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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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Art. 57. In dem Jahre, welches der Einberufung der Classe vorangeht, können
die in Art. 54 erwähnten jungen Leute, welche ihre Studien in der Facultcit oder
in den Schulen, denen sie angehören, nicht beendet haben, die sie aber in einer be¬
stimmten Zeit zu beenden wünschen, von der Militärbehörde einen Aufschub für den
Eintritt in das Corps erlangen, in dem sie sich engagirt haben. Der Aufschub kann
ihnen nur bis zum vollendeten 23. Lebensjahre bewilligt werden.

Art. 58. Nachdem die einjährigen Freiwilligen alle von Art. 66 geforderten
Prüfungen bestanden haben, können sie ihre Bestallungsbriefe als Unterofficiere oder
entsprechende Stellen erhalten. Specielle Gesetze werden die Verwendung dieser jungen
Leute, sei es in der Disponibilität, sei es in der Reserve der activen Armee, sei es in
der Territorial-Armee, oder in den verschiedenen Dicnstzweigcn, für welche sie ihre
Studien am geeignetsten erscheinen lassen, bestimmen.

Nicht mit Unrecht wurde von mehreren Seiten das Institut der Ein¬
jährig-Freiwilligen in der Form, in welcher es die vorstehenden Artikel fest¬
stellen, als zu exclusiv bezeichnet. Trotz dieser Einwürfe wurde der Artikel votirt.
Eine erhebliche Abschwächung des Instituts der Einjährig-Freiwilligen besteht
darin, daß sie nicht wie in Preußen dazu herangebildet und dazu berufen
werden, in der Reserve oder in der Territorial-Armee Ossi clere zu werden.

Zu Artikel 34 wurde am 19. Juni ein Amendement des Generals
Guillemaut angenommen, wonach die Ziffer der jährlich zum Freiwil¬
li gendienst zu verstattenden jungen Leute nach Departements und im Ver¬
hältniß zum Gesammt-Contingent fixirt werden soll. Dann werden die Artikel
S6 und 57 ohne Weiteres acceptirt. -- Zu Art. 57 erwirkt der Bischof Du-
panlonp, daß die Einberufung der Freiwilligen nicht blos bis zu ihrem
23., sondern bis zu ihrem 24. Lebensjahre verschoben bleiben kann. Der
Bischof von Orleans hält dies für nothwendig, damit die jungen Leute nicht
mitten in ihren Studien unterbrochen würden; die wichtigen Lehrgänge der
"Rhetorik" und namentlich der Philosophie für die gelehrte Jugend erfordern
seiner Ansicht nach mindestens je zwei Jahre. -- Zu Art. 58 beantragt Herr
Target, daß der Nummerntausch "zwischen Brüdern, Schwägern und Ver¬
wandten bis zum sechsten Grade exclusive" gestattet sein soll. Das Amende-
ment wird getheilt und der Nummerntausch zwischen Brüdern unter Aus¬
schließung des Restes mit 306 gegen 271 Stimmen zugelassen.

Titel V des Gesetzes enthält die Strafbestimmungen. (Art. 59--
68.) Die Motive zu denselben heben hervor, daß die Strafen namentlich in Rück¬
sicht auf die Wichtigkeit und Richtigkeit der Matrikel bemessen seien, in denen
jeder Dienstpflichtige verzeichnet stehe, und daß mit der neuen Strafe der
öffentlichen Bekanntgebung der Namen derer, die im Kriegsfalle ausbleiben,
lediglich ein Appell an das Ehrgefühl beabsichtigt werde. Die Strafen sind
zum Theil sehr streng.


Art. 57. In dem Jahre, welches der Einberufung der Classe vorangeht, können
die in Art. 54 erwähnten jungen Leute, welche ihre Studien in der Facultcit oder
in den Schulen, denen sie angehören, nicht beendet haben, die sie aber in einer be¬
stimmten Zeit zu beenden wünschen, von der Militärbehörde einen Aufschub für den
Eintritt in das Corps erlangen, in dem sie sich engagirt haben. Der Aufschub kann
ihnen nur bis zum vollendeten 23. Lebensjahre bewilligt werden.

Art. 58. Nachdem die einjährigen Freiwilligen alle von Art. 66 geforderten
Prüfungen bestanden haben, können sie ihre Bestallungsbriefe als Unterofficiere oder
entsprechende Stellen erhalten. Specielle Gesetze werden die Verwendung dieser jungen
Leute, sei es in der Disponibilität, sei es in der Reserve der activen Armee, sei es in
der Territorial-Armee, oder in den verschiedenen Dicnstzweigcn, für welche sie ihre
Studien am geeignetsten erscheinen lassen, bestimmen.

Nicht mit Unrecht wurde von mehreren Seiten das Institut der Ein¬
jährig-Freiwilligen in der Form, in welcher es die vorstehenden Artikel fest¬
stellen, als zu exclusiv bezeichnet. Trotz dieser Einwürfe wurde der Artikel votirt.
Eine erhebliche Abschwächung des Instituts der Einjährig-Freiwilligen besteht
darin, daß sie nicht wie in Preußen dazu herangebildet und dazu berufen
werden, in der Reserve oder in der Territorial-Armee Ossi clere zu werden.

