Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.durfte, wie in der Kirche. Adel und Bürgerthum standen im subtilsten Verkehr, Wenn man gerecht ist, muß man aber auch den Bildungsgrad der Sehr richtig wünschte er laut öffentlich"": Bekanntmachung, daß alle Stände Einen weiteren allen Kreisen offen stehenden Vergnügungspunkt gaben durfte, wie in der Kirche. Adel und Bürgerthum standen im subtilsten Verkehr, Wenn man gerecht ist, muß man aber auch den Bildungsgrad der Sehr richtig wünschte er laut öffentlich»»: Bekanntmachung, daß alle Stände Einen weiteren allen Kreisen offen stehenden Vergnügungspunkt gaben <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0021" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/127949"/> <p xml:id="ID_37" prev="#ID_36"> durfte, wie in der Kirche. Adel und Bürgerthum standen im subtilsten Verkehr,<lb/> und der Zuschnitt der geschlossenen Gesellschaften war in jetzt kaum mehr<lb/> faßlicher Weise dadurch bedingt. Es lautet in der That komisch, wenn ad-<lb/> liche Häuser in öffentlichen Wochenblättern Verfalltermine für die Civilan¬<lb/> sprüche ausschreiben. den Handwerker an eine bestimmte Stunde binden, in<lb/> der er bei Verlust seines Anspruchs zum wohlverdienten Lohne seiner Arbeit<lb/> gelangen könne. Eine solche Erniedrigung ließen sich damals ohne Murren<lb/> die gewerbtreibenden Classen bieten; der Grund dazu lag aber auch, wie<lb/> wir noch bei Betrachtung der gewerblichen Zustände sehen werden, in dem<lb/> niedrigen Zustande derselben, bei dem man froh war, überhaupt in beschei¬<lb/> denem Maße zu verdienen und danach leben zu können. Die Bescheidenheit<lb/> der bürgerlicher Erwerbselassen spricht sich überall aus; der Fremde wie der<lb/> Einheimische kennen z. B. bei öffentlichen Productionen, Ausstellungen u. f. w.<lb/> überhaupt keinen rechtmäßigen Anspruch an das höhere Publicum. Wie viele<lb/> Bekanntmachungen lesen wir, in denen es heißt; „Herrschaften zahlen nach<lb/> Belieben, alle andern aber 8 und 4 Groschen."</p><lb/> <p xml:id="ID_38"> Wenn man gerecht ist, muß man aber auch den Bildungsgrad der<lb/> verschiedenen Stände berücksichtigen; er war ein Hauptfactor der scharfen Trennung.<lb/> Im Adel lag damals, wenn auch nicht überall das Wissen und Können, so<lb/> doch die äußerliche Bildung, die gewaltig in dem Verkehrsleben gegen das<lb/> Bürgerthum abstach. Wenn die Durchdringung der Stände aus diesem Grunde<lb/> nothwendig fehlte, so suchte Carl August dieselbe mit dem Beginn des Jahr¬<lb/> hunderts durch die Vaurhalls im Park anzubahnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_39"> Sehr richtig wünschte er laut öffentlich»»: Bekanntmachung, daß alle Stände<lb/> bei Musik und Süßigkeiten dort verkehren sollten. Ihm war klar, daß die<lb/> geistreichen Zirkel eines Goethe und der vielen übrigen bedeutenden Persön¬<lb/> lichkeiten an sich Großes leisteten, die Bildung aber nicht hinab in die untern<lb/> Schichten trugen, in denen sie bitter nöthig war. Oben herrschte das Fühlen¬<lb/> lassen geistiger Ueberlegenheit und es ist bei näherer Betrachtung sehr lehrreich,<lb/> wie man sich doch bei allen Anziehungspunkten abstieß. Gerade so war es<lb/> in den andern Kreisen; in keinem mehr als in dem der Beamten, deren bureau¬<lb/> kratischer Zuschnitt gar wenig Erfreuliches bot. Die Säuberung der Ge¬<lb/> sellschaft von nicht ganz gleichen Bildungs-Elementen war der Hauptzweck;<lb/> wenn man leider auch hierbei mehr auf öffentliche Stellung als die individuelle<lb/> Befähigung sah, und damit den Standpunkt der geschlossenen Gesellschaft ver¬<lb/> rückte, die nicht war, was sie damals unter allen Verhältnissen sein sollte: eine<lb/> Bildungsstätte.