den Gang der Dinge beauf¬
sichtigen. Für die übrige Welt legt der Verein Zeugniß ab seines wissen-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0351" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128805"/>
          <p xml:id="ID_1121" prev="#ID_1120"> Verein anzuknüpfen. Er bezeichnet es als seine nächste Aufgabe, die Hansa-<lb/>
reeesse von 1430 ab zu veröffentlichen. Daneben steht eine andere nicht minder<lb/>
wichtige Aufgabe. Es gilt neben den Recesftn das Quellenmaterial zu ver¬<lb/>
vollständigen &#x2014; die eigentlichen Urkunden jenen Beschlüssen und Abschieden<lb/>
der Hansatage hinzuzufügen. Auch Stadtbücher, Stadtchroniken, culturhistori¬<lb/>
sches Material zur Geschichte der einzelnen Hansestädte, so weit die Städte<lb/>
selbst nicht schon sich die Herausgabe desselben angelegen sein lassen, soll durch<lb/>
den Verein allgemein zugänglich gemacht werden. Man sieht, kostspielige und<lb/>
schwierige Arbeiten sind hier angegriffen worden. Es liegt auf der Hand, daß<lb/>
es nicht möglich ist, mit den gewöhnlichen Einkünften solcher Vereine diese<lb/>
Leistungen zu bestreiten. Es ist ein gutes Zeichen, daß man sofort dies er¬<lb/>
kannt und auf Herbeischaffung weiterer Subventionen bedacht gewesen ist.<lb/>
Waitz hat es sofort ausgesprochen, wo die Geldhülfe gesucht werden müsse;<lb/>
er meinte, die reichen Hansestädter würden sich schämen müssen, wenn sie,in¬<lb/>
dolent genug wären, sich den Grundstein zu dem Ehrendenkmale ihrer Ge¬<lb/>
schichte von einem süddeutschen Fürsten setzen zu lassen, ohne bereitwillig den<lb/>
Ausbau und die Vollendung in die eigene Hand zu nehmen. Man hatte das<lb/>
Vertrauen in den Lokalpatriotismus der großen norddeutschen Städte, und<lb/>
dies Vertrauen hat nicht getäuscht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1122"> Der Vorstand hat sich an alle die Städte / welche direkte Beziehungen<lb/>
zur Hansa gehabt, mit der Bitte gewendet, sein Vorhaben durch Geldunter¬<lb/>
stützungen zu fördern. Jährliche Beiträge hat er im Ganzen von 92 deutschen<lb/>
und außerdeutschen Städten gefordert. Davon haben 38 solche gewährt, zum<lb/>
Theil recht beträchtliche. Bis zur Generalversammlung von 1872 hatten 43<lb/>
noch keine Antwort gegeben, &#x2014; ausdrückliche Ablehnungen sind von 11 Städten<lb/>
eingelaufen, unter denen sich allerdings einige größere Communen, wie Stettin,<lb/>
Frankfurt a. d. Oder, Königsberg in Preußen, befinden, deren unwissenschaftlicher<lb/>
Sinn uns räthselhaft bleibt. Das Resultat ist, daß über 2l00 Thaler jährlich für<lb/>
seine großen wissenschaftlichen Arbeiten dem Vereine zu Gebote stehen. Ein<lb/>
Resultat, das uns doch im Ganzen ein sehr erfreuliches zu sein scheint, ein<lb/>
thatsächlicher Erweis von der historischen Richtung unseres heutigen Bürger-<lb/>
thums, von der Achtung unserer Städte vor ihrer eigenen Geschichte. Möchte<lb/>
der gute Anfang auch diejenigen, die bisher noch zurückgeblieben oder gezau¬<lb/>
dert, zum Eintritt und zur Theilnahme bewegen!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1123" next="#ID_1124"> Derartigem wissenschaftlichen Unternehmungen ist es eigenthümlich, daß<lb/>
eine gewisse Zeit vergeht, bis ihre ersten Früchte dem Auge der Welt sich<lb/>
zeigen. Daß gut und fleißig und richtig gearbeitet wird, dafür bürgen die<lb/>