Zu Artikel 34 wurde am 19. Juni ein Amendement des Generals
Guillemaut angenommen, wonach die Ziffer der jährlich zum Freiwil¬
li gendienst zu verstattenden jungen Leute nach Departements und im Ver¬
hältniß zum Gesammt-Contingent fixirt werden soll. Dann werden die Artikel
S6 und 57 ohne Weiteres acceptirt. — Zu Art. 57 erwirkt der Bischof Du-
panlonp, daß die Einberufung der Freiwilligen nicht blos bis zu ihrem
23., sondern bis zu ihrem 24. Lebensjahre verschoben bleiben kann. Der
Bischof von Orleans hält dies für nothwendig, damit die jungen Leute nicht
mitten in ihren Studien unterbrochen würden; die wichtigen Lehrgänge der
„Rhetorik" und namentlich der Philosophie für die gelehrte Jugend erfordern
seiner Ansicht nach mindestens je zwei Jahre. — Zu Art. 58 beantragt Herr
Target, daß der Nummerntausch „zwischen Brüdern, Schwägern und Ver¬
wandten bis zum sechsten Grade exclusive" gestattet sein soll. Das Amende-
ment wird getheilt und der Nummerntausch zwischen Brüdern unter Aus¬
schließung des Restes mit 306 gegen 271 Stimmen zugelassen.

Titel V des Gesetzes enthält die Strafbestimmungen. (Art. 59—
68.) Die Motive zu denselben heben hervor, daß die Strafen namentlich in Rück¬
sicht auf die Wichtigkeit und Richtigkeit der Matrikel bemessen seien, in denen
jeder Dienstpflichtige verzeichnet stehe, und daß mit der neuen Strafe der
öffentlichen Bekanntgebung der Namen derer, die im Kriegsfalle ausbleiben,
lediglich ein Appell an das Ehrgefühl beabsichtigt werde. Die Strafen sind
zum Theil sehr streng.


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[0274] Art. 57. In dem Jahre, welches der Einberufung der Classe vorangeht, können die in Art. 54 erwähnten jungen Leute, welche ihre Studien in der Facultcit oder in den Schulen, denen sie angehören, nicht beendet haben, die sie aber in einer be¬ stimmten Zeit zu beenden wünschen, von der Militärbehörde einen Aufschub für den Eintritt in das Corps erlangen, in dem sie sich engagirt haben. Der Aufschub kann ihnen nur bis zum vollendeten 23. Lebensjahre bewilligt werden. Art. 58. Nachdem die einjährigen Freiwilligen alle von Art. 66 geforderten Prüfungen bestanden haben, können sie ihre Bestallungsbriefe als Unterofficiere oder entsprechende Stellen erhalten. Specielle Gesetze werden die Verwendung dieser jungen Leute, sei es in der Disponibilität, sei es in der Reserve der activen Armee, sei es in der Territorial-Armee, oder in den verschiedenen Dicnstzweigcn, für welche sie ihre Studien am geeignetsten erscheinen lassen, bestimmen. Nicht mit Unrecht wurde von mehreren Seiten das Institut der Ein¬ jährig-Freiwilligen in der Form, in welcher es die vorstehenden Artikel fest¬ stellen, als zu exclusiv bezeichnet. Trotz dieser Einwürfe wurde der Artikel votirt. Eine erhebliche Abschwächung des Instituts der Einjährig-Freiwilligen besteht darin, daß sie nicht wie in Preußen dazu herangebildet und dazu berufen werden, in der Reserve oder in der Territorial-Armee Ossi clere zu werden. Zu Artikel 34 wurde am 19. Juni ein Amendement des Generals Guillemaut angenommen, wonach die Ziffer der jährlich zum Freiwil¬ li gendienst zu verstattenden jungen Leute nach Departements und im Ver¬ hältniß zum Gesammt-Contingent fixirt werden soll. Dann werden die Artikel S6 und 57 ohne Weiteres acceptirt. — Zu Art. 57 erwirkt der Bischof Du- panlonp, daß die Einberufung der Freiwilligen nicht blos bis zu ihrem 23., sondern bis zu ihrem 24. Lebensjahre verschoben bleiben kann. Der Bischof von Orleans hält dies für nothwendig, damit die jungen Leute nicht mitten in ihren Studien unterbrochen würden; die wichtigen Lehrgänge der „Rhetorik" und namentlich der Philosophie für die gelehrte Jugend erfordern seiner Ansicht nach mindestens je zwei Jahre. — Zu Art. 58 beantragt Herr Target, daß der Nummerntausch „zwischen Brüdern, Schwägern und Ver¬ wandten bis zum sechsten Grade exclusive" gestattet sein soll. Das Amende- ment wird getheilt und der Nummerntausch zwischen Brüdern unter Aus¬ schließung des Restes mit 306 gegen 271 Stimmen zugelassen. Titel V des Gesetzes enthält die Strafbestimmungen. (Art. 59— 68.) Die Motive zu denselben heben hervor, daß die Strafen namentlich in Rück¬ sicht auf die Wichtigkeit und Richtigkeit der Matrikel bemessen seien, in denen jeder Dienstpflichtige verzeichnet stehe, und daß mit der neuen Strafe der öffentlichen Bekanntgebung der Namen derer, die im Kriegsfalle ausbleiben, lediglich ein Appell an das Ehrgefühl beabsichtigt werde. Die Strafen sind zum Theil sehr streng.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/274>, abgerufen am 22.07.2024.