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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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neben Dampfschiffen. In dem neuen englischen Werke von Evans über
das Steinzeitalter Großbritanniens*), auf welches wir hier näher
eingehen wollen, finden wir diese Vermischung durch ein sehr hübsches Bei¬
spiel ausgedrückt: "Wie die drei Hauptfarben des Regenbogens sich über¬
fangen, untermischen und gegenseitig beschatten, so auch diese drei Stadien der
Civilisation." Es liegt auf der Hand, daß die ersten Bronzegeräthe selten
sein mußten und hoch im Preise standen zu einer Zeit, als noch allgemein
Steinwaffen gebraucht wurden und ebenso ging es mit dem Eisen, das nach
seiner Entdeckung dem glücklichen Besitzer einen gewaltigen Borsprung über
seinen mit einer Bronzewaffe versehenen Gegner gab. Im Anfange mochte
ein Bronze- oder Eisenschwert nur in den Händen eines großen Häuptlings
sein , der nicht weniger stolz auf seinen Besitz war, wie heute ein Neger auf
den Besitz eines Feuergewehres inmitten seiner nur mit Speeren oder Bogen
bewaffneten Landsleute. Im Beginn jeder neuen Periode waren diese Me¬
talle nur auf Wenige beschränkt; sie nahmen nach und nach aber überHand,
verdrängten die alten Geräthe und herrschten schließlich allein, so wie der
Hinterlader jetzt den Vorderlader bei allen europäischen Heeren verdrängt hat.

Aber kehren wir zu unseren prähistorischen Zeiten zurück. Es ist nicht
blos Vermuthung, daß die drei Perioden allmählich in einander übergingen
und daß je zwei von ihnen, also Stein- und Bronzezeit, Bronzezeit und
Eisenzeit in der Grenzepoche vermischt neben einander bestanden. Die alten
Grabstätten, welche in der letzten Zeit so oft geöffnet und untersucht wurden,
geben uns hierfür die Gewißheit. So wurde z. B. zu Gristhorpe in Uork-
shire das Skelett eines britischen Häuptlings in einem Sarge, aus einem
Cichenstamme bestehend, ausgegraben, bei dem Perlen, die Samen der alt¬
heiliger Mistel und eine ganze Reihe von Steinwaffen lagen. Mitten zwischen
diesen aber ein Dolch aus Bronze, der gewiß als etwas besonders kostbares
seinem Besitzer mit ins Grab gegeben worden war, in einer Zeit, als die
Steinwaffen noch allgemein herrschten. Indessen waren die dänischen Alter¬
thumsforscher keineswegs die ersten, welche auf die Thatsache hinwiesen, daß
Stein und Bronze dem Eisen vorangingen, wenn auch ihnen das Verdienst
nicht abgesprochen werden darf, daß sie diese Einteilung zuerst systematisch
wachten und ihr allgemeine Anerkennung verschafften. Schon 1632 finden
K>ir in Clüver's Aerwaniiw antiquae lidii III darauf hinzielende Bemer¬
kungen und 1714 ist es Johannes Oesterling, Student zu Marburg, welcher
in seiner Dissertation (ac armis laxideis veterum Oattoruw) über die alten
Steinwaffen unserer Vorfahren, die Donnerkeile u. s. w. Ansichten ausspricht.



") ril" Änvient "donc implsmsnts, vvoapons ana ol'n.'einlud" <Z> ent villa!". .7ol",
^"us. i<'. R. 8. I^onaon, I^o"hin"us "us 0o. 1872.

neben Dampfschiffen. In dem neuen englischen Werke von Evans über
das Steinzeitalter Großbritanniens*), auf welches wir hier näher
eingehen wollen, finden wir diese Vermischung durch ein sehr hübsches Bei¬
spiel ausgedrückt: „Wie die drei Hauptfarben des Regenbogens sich über¬
fangen, untermischen und gegenseitig beschatten, so auch diese drei Stadien der
Civilisation." Es liegt auf der Hand, daß die ersten Bronzegeräthe selten
sein mußten und hoch im Preise standen zu einer Zeit, als noch allgemein
Steinwaffen gebraucht wurden und ebenso ging es mit dem Eisen, das nach
seiner Entdeckung dem glücklichen Besitzer einen gewaltigen Borsprung über
seinen mit einer Bronzewaffe versehenen Gegner gab. Im Anfange mochte
ein Bronze- oder Eisenschwert nur in den Händen eines großen Häuptlings
sein , der nicht weniger stolz auf seinen Besitz war, wie heute ein Neger auf
den Besitz eines Feuergewehres inmitten seiner nur mit Speeren oder Bogen
bewaffneten Landsleute. Im Beginn jeder neuen Periode waren diese Me¬
talle nur auf Wenige beschränkt; sie nahmen nach und nach aber überHand,
verdrängten die alten Geräthe und herrschten schließlich allein, so wie der
Hinterlader jetzt den Vorderlader bei allen europäischen Heeren verdrängt hat.

