Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.sammlungspunkt aller verfügbaren deutschen Streitkräfte die bayerische Pfalz, sammlungspunkt aller verfügbaren deutschen Streitkräfte die bayerische Pfalz, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128176"/> <p xml:id="ID_837" prev="#ID_836" next="#ID_838"> sammlungspunkt aller verfügbaren deutschen Streitkräfte die bayerische Pfalz,<lb/> da hierdurch sowohl der untere als der obere Rhein geschützt und eine Offen¬<lb/> sive in Feindesland möglich würde, „welche, rechtzeitig ergriffen, wahrscheinlich<lb/> jedem Betreten deutschen Bodens durch die Franzosen zuvorkommen wird."<lb/> In Betreff einer etwaigen französischen Expedition von Straßburg oder Bel-<lb/> fort her nach Süddeutschland waren schon früher Besprechungen mit den süd¬<lb/> deutschen Regierungen erfolgt; man hatte sich überzeugt, daß eine wirksame,<lb/> unmittelbare Hilfe des Nordens schon der Entfernung wegen, in diesem Fall<lb/> nicht möglich sei, und daß eine weit größere Sicherung des deutschen Südens<lb/> aus der Vereinigung aller Streitkräfte am mittleren Rhein erwachse, welche<lb/> von dort aus, sei es auf dem rechten oder dem linken User, offensiv in die<lb/> Flanke der feindlichen Invasion vorgehen konnten und diese dadurch nothwen¬<lb/> dig sehr bald zum Stehen oder zur Umkehr zwingen mußten. „Es verdient<lb/> ausdrücklich hervorgehoben zu werden", sagt das Generalstabswerk, „daß die<lb/> süddeutschen Fürsten, diesen Ansichten beipflichtend, in Hingebung an die ge¬<lb/> meinsame Sache und in Vertrauen auf die obere Heeresleitung, nicht zögerten,<lb/> das eigene Landesgebiet von ihrer activen Militärmacht zu entblößen, um sie<lb/> dem norddeutschen Heere unmittelbar anzuweisen. Um so schwerer wog dabei<lb/> die Verpflichtung, welche der Norden übernahm." „Kein Operationsplan<lb/> kann mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit der feindlichen<lb/> Hauptmacht hinausreichen. Nur der Laie glaubt in dem Verlaufe eines Feld¬<lb/> zuges die voraus geregelte Durchführung eines in allen Einzelheiten festge¬<lb/> stellten und bis an das Ende eingehaltenen ursprünglichen Planes zu erblicken.<lb/> Gewiß wird der Feldherr seine großen Ziele stetig im Auge behalten, unbeirrt<lb/> darin durch die Wechselfälle der Begebenheiten, aber die Wege, auf welchen<lb/> er sie zu erreichen hofft, lassen sich weit hinaus nie mit Sicherheit vorzeichnen."<lb/> — Dieser gewiß sehr zutreffenden Betrachtung entsprechend, enthält denn auch<lb/> das Memoire von 1868/9 vorzugsweise nur die detaillirten Vorschläge für<lb/> die Concentrirung der deutschen Heere im Kriegsfall mit Frankreich, sowie<lb/> die Gliederung und Aufstellung der einzelnen Armeen als Grundlage für alle<lb/> weiteren Operationen. „Fehler in der ursprünglichen Versammlung der Heere<lb/> sind im ganzen Verlauf der Feldzüge kaum wieder gut zu machen. Alle diese<lb/> Anordnungen aber lassen sich vorher erwägen und — die Kriegsbereitschaft<lb/> der Truppen, die Organisation des Transportwesens vorausgesetzt — müssen<lb/> sie zu dem beabsichtigten Resultate führen." — Ueber die beiden genannten Punkte:<lb/> Kriegsbereitschaft des Heeres und ihre Förderung durch die Reformen der<lb/> letzten Jahre, sowie Organisation des Transportwesens bringt die Schrift<lb/> alle wichtigen in weiteren Kreisen irgend interessirenden Daten. — Als nächstes<lb/> Operationsziel bezeichnet das Memoire: „die Hauptmacht des Gegners<lb/> aufzusuchen und wo man sie findet, anzugreifen. Bei diesem einfachen Plan</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0248]
sammlungspunkt aller verfügbaren deutschen Streitkräfte die bayerische Pfalz,
da hierdurch sowohl der untere als der obere Rhein geschützt und eine Offen¬
sive in Feindesland möglich würde, „welche, rechtzeitig ergriffen, wahrscheinlich
jedem Betreten deutschen Bodens durch die Franzosen zuvorkommen wird."
