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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Kraft, meinWirken. mein Leben, mein Gut und Blut widme,
wo und wie es nöthigist. Das zu thun aber gelobe ich Dir und allen edeln
Männern und Mitbürgern hiermit auf's Feierlichste, und versichere, daß es der
schönste Augenblick meines Lebens sein wird, wo Du mir die Hand reichen und
sagen kannst: Blum, Du hast einen Theil Deiner Schuldigkeit getilgt*)'.

Wenn ich Dich nun bitte, der Dollmetscher meiner Gefühle zu sein, wie
Du der Vermittler warst bei der mir bereiteten Freude, so mache ich noch
eine hohe Forderung an Dein Herz. Bewahre mir, soweit Du kannst, das Ver¬
trauen und die Achtung meiner Mitbürger, welche zu untergraben man leider!
sehr bemüht ist. In Zeiten, wie die unsrigen, wo die Woge der Bewegung
steigt und fällt, mit derselben aber die Parteien und ihre Führer und Glieder
bald im Lichte, bald im Schatten stehen, ist es nicht möglich jeden einzelnen
Schritt als Maßstab der Beurtheilung für einen Abgeordneten anzunehmen;
es ist ungerecht, unedel, und unbillig auf Einzelheiten hin Verdächtigungen
und Schmähungen auszustreuen. Obgleich ich nun nie einen Schritt ge¬
than, dessen strengste Beurtheilung ich von unbefangenen Beurtheilern zu
scheuen hätte, so ist es doch keine unbillige Forderung, daß man mein Wirken
als ein Ganzes, in seiner Gesammtheit beurtheile, daß man meine eigenen
Worte und meine eigenen Handlungen zu Grunde lege, nicht die Entstel¬
lungen und Verdrehungen, die man in Sachsen gegen und über mich ver¬
breitet.

So empfiehl mich denn herzlichst allen Betheiligten und bringe ihnen
meinen Gruß und Handschlag bis ich selbst Gelegenheit haben werde, ihnen
Rechenschaft über mein Thun abzulegen. Du aber erhalte mir ferner Deine
Liebe und Freundschaft und empfange den herzlichsten Gruß von Deinem treu
ergebenen


Robert Blum."

Frankfurt, 5. Juli 1848.

Die folgenden Briefe Blums an seine Frau beschäftigen sich im wesent¬
lichen mit der Einsetzung und Person des Reichsverwesers.

"--Leider bemerke auch ich, wie die Vierteljahre enteilen. Bereits ist
der längste Tag vorüber und ich habe vom Sommer nichts, gar nichts ge¬
merkt, als daß die Hitze in der Paulskirche und in den Commisfionslocalen
unerträglich ist und mir oft nur alle 8 Tage Zeit bleibt, einmal zu baden.
Wir müssen wirklich große Opfer bringen an Kräften und Wohlseyn; und



") Daß übrigens Blum diese Geldsendung im eigentlichsten Sinne des Wortes nur als
Darlehn betrachtete, geht aus der folgenden Stelle eines Briefes an seine Frau vom 18. Sep¬
tember 1848 hervor: "Die Diäten vom SOer Ausschuß nutzen mir leider nichts, denn ich muß
sie, sobald sie bezahlt sind, dem Leipziger Ausschuß erstatten, welcher damals für uns gesam¬
melt hat." --

Kraft, meinWirken. mein Leben, mein Gut und Blut widme,
wo und wie es nöthigist. Das zu thun aber gelobe ich Dir und allen edeln
Männern und Mitbürgern hiermit auf's Feierlichste, und versichere, daß es der
schönste Augenblick meines Lebens sein wird, wo Du mir die Hand reichen und
sagen kannst: Blum, Du hast einen Theil Deiner Schuldigkeit getilgt*)'.

Wenn ich Dich nun bitte, der Dollmetscher meiner Gefühle zu sein, wie
Du der Vermittler warst bei der mir bereiteten Freude, so mache ich noch
eine hohe Forderung an Dein Herz. Bewahre mir, soweit Du kannst, das Ver¬
trauen und die Achtung meiner Mitbürger, welche zu untergraben man leider!
sehr bemüht ist. In Zeiten, wie die unsrigen, wo die Woge der Bewegung
steigt und fällt, mit derselben aber die Parteien und ihre Führer und Glieder
bald im Lichte, bald im Schatten stehen, ist es nicht möglich jeden einzelnen
Schritt als Maßstab der Beurtheilung für einen Abgeordneten anzunehmen;
es ist ungerecht, unedel, und unbillig auf Einzelheiten hin Verdächtigungen
und Schmähungen auszustreuen. Obgleich ich nun nie einen Schritt ge¬
than, dessen strengste Beurtheilung ich von unbefangenen Beurtheilern zu
scheuen hätte, so ist es doch keine unbillige Forderung, daß man mein Wirken
als ein Ganzes, in seiner Gesammtheit beurtheile, daß man meine eigenen
Worte und meine eigenen Handlungen zu Grunde lege, nicht die Entstel¬
lungen und Verdrehungen, die man in Sachsen gegen und über mich ver¬
breitet.

So empfiehl mich denn herzlichst allen Betheiligten und bringe ihnen
meinen Gruß und Handschlag bis ich selbst Gelegenheit haben werde, ihnen
Rechenschaft über mein Thun abzulegen. Du aber erhalte mir ferner Deine
Liebe und Freundschaft und empfange den herzlichsten Gruß von Deinem treu
ergebenen


Robert Blum."

Frankfurt, 5. Juli 1848.

Die folgenden Briefe Blums an seine Frau beschäftigen sich im wesent¬
lichen mit der Einsetzung und Person des Reichsverwesers.

„--Leider bemerke auch ich, wie die Vierteljahre enteilen. Bereits ist
der längste Tag vorüber und ich habe vom Sommer nichts, gar nichts ge¬
merkt, als daß die Hitze in der Paulskirche und in den Commisfionslocalen
unerträglich ist und mir oft nur alle 8 Tage Zeit bleibt, einmal zu baden.
Wir müssen wirklich große Opfer bringen an Kräften und Wohlseyn; und



") Daß übrigens Blum diese Geldsendung im eigentlichsten Sinne des Wortes nur als
Darlehn betrachtete, geht aus der folgenden Stelle eines Briefes an seine Frau vom 18. Sep¬
tember 1848 hervor: „Die Diäten vom SOer Ausschuß nutzen mir leider nichts, denn ich muß
sie, sobald sie bezahlt sind, dem Leipziger Ausschuß erstatten, welcher damals für uns gesam¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/220>, abgerufen am 22.07.2024.