Aber kehren wir zu unseren prähistorischen Zeiten zurück. Es ist nicht
blos Vermuthung, daß die drei Perioden allmählich in einander übergingen
und daß je zwei von ihnen, also Stein- und Bronzezeit, Bronzezeit und
Eisenzeit in der Grenzepoche vermischt neben einander bestanden. Die alten
Grabstätten, welche in der letzten Zeit so oft geöffnet und untersucht wurden,
geben uns hierfür die Gewißheit. So wurde z. B. zu Gristhorpe in Uork-
shire das Skelett eines britischen Häuptlings in einem Sarge, aus einem
Cichenstamme bestehend, ausgegraben, bei dem Perlen, die Samen der alt¬
heiliger Mistel und eine ganze Reihe von Steinwaffen lagen. Mitten zwischen
diesen aber ein Dolch aus Bronze, der gewiß als etwas besonders kostbares
seinem Besitzer mit ins Grab gegeben worden war, in einer Zeit, als die
Steinwaffen noch allgemein herrschten. Indessen waren die dänischen Alter¬
thumsforscher keineswegs die ersten, welche auf die Thatsache hinwiesen, daß
Stein und Bronze dem Eisen vorangingen, wenn auch ihnen das Verdienst
nicht abgesprochen werden darf, daß sie diese Einteilung zuerst systematisch
wachten und ihr allgemeine Anerkennung verschafften. Schon 1632 finden
K>ir in Clüver's Aerwaniiw antiquae lidii III darauf hinzielende Bemer¬
kungen und 1714 ist es Johannes Oesterling, Student zu Marburg, welcher
in seiner Dissertation (ac armis laxideis veterum Oattoruw) über die alten
Steinwaffen unserer Vorfahren, die Donnerkeile u. s. w. Ansichten ausspricht.



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[0303] neben Dampfschiffen. In dem neuen englischen Werke von Evans über das Steinzeitalter Großbritanniens*), auf welches wir hier näher eingehen wollen, finden wir diese Vermischung durch ein sehr hübsches Bei¬ spiel ausgedrückt: „Wie die drei Hauptfarben des Regenbogens sich über¬ fangen, untermischen und gegenseitig beschatten, so auch diese drei Stadien der Civilisation." Es liegt auf der Hand, daß die ersten Bronzegeräthe selten sein mußten und hoch im Preise standen zu einer Zeit, als noch allgemein Steinwaffen gebraucht wurden und ebenso ging es mit dem Eisen, das nach seiner Entdeckung dem glücklichen Besitzer einen gewaltigen Borsprung über seinen mit einer Bronzewaffe versehenen Gegner gab. Im Anfange mochte ein Bronze- oder Eisenschwert nur in den Händen eines großen Häuptlings sein , der nicht weniger stolz auf seinen Besitz war, wie heute ein Neger auf den Besitz eines Feuergewehres inmitten seiner nur mit Speeren oder Bogen bewaffneten Landsleute. Im Beginn jeder neuen Periode waren diese Me¬ talle nur auf Wenige beschränkt; sie nahmen nach und nach aber überHand, verdrängten die alten Geräthe und herrschten schließlich allein, so wie der Hinterlader jetzt den Vorderlader bei allen europäischen Heeren verdrängt hat. Aber kehren wir zu unseren prähistorischen Zeiten zurück. Es ist nicht blos Vermuthung, daß die drei Perioden allmählich in einander übergingen und daß je zwei von ihnen, also Stein- und Bronzezeit, Bronzezeit und Eisenzeit in der Grenzepoche vermischt neben einander bestanden. Die alten Grabstätten, welche in der letzten Zeit so oft geöffnet und untersucht wurden, geben uns hierfür die Gewißheit. So wurde z. B. zu Gristhorpe in Uork- shire das Skelett eines britischen Häuptlings in einem Sarge, aus einem Cichenstamme bestehend, ausgegraben, bei dem Perlen, die Samen der alt¬ heiliger Mistel und eine ganze Reihe von Steinwaffen lagen. Mitten zwischen diesen aber ein Dolch aus Bronze, der gewiß als etwas besonders kostbares seinem Besitzer mit ins Grab gegeben worden war, in einer Zeit, als die Steinwaffen noch allgemein herrschten. Indessen waren die dänischen Alter¬ thumsforscher keineswegs die ersten, welche auf die Thatsache hinwiesen, daß Stein und Bronze dem Eisen vorangingen, wenn auch ihnen das Verdienst nicht abgesprochen werden darf, daß sie diese Einteilung zuerst systematisch wachten und ihr allgemeine Anerkennung verschafften. Schon 1632 finden K>ir in Clüver's Aerwaniiw antiquae lidii III darauf hinzielende Bemer¬ kungen und 1714 ist es Johannes Oesterling, Student zu Marburg, welcher in seiner Dissertation (ac armis laxideis veterum Oattoruw) über die alten Steinwaffen unserer Vorfahren, die Donnerkeile u. s. w. Ansichten ausspricht. ") ril« Änvient «donc implsmsnts, vvoapons ana ol'n.'einlud« <Z> ent villa!». .7ol», ^»us. i<'. R. 8. I^onaon, I^o»hin»us »us 0o. 1872.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/303>, abgerufen am 30.06.2024.