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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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zu Lehnin nicht allein den Nuhm hoher Tapferkeit mit, welche er gegen die
Dänen und Pommern bewiesen hatte, sondern auch den ungebrochener Treue
mitten in einer verbrecherisch selbstständigen Zeit.

Nach ihm fand 1304 Otto V. zu Lehnin sein Grab. Das Leben dieses
Fürsten ist getragen von hartem, unerbittlichem Ernst und von manchem
Schatten umdüstert. Durch enge Freundschaft mit König Ottokar von
Böhmen verbunden, sehen wir ihn Preßburg stürmen, gegen Rudolf an der
Seite des Böhmenkönigs auf dem Marchfeld kämpfen und nach dem Tode
des Freundes die Regentschaft über Böhmen führen. Ader das Urtheil der
Zeitgenossen lautete verschieden über ihn; -- noch heut zu Tage klingen Sagen
durch das böhmische Volk, der finstere Markgraf habe die Todtengrüfte auf
dem Prager Schlosse durchwühlen und die gefundenen Schätze nach Branden¬
burg führen lassen, Sagen, die aber wohl nur dem Hasse gegen die Deutschen
ihre Entstehung verdanken, denn auf der anderen Seite spricht laut für Otto,
daß aus seiner Schule ein Böhmenfürst wie König Wenzlav der Minnesänger
hervorgehen konnte, und daß deutsche Dichter von dem Markgrafen rühmen,
seine gebende Hand erfreue wie Maienregen, -- mit dem Blick des schnellen
Falken begabt, sei er mild und hochherzig wie Saladin,


"An Zucht ein' Magd, wie König David treu,
"Der Ehren lautres Spiegelglas."

Neben Otto V. ruhen seine Kinder, der frühverstorbene Albrecht und die
Markgräfin Mechthild. Fast noch ein Kind, wurde sie einem der bedeutendsten
Zeitgenossen, dem auch als Dichter berühmten Fürsten Heinrich IV. von
Breslau vermählt. Schon schien dem Paare die Königskrone Polens gesichert,
da starb Herzog Heinrich an dem Gift, das ihm sein Leibarzt gereicht hatte.
Dieser Schlag scheint den Geist der Fürstin gebrochen zu haben. Sie flüchtete
zum Herzen des Vaters zurück und suchte Trost und Frieden bei der Kirche.
Sie fand gar bald die Ruhe, denn noch in demselben Jahre schloß sich die
Platte über ihrem Grabe zu Lehnin.

Ein dem ihrigen ähnlicher Charakter scheint ihr gleichfalls in Lehnin
ruhender Oheim Otto VI., der Kleine, gewesen zu sein. Seine Laufbahn be¬
gann mit Glück und Glanz, als Gemahlin führte er Kaiser Rudolf's Tochter
Hedwig nach der Mark, aber schon nach wenigen Jahren starb sie ihm. Von
da ab nahm er keinen Theil mehr an der Negierung, er trat in den Orden
der Templer und erkaufte sich den Eintritt durch Stiftung der reichen Priorei
Zielenzig. Im Templer-Orden aber, der den Glanz des weltlichen Ritter-
thums an sich trug und dessen märkische Mitglieder gewiß nicht rigoroser
waren als ihre Brüder in Frankreich und England, fand der Fürst nicht,
was er suchte. Da pochte er an die Klosterpforte von Lehnin und trat als
niedrer Mönch ein in den Convent; 1303 ist er als Akoluth im Kloster ver-


zu Lehnin nicht allein den Nuhm hoher Tapferkeit mit, welche er gegen die
Dänen und Pommern bewiesen hatte, sondern auch den ungebrochener Treue
mitten in einer verbrecherisch selbstständigen Zeit.

Nach ihm fand 1304 Otto V. zu Lehnin sein Grab. Das Leben dieses
Fürsten ist getragen von hartem, unerbittlichem Ernst und von manchem
Schatten umdüstert. Durch enge Freundschaft mit König Ottokar von
Böhmen verbunden, sehen wir ihn Preßburg stürmen, gegen Rudolf an der
Seite des Böhmenkönigs auf dem Marchfeld kämpfen und nach dem Tode
des Freundes die Regentschaft über Böhmen führen. Ader das Urtheil der
Zeitgenossen lautete verschieden über ihn; — noch heut zu Tage klingen Sagen
durch das böhmische Volk, der finstere Markgraf habe die Todtengrüfte auf
dem Prager Schlosse durchwühlen und die gefundenen Schätze nach Branden¬
burg führen lassen, Sagen, die aber wohl nur dem Hasse gegen die Deutschen
ihre Entstehung verdanken, denn auf der anderen Seite spricht laut für Otto,
daß aus seiner Schule ein Böhmenfürst wie König Wenzlav der Minnesänger
hervorgehen konnte, und daß deutsche Dichter von dem Markgrafen rühmen,
seine gebende Hand erfreue wie Maienregen, — mit dem Blick des schnellen
Falken begabt, sei er mild und hochherzig wie Saladin,


„An Zucht ein' Magd, wie König David treu,
„Der Ehren lautres Spiegelglas."

