Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

die Bauern von Laurium, die plötzlich so viel Geld erhielten, wie sie niemals
geträumt, veranstalteten eine großartige Festlichkeit zu Ehren der Fremden.

Rour und Serpieri kehrten nun befriedigt nach Athen zurück. Sie hatten
jetzt blos noch mit der Regierung zu unterhandeln, da in Griechenland der
Bergbau Regal ist. Der französische Gesandte vermittelte das Geschäft und
gegen die geringe Summe von 10,800 Franken erhielten die beiden Fremden
das Eigenthumsrecht über den von ihnen erkauften Boden bei Laurium. In
dem Coneesfionsgesuche derselben an die Regierung heißt es: "I,g. soeieto äs-
mancls la, Concession ein clioit ä'exvloiter Ich anciennes mines existent sur
uns certaine etenäue (1000 liectaies environ) as ig, commune ä<z taurina,
et los anciens minsrais ac la Miene arZentitöre existent aux alentours cles-
clites ruines." In legaler Form wurde dies auch gewährt. Man beachte
wohl, sie erhielten das Recht, die alten silberführenden Zinkerze (g^I^ne ar-
AeiuMre) auszunutzen.

Sofort gingen die Unternehmer, denen bedeutende Kapitalien zu Gebote
standen, in wahrhaft großartiger Weise an die Arbeit und schufen an einem
Orte, an welchem bisher nur einsame Ziegenhirten zu sehen waren, ein mäch¬
tiges Culturcentrum. Das Aufblühen der Stadt Laurium an der Stelle
eines elenden Dorfes hatte in der That etwas Amerikanisches. Eine Eisenbahn
von 10 Kilometer Länge, die erste in Griechenland überhaupt, wurde gebaut;
Hotels und Arbeiterwohnungen erhoben sich, großartige Hüttenwerke wuchsen aus
dem bis dahin sterilen Boden auf, zehn deutsche Meilen vortrefflich maccada-
misirter Straßen durchzogen das Gebiet; von nah und fern strömten Arbeiter
herbei. Tausende, die am Hungertuche genagt, fanden reichlichen Lohn und im
Hafen lagen da. wo sonst höchstens ein Fischerboot gelandet, stolze Dreimaster
mit der italienischen, englischen oder französischen Flagge. Das war eine
Leistung, die nicht zu unterschätzen ist, es war in dem verkommenen Griechen¬
land eine Stätte gegründet worden, wie sie bis dahin dort nirgends zu finden
war.

Wie sollte da der Neid der Regierung, der Griechen überhaupt und der
landesüblichen Banditen nicht rege werden? Eines Tages wurden die Direc-
toren benachrichtigt, daß Kytzos, "Fürst von Attika", wie er sich bescheiden
nannte, von ihnen eine Abgabe von nur 60,000 Francs verlange; zum Glück
wurde dieser Räuber getödtet ehe er diese Summe einstreichen konnte; mit dem
berüchtigten Sparvs und seiner Bande wäre es jedoch beinahe zu einer Schlacht
gekommen; schon waren die Arbeiter der Hüttenwerke bewaffnet in Reih und
Glied gestellt, als noch rechtzeitig eine Truppenabtheilung von Athen erschien.
Unterdessen beschlich die griechische Regierung und das Volk eine ähnliche
Stimmung, wie jene Räuber sie hatten; der Neid wuchs aufs höchste. Man
sah Fremdlinge, welche den heiligen Boden Griechenlands ausbeuteten und


die Bauern von Laurium, die plötzlich so viel Geld erhielten, wie sie niemals
geträumt, veranstalteten eine großartige Festlichkeit zu Ehren der Fremden.

Rour und Serpieri kehrten nun befriedigt nach Athen zurück. Sie hatten
jetzt blos noch mit der Regierung zu unterhandeln, da in Griechenland der
Bergbau Regal ist. Der französische Gesandte vermittelte das Geschäft und
gegen die geringe Summe von 10,800 Franken erhielten die beiden Fremden
das Eigenthumsrecht über den von ihnen erkauften Boden bei Laurium. In
dem Coneesfionsgesuche derselben an die Regierung heißt es: „I,g. soeieto äs-
mancls la, Concession ein clioit ä'exvloiter Ich anciennes mines existent sur
uns certaine etenäue (1000 liectaies environ) as ig, commune ä<z taurina,
et los anciens minsrais ac la Miene arZentitöre existent aux alentours cles-
clites ruines." In legaler Form wurde dies auch gewährt. Man beachte
wohl, sie erhielten das Recht, die alten silberführenden Zinkerze (g^I^ne ar-
AeiuMre) auszunutzen.