In Betreff einer etwaigen französischen Expedition von Straßburg oder Bel-
fort her nach Süddeutschland waren schon früher Besprechungen mit den süd¬
deutschen Regierungen erfolgt; man hatte sich überzeugt, daß eine wirksame,
unmittelbare Hilfe des Nordens schon der Entfernung wegen, in diesem Fall
nicht möglich sei, und daß eine weit größere Sicherung des deutschen Südens
aus der Vereinigung aller Streitkräfte am mittleren Rhein erwachse, welche
von dort aus, sei es auf dem rechten oder dem linken User, offensiv in die
Flanke der feindlichen Invasion vorgehen konnten und diese dadurch nothwen¬
dig sehr bald zum Stehen oder zur Umkehr zwingen mußten. „Es verdient
ausdrücklich hervorgehoben zu werden", sagt das Generalstabswerk, „daß die
süddeutschen Fürsten, diesen Ansichten beipflichtend, in Hingebung an die ge¬
meinsame Sache und in Vertrauen auf die obere Heeresleitung, nicht zögerten,
das eigene Landesgebiet von ihrer activen Militärmacht zu entblößen, um sie
dem norddeutschen Heere unmittelbar anzuweisen. Um so schwerer wog dabei
die Verpflichtung, welche der Norden übernahm." „Kein Operationsplan
kann mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit der feindlichen
Hauptmacht hinausreichen. Nur der Laie glaubt in dem Verlaufe eines Feld¬
zuges die voraus geregelte Durchführung eines in allen Einzelheiten festge¬
stellten und bis an das Ende eingehaltenen ursprünglichen Planes zu erblicken.
Gewiß wird der Feldherr seine großen Ziele stetig im Auge behalten, unbeirrt
darin durch die Wechselfälle der Begebenheiten, aber die Wege, auf welchen
er sie zu erreichen hofft, lassen sich weit hinaus nie mit Sicherheit vorzeichnen."
— Dieser gewiß sehr zutreffenden Betrachtung entsprechend, enthält denn auch
das Memoire von 1868/9 vorzugsweise nur die detaillirten Vorschläge für
die Concentrirung der deutschen Heere im Kriegsfall mit Frankreich, sowie
die Gliederung und Aufstellung der einzelnen Armeen als Grundlage für alle
weiteren Operationen. „Fehler in der ursprünglichen Versammlung der Heere
sind im ganzen Verlauf der Feldzüge kaum wieder gut zu machen. Alle diese
Anordnungen aber lassen sich vorher erwägen und — die Kriegsbereitschaft
der Truppen, die Organisation des Transportwesens vorausgesetzt — müssen
sie zu dem beabsichtigten Resultate führen." — Ueber die beiden genannten Punkte:
Kriegsbereitschaft des Heeres und ihre Förderung durch die Reformen der
letzten Jahre, sowie Organisation des Transportwesens bringt die Schrift
alle wichtigen in weiteren Kreisen irgend interessirenden Daten. — Als nächstes
Operationsziel bezeichnet das Memoire: „die Hauptmacht des Gegners
aufzusuchen und wo man sie findet, anzugreifen. Bei diesem einfachen Plan
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