Namen der verdienten Historiker, welche dem Unternehmen Pathen geworden<lb/>
und im Vorstande oder auch nur im Vereine den Gang der Dinge beauf¬<lb/>
sichtigen.  Für die übrige Welt legt der Verein Zeugniß ab seines wissen-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0351] Verein anzuknüpfen. Er bezeichnet es als seine nächste Aufgabe, die Hansa- reeesse von 1430 ab zu veröffentlichen. Daneben steht eine andere nicht minder wichtige Aufgabe. Es gilt neben den Recesftn das Quellenmaterial zu ver¬ vollständigen — die eigentlichen Urkunden jenen Beschlüssen und Abschieden der Hansatage hinzuzufügen. Auch Stadtbücher, Stadtchroniken, culturhistori¬ sches Material zur Geschichte der einzelnen Hansestädte, so weit die Städte selbst nicht schon sich die Herausgabe desselben angelegen sein lassen, soll durch den Verein allgemein zugänglich gemacht werden. Man sieht, kostspielige und schwierige Arbeiten sind hier angegriffen worden. Es liegt auf der Hand, daß es nicht möglich ist, mit den gewöhnlichen Einkünften solcher Vereine diese Leistungen zu bestreiten. Es ist ein gutes Zeichen, daß man sofort dies er¬ kannt und auf Herbeischaffung weiterer Subventionen bedacht gewesen ist. Waitz hat es sofort ausgesprochen, wo die Geldhülfe gesucht werden müsse; er meinte, die reichen Hansestädter würden sich schämen müssen, wenn sie,in¬ dolent genug wären, sich den Grundstein zu dem Ehrendenkmale ihrer Ge¬ schichte von einem süddeutschen Fürsten setzen zu lassen, ohne bereitwillig den Ausbau und die Vollendung in die eigene Hand zu nehmen. Man hatte das Vertrauen in den Lokalpatriotismus der großen norddeutschen Städte, und dies Vertrauen hat nicht getäuscht. Der Vorstand hat sich an alle die Städte / welche direkte Beziehungen zur Hansa gehabt, mit der Bitte gewendet, sein Vorhaben durch Geldunter¬ stützungen zu fördern. Jährliche Beiträge hat er im Ganzen von 92 deutschen und außerdeutschen Städten gefordert. Davon haben 38 solche gewährt, zum Theil recht beträchtliche. Bis zur Generalversammlung von 1872 hatten 43 noch keine Antwort gegeben, — ausdrückliche Ablehnungen sind von 11 Städten eingelaufen, unter denen sich allerdings einige größere Communen, wie Stettin, Frankfurt a. d. Oder, Königsberg in Preußen, befinden, deren unwissenschaftlicher Sinn uns räthselhaft bleibt. Das Resultat ist, daß über 2l00 Thaler jährlich für seine großen wissenschaftlichen Arbeiten dem Vereine zu Gebote stehen. Ein Resultat, das uns doch im Ganzen ein sehr erfreuliches zu sein scheint, ein thatsächlicher Erweis von der historischen Richtung unseres heutigen Bürger- thums, von der Achtung unserer Städte vor ihrer eigenen Geschichte. Möchte der gute Anfang auch diejenigen, die bisher noch zurückgeblieben oder gezau¬ dert, zum Eintritt und zur Theilnahme bewegen! Derartigem wissenschaftlichen Unternehmungen ist es eigenthümlich, daß eine gewisse Zeit vergeht, bis ihre ersten Früchte dem Auge der Welt sich zeigen. Daß gut und fleißig und richtig gearbeitet wird, dafür bürgen die Namen der verdienten Historiker, welche dem Unternehmen Pathen geworden und im Vorstande oder auch nur im Vereine den Gang der Dinge beauf¬ sichtigen. Für die übrige Welt legt der Verein Zeugniß ab seines wissen-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/351
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/351>, abgerufen am 02.07.2024.