Sofort gingen die Unternehmer, denen bedeutende Kapitalien zu Gebote
standen, in wahrhaft großartiger Weise an die Arbeit und schufen an einem
Orte, an welchem bisher nur einsame Ziegenhirten zu sehen waren, ein mäch¬
tiges Culturcentrum. Das Aufblühen der Stadt Laurium an der Stelle
eines elenden Dorfes hatte in der That etwas Amerikanisches. Eine Eisenbahn
von 10 Kilometer Länge, die erste in Griechenland überhaupt, wurde gebaut;
Hotels und Arbeiterwohnungen erhoben sich, großartige Hüttenwerke wuchsen aus
dem bis dahin sterilen Boden auf, zehn deutsche Meilen vortrefflich maccada-
misirter Straßen durchzogen das Gebiet; von nah und fern strömten Arbeiter
herbei. Tausende, die am Hungertuche genagt, fanden reichlichen Lohn und im
Hafen lagen da. wo sonst höchstens ein Fischerboot gelandet, stolze Dreimaster
mit der italienischen, englischen oder französischen Flagge. Das war eine
Leistung, die nicht zu unterschätzen ist, es war in dem verkommenen Griechen¬
land eine Stätte gegründet worden, wie sie bis dahin dort nirgends zu finden
war.

Wie sollte da der Neid der Regierung, der Griechen überhaupt und der
landesüblichen Banditen nicht rege werden? Eines Tages wurden die Direc-
toren benachrichtigt, daß Kytzos, „Fürst von Attika", wie er sich bescheiden
nannte, von ihnen eine Abgabe von nur 60,000 Francs verlange; zum Glück
wurde dieser Räuber getödtet ehe er diese Summe einstreichen konnte; mit dem
berüchtigten Sparvs und seiner Bande wäre es jedoch beinahe zu einer Schlacht
gekommen; schon waren die Arbeiter der Hüttenwerke bewaffnet in Reih und
Glied gestellt, als noch rechtzeitig eine Truppenabtheilung von Athen erschien.
Unterdessen beschlich die griechische Regierung und das Volk eine ähnliche
Stimmung, wie jene Räuber sie hatten; der Neid wuchs aufs höchste. Man
sah Fremdlinge, welche den heiligen Boden Griechenlands ausbeuteten und