Neben Otto V. ruhen seine Kinder, der frühverstorbene Albrecht und die
Markgräfin Mechthild. Fast noch ein Kind, wurde sie einem der bedeutendsten
Zeitgenossen, dem auch als Dichter berühmten Fürsten Heinrich IV. von
Breslau vermählt. Schon schien dem Paare die Königskrone Polens gesichert,
da starb Herzog Heinrich an dem Gift, das ihm sein Leibarzt gereicht hatte.
Dieser Schlag scheint den Geist der Fürstin gebrochen zu haben. Sie flüchtete
zum Herzen des Vaters zurück und suchte Trost und Frieden bei der Kirche.
Sie fand gar bald die Ruhe, denn noch in demselben Jahre schloß sich die
Platte über ihrem Grabe zu Lehnin.

Ein dem ihrigen ähnlicher Charakter scheint ihr gleichfalls in Lehnin
ruhender Oheim Otto VI., der Kleine, gewesen zu sein. Seine Laufbahn be¬
gann mit Glück und Glanz, als Gemahlin führte er Kaiser Rudolf's Tochter
Hedwig nach der Mark, aber schon nach wenigen Jahren starb sie ihm. Von
da ab nahm er keinen Theil mehr an der Negierung, er trat in den Orden
der Templer und erkaufte sich den Eintritt durch Stiftung der reichen Priorei
Zielenzig. Im Templer-Orden aber, der den Glanz des weltlichen Ritter-
thums an sich trug und dessen märkische Mitglieder gewiß nicht rigoroser
waren als ihre Brüder in Frankreich und England, fand der Fürst nicht,
was er suchte. Da pochte er an die Klosterpforte von Lehnin und trat als
niedrer Mönch ein in den Convent; 1303 ist er als Akoluth im Kloster ver-


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[0384] zu Lehnin nicht allein den Nuhm hoher Tapferkeit mit, welche er gegen die Dänen und Pommern bewiesen hatte, sondern auch den ungebrochener Treue mitten in einer verbrecherisch selbstständigen Zeit. Nach ihm fand 1304 Otto V. zu Lehnin sein Grab. Das Leben dieses Fürsten ist getragen von hartem, unerbittlichem Ernst und von manchem Schatten umdüstert. Durch enge Freundschaft mit König Ottokar von Böhmen verbunden, sehen wir ihn Preßburg stürmen, gegen Rudolf an der Seite des Böhmenkönigs auf dem Marchfeld kämpfen und nach dem Tode des Freundes die Regentschaft über Böhmen führen. Ader das Urtheil der Zeitgenossen lautete verschieden über ihn; — noch heut zu Tage klingen Sagen durch das böhmische Volk, der finstere Markgraf habe die Todtengrüfte auf dem Prager Schlosse durchwühlen und die gefundenen Schätze nach Branden¬ burg führen lassen, Sagen, die aber wohl nur dem Hasse gegen die Deutschen ihre Entstehung verdanken, denn auf der anderen Seite spricht laut für Otto, daß aus seiner Schule ein Böhmenfürst wie König Wenzlav der Minnesänger hervorgehen konnte, und daß deutsche Dichter von dem Markgrafen rühmen, seine gebende Hand erfreue wie Maienregen, — mit dem Blick des schnellen Falken begabt, sei er mild und hochherzig wie Saladin, „An Zucht ein' Magd, wie König David treu, „Der Ehren lautres Spiegelglas." Neben Otto V. ruhen seine Kinder, der frühverstorbene Albrecht und die Markgräfin Mechthild. Fast noch ein Kind, wurde sie einem der bedeutendsten Zeitgenossen, dem auch als Dichter berühmten Fürsten Heinrich IV. von Breslau vermählt. Schon schien dem Paare die Königskrone Polens gesichert, da starb Herzog Heinrich an dem Gift, das ihm sein Leibarzt gereicht hatte. Dieser Schlag scheint den Geist der Fürstin gebrochen zu haben. Sie flüchtete zum Herzen des Vaters zurück und suchte Trost und Frieden bei der Kirche. Sie fand gar bald die Ruhe, denn noch in demselben Jahre schloß sich die Platte über ihrem Grabe zu Lehnin. Ein dem ihrigen ähnlicher Charakter scheint ihr gleichfalls in Lehnin ruhender Oheim Otto VI., der Kleine, gewesen zu sein. Seine Laufbahn be¬ gann mit Glück und Glanz, als Gemahlin führte er Kaiser Rudolf's Tochter Hedwig nach der Mark, aber schon nach wenigen Jahren starb sie ihm. Von da ab nahm er keinen Theil mehr an der Negierung, er trat in den Orden der Templer und erkaufte sich den Eintritt durch Stiftung der reichen Priorei Zielenzig. Im Templer-Orden aber, der den Glanz des weltlichen Ritter- thums an sich trug und dessen märkische Mitglieder gewiß nicht rigoroser waren als ihre Brüder in Frankreich und England, fand der Fürst nicht, was er suchte. Da pochte er an die Klosterpforte von Lehnin und trat als niedrer Mönch ein in den Convent; 1303 ist er als Akoluth im Kloster ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/384>, abgerufen am 22.12.2024.