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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Truppen unter Führern, die ihre Sprache nicht kannten, und inmitten der
wenig zuverlässigen Stammverwandten bedenklich schien"). Außer den Zuaven
wurden 1832 zwei Bataillons leMrss Ä'^ti'icjus formirt, welche sich aus
den Militärsträflingen (g-teüsi-s lies eonäa-muss miliwires) rekrutirten. Für
diese "Zephyrs," wie der gemeine Mann sie nannte, wurde, da nur die
äußerste Strenge sie zu zügeln vermochte, ein eigener Strafcodex aufgestellt,
denen aber, die sich gut führten, die Rückkehr in das Regiment gestattet, dem
sie vor ihrer Verurtheilung angehört. Taklisch waren die Zephyrs kein
schlechter Zuwachs für die Infanterie; denn sie schlugen sich gut; moralisch
mußten sie in doppelter Beziehung schlecht wirken: ihre Zügellosigkeit steckte
an. und mit Verbrechern um den Preis der Waffenehre zu ringen, muß an¬
ständige Soldaten beleidigen.

Auch die Reiterei wurde durch einheimische Geschwader verstärkt, welche
man mit dem Namen der ehemaligen türkischen Lehnsreiterei: Spahis
(Sipahis) oder es-vulLrie inäiMinz nannte und welche nach und nach (bis
August 1836) 3 Regimenter stark wurden. Eine andere Reitertruppe, welche
in Algier neu errichtet wurde, waren die <ÜIiÄ8L6ni's ä'^triquo: französische
Cavallerie in polnischer Uniform auf arabischen Pferden -- bis 1839 vier
Regimenter.

General Clauzel brachte einige Ordnung in die zerrüttete militärische Ver¬
waltung Algiers, deren Früchte zu sammeln ihm jedoch nicht beschieden war,
da er bald dem General Berthezene, dieser aber, nach einer Schlappe im Passe
von Thema dem alten Polizeiminister Napoleon's, Savary, Herzog von
Rovigo, 1831 weichen mußte. Savary eroberte Bona und betrieb mit Eifer
die Anlage von Kolonien, war aber keineswegs der Mann, der schreckenerregen¬
den Verwilderung des französischen Heeres Einhalt zu thun oder dem algie¬
rischen Regiment einen weniger paschamäßigen Anstrich zu geben. Die schon
unter Clauzel und Berthezene begonnenen Confiscation der Güter wurde fort¬
gesetzt. Auf dem Wege des Zwanges brachte man sich in Besitz von Ländereien,
deren ehemalige Eigenthümer man durch eine Rente zu entschädigen versprach.
Da eilten alle Abenteurer und Glücksritter von Europa herüber, um an der
allgemeinen Beute Theil zu nehmen. Durch Vorspiegelungen und Täuschungen
der niedrigsten Art verlockte und zwang man die Araber zum Verkaufe; diese
aber rächten sich dadurch, daß sie ein und dasselbe Grundstück an fünf, sechs
Käufer verhandelten, welche nun mit einander in Proceß geriethen. Man



Eine Ordonnanz vom Sept. 1841 verordnet" die Aufstellung eines dritten Zuc>ven-Ba-
taillons und eines Stabes wie ihn die anderen Fuß-Regimenter hatten. Nur eine Compagnie
jedes Bataillons sollte indessen fernerhin Araber und Kabylen aufnehmen dürfen, sodaß die
Truppe wesentlich französisch wurde. -- Vergl. "I^Sö on-roof" Attikel in der Kevus ctss
üeux irwnÄes. 18S5,

Truppen unter Führern, die ihre Sprache nicht kannten, und inmitten der
wenig zuverlässigen Stammverwandten bedenklich schien"). Außer den Zuaven
wurden 1832 zwei Bataillons leMrss Ä'^ti'icjus formirt, welche sich aus
den Militärsträflingen (g-teüsi-s lies eonäa-muss miliwires) rekrutirten. Für
diese „Zephyrs," wie der gemeine Mann sie nannte, wurde, da nur die
äußerste Strenge sie zu zügeln vermochte, ein eigener Strafcodex aufgestellt,
denen aber, die sich gut führten, die Rückkehr in das Regiment gestattet, dem
sie vor ihrer Verurtheilung angehört. Taklisch waren die Zephyrs kein
schlechter Zuwachs für die Infanterie; denn sie schlugen sich gut; moralisch
mußten sie in doppelter Beziehung schlecht wirken: ihre Zügellosigkeit steckte
an. und mit Verbrechern um den Preis der Waffenehre zu ringen, muß an¬
ständige Soldaten beleidigen.

Auch die Reiterei wurde durch einheimische Geschwader verstärkt, welche
man mit dem Namen der ehemaligen türkischen Lehnsreiterei: Spahis
(Sipahis) oder es-vulLrie inäiMinz nannte und welche nach und nach (bis
August 1836) 3 Regimenter stark wurden. Eine andere Reitertruppe, welche
in Algier neu errichtet wurde, waren die <ÜIiÄ8L6ni's ä'^triquo: französische
Cavallerie in polnischer Uniform auf arabischen Pferden — bis 1839 vier
Regimenter.

General Clauzel brachte einige Ordnung in die zerrüttete militärische Ver¬
waltung Algiers, deren Früchte zu sammeln ihm jedoch nicht beschieden war,
da er bald dem General Berthezene, dieser aber, nach einer Schlappe im Passe
von Thema dem alten Polizeiminister Napoleon's, Savary, Herzog von
Rovigo, 1831 weichen mußte. Savary eroberte Bona und betrieb mit Eifer
die Anlage von Kolonien, war aber keineswegs der Mann, der schreckenerregen¬
den Verwilderung des französischen Heeres Einhalt zu thun oder dem algie¬
rischen Regiment einen weniger paschamäßigen Anstrich zu geben. Die schon
unter Clauzel und Berthezene begonnenen Confiscation der Güter wurde fort¬
gesetzt. Auf dem Wege des Zwanges brachte man sich in Besitz von Ländereien,
deren ehemalige Eigenthümer man durch eine Rente zu entschädigen versprach.
Da eilten alle Abenteurer und Glücksritter von Europa herüber, um an der
allgemeinen Beute Theil zu nehmen. Durch Vorspiegelungen und Täuschungen
der niedrigsten Art verlockte und zwang man die Araber zum Verkaufe; diese
aber rächten sich dadurch, daß sie ein und dasselbe Grundstück an fünf, sechs
Käufer verhandelten, welche nun mit einander in Proceß geriethen. Man



Eine Ordonnanz vom Sept. 1841 verordnet« die Aufstellung eines dritten Zuc>ven-Ba-
taillons und eines Stabes wie ihn die anderen Fuß-Regimenter hatten. Nur eine Compagnie
jedes Bataillons sollte indessen fernerhin Araber und Kabylen aufnehmen dürfen, sodaß die
Truppe wesentlich französisch wurde. — Vergl. „I^Sö on-roof» Attikel in der Kevus ctss
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/501>, abgerufen am 22.12.2024.