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0239" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128693"/>
          <p xml:id="ID_707" prev="#ID_706"> die Bauern von Laurium, die plötzlich so viel Geld erhielten, wie sie niemals<lb/>
geträumt, veranstalteten eine großartige Festlichkeit zu Ehren der Fremden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_708"> Rour und Serpieri kehrten nun befriedigt nach Athen zurück. Sie hatten<lb/>
jetzt blos noch mit der Regierung zu unterhandeln, da in Griechenland der<lb/>
Bergbau Regal ist. Der französische Gesandte vermittelte das Geschäft und<lb/>
gegen die geringe Summe von 10,800 Franken erhielten die beiden Fremden<lb/>
das Eigenthumsrecht über den von ihnen erkauften Boden bei Laurium. In<lb/>
dem Coneesfionsgesuche derselben an die Regierung heißt es: &#x201E;I,g. soeieto äs-<lb/>
mancls la, Concession ein clioit ä'exvloiter Ich anciennes mines existent sur<lb/>
uns certaine etenäue (1000 liectaies environ) as ig, commune ä&lt;z taurina,<lb/>
et los anciens minsrais ac la Miene arZentitöre existent aux alentours cles-<lb/>
clites ruines." In legaler Form wurde dies auch gewährt. Man beachte<lb/>
wohl, sie erhielten das Recht, die alten silberführenden Zinkerze (g^I^ne ar-<lb/>
AeiuMre) auszunutzen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_709"> Sofort gingen die Unternehmer, denen bedeutende Kapitalien zu Gebote<lb/>
standen, in wahrhaft großartiger Weise an die Arbeit und schufen an einem<lb/>
Orte, an welchem bisher nur einsame Ziegenhirten zu sehen waren, ein mäch¬<lb/>
tiges Culturcentrum. Das Aufblühen der Stadt Laurium an der Stelle<lb/>
eines elenden Dorfes hatte in der That etwas Amerikanisches. Eine Eisenbahn<lb/>
von 10 Kilometer Länge, die erste in Griechenland überhaupt, wurde gebaut;<lb/>
Hotels und Arbeiterwohnungen erhoben sich, großartige Hüttenwerke wuchsen aus<lb/>
dem bis dahin sterilen Boden auf, zehn deutsche Meilen vortrefflich maccada-<lb/>
misirter Straßen durchzogen das Gebiet; von nah und fern strömten Arbeiter<lb/>
herbei. Tausende, die am Hungertuche genagt, fanden reichlichen Lohn und im<lb/>
Hafen lagen da. wo sonst höchstens ein Fischerboot gelandet, stolze Dreimaster<lb/>
mit der italienischen, englischen oder französischen Flagge. Das war eine<lb/>
Leistung, die nicht zu unterschätzen ist, es war in dem verkommenen Griechen¬<lb/>
land eine Stätte gegründet worden, wie sie bis dahin dort nirgends zu finden<lb/>
war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_710" next="#ID_711"> Wie sollte da der Neid der Regierung, der Griechen überhaupt und der<lb/>
landesüblichen Banditen nicht rege werden? Eines Tages wurden die Direc-<lb/>
toren benachrichtigt, daß Kytzos, &#x201E;Fürst von Attika", wie er sich bescheiden<lb/>
nannte, von ihnen eine Abgabe von nur 60,000 Francs verlange; zum Glück<lb/>
wurde dieser Räuber getödtet ehe er diese Summe einstreichen konnte; mit dem<lb/>
berüchtigten Sparvs und seiner Bande wäre es jedoch beinahe zu einer Schlacht<lb/>
gekommen; schon waren die Arbeiter der Hüttenwerke bewaffnet in Reih und<lb/>
Glied gestellt, als noch rechtzeitig eine Truppenabtheilung von Athen erschien.<lb/>
Unterdessen beschlich die griechische Regierung und das Volk eine ähnliche<lb/>
Stimmung, wie jene Räuber sie hatten; der Neid wuchs aufs höchste. Man<lb/>
sah Fremdlinge, welche den heiligen Boden Griechenlands ausbeuteten und</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0239] die Bauern von Laurium, die plötzlich so viel Geld erhielten, wie sie niemals geträumt, veranstalteten eine großartige Festlichkeit zu Ehren der Fremden. Rour und Serpieri kehrten nun befriedigt nach Athen zurück. Sie hatten jetzt blos noch mit der Regierung zu unterhandeln, da in Griechenland der Bergbau Regal ist. Der französische Gesandte vermittelte das Geschäft und gegen die geringe Summe von 10,800 Franken erhielten die beiden Fremden das Eigenthumsrecht über den von ihnen erkauften Boden bei Laurium. In dem Coneesfionsgesuche derselben an die Regierung heißt es: „I,g. soeieto äs- mancls la, Concession ein clioit ä'exvloiter Ich anciennes mines existent sur uns certaine etenäue (1000 liectaies environ) as ig, commune ä<z taurina, et los anciens minsrais ac la Miene arZentitöre existent aux alentours cles- clites ruines." In legaler Form wurde dies auch gewährt. Man beachte wohl, sie erhielten das Recht, die alten silberführenden Zinkerze (g^I^ne ar- AeiuMre) auszunutzen. Sofort gingen die Unternehmer, denen bedeutende Kapitalien zu Gebote standen, in wahrhaft großartiger Weise an die Arbeit und schufen an einem Orte, an welchem bisher nur einsame Ziegenhirten zu sehen waren, ein mäch¬ tiges Culturcentrum. Das Aufblühen der Stadt Laurium an der Stelle eines elenden Dorfes hatte in der That etwas Amerikanisches. Eine Eisenbahn von 10 Kilometer Länge, die erste in Griechenland überhaupt, wurde gebaut; Hotels und Arbeiterwohnungen erhoben sich, großartige Hüttenwerke wuchsen aus dem bis dahin sterilen Boden auf, zehn deutsche Meilen vortrefflich maccada- misirter Straßen durchzogen das Gebiet; von nah und fern strömten Arbeiter herbei. Tausende, die am Hungertuche genagt, fanden reichlichen Lohn und im Hafen lagen da. wo sonst höchstens ein Fischerboot gelandet, stolze Dreimaster mit der italienischen, englischen oder französischen Flagge. Das war eine Leistung, die nicht zu unterschätzen ist, es war in dem verkommenen Griechen¬ land eine Stätte gegründet worden, wie sie bis dahin dort nirgends zu finden war. Wie sollte da der Neid der Regierung, der Griechen überhaupt und der landesüblichen Banditen nicht rege werden? Eines Tages wurden die Direc- toren benachrichtigt, daß Kytzos, „Fürst von Attika", wie er sich bescheiden nannte, von ihnen eine Abgabe von nur 60,000 Francs verlange; zum Glück wurde dieser Räuber getödtet ehe er diese Summe einstreichen konnte; mit dem berüchtigten Sparvs und seiner Bande wäre es jedoch beinahe zu einer Schlacht gekommen; schon waren die Arbeiter der Hüttenwerke bewaffnet in Reih und Glied gestellt, als noch rechtzeitig eine Truppenabtheilung von Athen erschien. Unterdessen beschlich die griechische Regierung und das Volk eine ähnliche Stimmung, wie jene Räuber sie hatten; der Neid wuchs aufs höchste. Man sah Fremdlinge, welche den heiligen Boden Griechenlands ausbeuteten und

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/239
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/239>, abgerufen am 04.07.2024.