Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.Bach tragen? Du sollst auch ein Trinkgeld erhalten." -- "Zu Befehl. Ex¬ Niemand denkt leicht daran, Zigeuner zu Garten- oder Ackerarbeiten zu Frankreich und die allgemeine Wehrpflicht von Max Jähns. XV. (Schluß.) Als sich im Februar 1814 die Friedensverhandlungen zwischen den Bach tragen? Du sollst auch ein Trinkgeld erhalten." — „Zu Befehl. Ex¬ Niemand denkt leicht daran, Zigeuner zu Garten- oder Ackerarbeiten zu Frankreich und die allgemeine Wehrpflicht von Max Jähns. XV. (Schluß.) Als sich im Februar 1814 die Friedensverhandlungen zwischen den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0259" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128713"/> <p xml:id="ID_776" prev="#ID_775"> Bach tragen? Du sollst auch ein Trinkgeld erhalten." — „Zu Befehl. Ex¬<lb/> cellenz", lautet die Antwort, „das ist's gerade, was sich der Andres wünscht."<lb/> — Damit beugt sich der Bursche nieder, nimmt den schmächtigen, durchaus<lb/> nicht schweren Herrn auf den Rücken und steigt mit seiner Last ins Wasser.<lb/> „Nur langsam, nur vorsichtig", mahnt Graf X> „Bringst Du mich glücklich<lb/> hinüber, so sollst Du ein gutes Trinkgeld kriegen. Komm nur morgen früh<lb/> zu mir. Heute habe ich kein Geld bei mir." O weh, das war unvorsichtig<lb/> geredet: der arme Graf hatte sich nicht überlegt, daß er auf einem Zigeuner<lb/> ritt. „Was!" ruft dieser. „Der Herr Graf Excellenz haben kein Geld bei<lb/> sich. Da kann ich armer alter Mann nicht weiter tragen." Spricht's, wirft<lb/> seinen Reiter ab, mitten ins Gewässer und läuft windschnell davon."</p><lb/> <p xml:id="ID_777"> Niemand denkt leicht daran, Zigeuner zu Garten- oder Ackerarbeiten zu<lb/> miethen, da sie höchstens den vierten Theil dessen vor sich bringen, was An¬<lb/> dere leisten. Dagegen eignen sie sich vortrefflich zum Botenlaufen. Mit fast<lb/> unglaublicher Schnelligkeit besorgen junge Männer Geschäfte, die sie Tage¬<lb/> reisen weit durch Wälder und Flüsse, über Berg und Thal führen. Der Fall<lb/> ist constatirt, daß ein solcher Bote, mit einem Stück Schwarzbrod ausgerüstet,<lb/> Morgens vor Sonnenaufgang im Hochsommer aufbrach und Abends die Ant¬<lb/> wort brachte, nachdem er 14 deutsche Meilen über das Gebirge zurückgelegt<lb/> hatte. Sonst verrathen die Wittgensteiner Zigeuner keine Wanderlust. Eben¬<lb/> so weichen sie von anderen Leuten ihres Namens dadurch ab, daß sie sich<lb/> nicht mit Wahrsagen und Seiltänzerkünsten abgeben. Auffallend ist, daß sie<lb/> gute Soldaten liefern , nur schade, daß sie das Gute, welches die militärische<lb/> Zucht ihnen beibringt, stets mit der Uniform wieder ablegen. Sie sind eben<lb/> unverbesserlich. Die Fürsten von Wittgenstein und die preußische Regierung<lb/> haben alles Mögliche versucht, um aus ihnen nützliche Orts- und Staats¬<lb/> bürger zu bilden. Umsonst. Die Einwirkung wohlwollender Pfarrer und<lb/> Amtleute sind vergeblich gewesen. Die Zigeuner bleiben Fremdlinge im Hause,<lb/> ohne Verständniß und Interesse für Land und Volk, die sie aufgenommen<lb/> haben, und lediglich Sclaven des eigenen täglichen Bedürfnisses.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Frankreich und die allgemeine Wehrpflicht<lb/><note type="byline"> von<lb/> Max Jähns.</note></head><lb/> <div n="2"> <head> XV.<lb/> (Schluß.)</head><lb/> <p xml:id="ID_778" next="#ID_779"> Als sich im Februar 1814 die Friedensverhandlungen zwischen den<lb/> Verbündeten und Napoleon I- zerschlagen hatten, in welchen dem doch schon</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0259]
Bach tragen? Du sollst auch ein Trinkgeld erhalten." — „Zu Befehl. Ex¬
cellenz", lautet die Antwort, „das ist's gerade, was sich der Andres wünscht."
— Damit beugt sich der Bursche nieder, nimmt den schmächtigen, durchaus
nicht schweren Herrn auf den Rücken und steigt mit seiner Last ins Wasser.
„Nur langsam, nur vorsichtig", mahnt Graf X> „Bringst Du mich glücklich
hinüber, so sollst Du ein gutes Trinkgeld kriegen. Komm nur morgen früh
zu mir. Heute habe ich kein Geld bei mir." O weh, das war unvorsichtig
geredet: der arme Graf hatte sich nicht überlegt, daß er auf einem Zigeuner
ritt. „Was!" ruft dieser. „Der Herr Graf Excellenz haben kein Geld bei
sich. Da kann ich armer alter Mann nicht weiter tragen." Spricht's, wirft
seinen Reiter ab, mitten ins Gewässer und läuft windschnell davon."
Niemand denkt leicht daran, Zigeuner zu Garten- oder Ackerarbeiten zu
miethen, da sie höchstens den vierten Theil dessen vor sich bringen, was An¬
dere leisten. Dagegen eignen sie sich vortrefflich zum Botenlaufen. Mit fast
unglaublicher Schnelligkeit besorgen junge Männer Geschäfte, die sie Tage¬
reisen weit durch Wälder und Flüsse, über Berg und Thal führen. Der Fall
ist constatirt, daß ein solcher Bote, mit einem Stück Schwarzbrod ausgerüstet,
Morgens vor Sonnenaufgang im Hochsommer aufbrach und Abends die Ant¬
wort brachte, nachdem er 14 deutsche Meilen über das Gebirge zurückgelegt
hatte. Sonst verrathen die Wittgensteiner Zigeuner keine Wanderlust. Eben¬
so weichen sie von anderen Leuten ihres Namens dadurch ab, daß sie sich
nicht mit Wahrsagen und Seiltänzerkünsten abgeben. Auffallend ist, daß sie
gute Soldaten liefern , nur schade, daß sie das Gute, welches die militärische
Zucht ihnen beibringt, stets mit der Uniform wieder ablegen. Sie sind eben
unverbesserlich. Die Fürsten von Wittgenstein und die preußische Regierung
haben alles Mögliche versucht, um aus ihnen nützliche Orts- und Staats¬
bürger zu bilden. Umsonst. Die Einwirkung wohlwollender Pfarrer und
Amtleute sind vergeblich gewesen. Die Zigeuner bleiben Fremdlinge im Hause,
ohne Verständniß und Interesse für Land und Volk, die sie aufgenommen
haben, und lediglich Sclaven des eigenen täglichen Bedürfnisses.
Frankreich und die allgemeine Wehrpflicht
von
Max Jähns.
XV.
(Schluß.)
Als sich im Februar 1814 die Friedensverhandlungen zwischen den
Verbündeten und Napoleon I- zerschlagen hatten, in welchen dem doch schon
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