</p><lb/> <p xml:id="ID_40" next="#ID_41"> Einen weiteren allen Kreisen offen stehenden Vergnügungspunkt gaben<lb/> die häufigen Red vnter im Theater, von denen nur das dienende Personal<lb/> ausgeschlossen war. Gerade hier bot sich Gelegenheit, Geschmack und Anstand</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0021]
durfte, wie in der Kirche. Adel und Bürgerthum standen im subtilsten Verkehr,
und der Zuschnitt der geschlossenen Gesellschaften war in jetzt kaum mehr
faßlicher Weise dadurch bedingt. Es lautet in der That komisch, wenn ad-
liche Häuser in öffentlichen Wochenblättern Verfalltermine für die Civilan¬
sprüche ausschreiben. den Handwerker an eine bestimmte Stunde binden, in
der er bei Verlust seines Anspruchs zum wohlverdienten Lohne seiner Arbeit
gelangen könne. Eine solche Erniedrigung ließen sich damals ohne Murren
die gewerbtreibenden Classen bieten; der Grund dazu lag aber auch, wie
wir noch bei Betrachtung der gewerblichen Zustände sehen werden, in dem
niedrigen Zustande derselben, bei dem man froh war, überhaupt in beschei¬
denem Maße zu verdienen und danach leben zu können. Die Bescheidenheit
der bürgerlicher Erwerbselassen spricht sich überall aus; der Fremde wie der
Einheimische kennen z. B. bei öffentlichen Productionen, Ausstellungen u. f. w.
überhaupt keinen rechtmäßigen Anspruch an das höhere Publicum. Wie viele
Bekanntmachungen lesen wir, in denen es heißt; „Herrschaften zahlen nach
Belieben, alle andern aber 8 und 4 Groschen."
Wenn man gerecht ist, muß man aber auch den Bildungsgrad der
verschiedenen Stände berücksichtigen; er war ein Hauptfactor der scharfen Trennung.
Im Adel lag damals, wenn auch nicht überall das Wissen und Können, so
doch die äußerliche Bildung, die gewaltig in dem Verkehrsleben gegen das
Bürgerthum abstach. Wenn die Durchdringung der Stände aus diesem Grunde
nothwendig fehlte, so suchte Carl August dieselbe mit dem Beginn des Jahr¬
hunderts durch die Vaurhalls im Park anzubahnen.
Sehr richtig wünschte er laut öffentlich»»: Bekanntmachung, daß alle Stände
bei Musik und Süßigkeiten dort verkehren sollten. Ihm war klar, daß die
geistreichen Zirkel eines Goethe und der vielen übrigen bedeutenden Persön¬
lichkeiten an sich Großes leisteten, die Bildung aber nicht hinab in die untern
Schichten trugen, in denen sie bitter nöthig war. Oben herrschte das Fühlen¬
lassen geistiger Ueberlegenheit und es ist bei näherer Betrachtung sehr lehrreich,
wie man sich doch bei allen Anziehungspunkten abstieß. Gerade so war es
in den andern Kreisen; in keinem mehr als in dem der Beamten, deren bureau¬
kratischer Zuschnitt gar wenig Erfreuliches bot. Die Säuberung der Ge¬
sellschaft von nicht ganz gleichen Bildungs-Elementen war der Hauptzweck;
wenn man leider auch hierbei mehr auf öffentliche Stellung als die individuelle
Befähigung sah, und damit den Standpunkt der geschlossenen Gesellschaft ver¬
rückte, die nicht war, was sie damals unter allen Verhältnissen sein sollte: eine
Bildungsstätte.
Einen weiteren allen Kreisen offen stehenden Vergnügungspunkt gaben
die häufigen Red vnter im Theater, von denen nur das dienende Personal
ausgeschlossen war. Gerade hier bot sich Gelegenheit, Geschmack und Anstand
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |