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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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die Herzogin abermals zur Mahlzeit invitiren, mit Erfund, ihre Dames mit
sich zu bringen. Wie sie sich nun darauf einfinden. läßt der Herzog einen
bestellten Priester herbeiholen und sich mit unserer Demoiselle zu nicht geringen
Erstaunen der Anwesenden copuliren und darauf sich zur Mahlzeit gesetzet.
Er hat sie auch bis an sein Ende geliebet und sie ist den Unterthanen wegen
ihrer Gottesfurcht, Mildigkeit gegen den Armen und kluge Aufführung jeder¬
zeit hoch estimiret worden.

Mit dieser Historie war es just Abend geworden und wir kamen an
Enkhuysen über. Die Passagiere, die aussteigen wollen, werden von einem
ankommenden Boot aufgenommen, die aber, so die Nacht auf dem Schiffe
verbleiben wollen, kauft sich Jeder einen Bund Stroh, darauf seine Ruhe zu
nehmen. Es ist zwar ein großer Rumor von diesem Volke im Schiffe, allein
man kann sich doch daselbst besser behelfen, als in dem Noeff oder Cajüte des
Schiffes, allwo man sich nicht recht ausstrecken kann. Es waren unter An¬
deren auch von des Schiffers Töchtern im Schiffe, welche die Nacht über etwas
lustig waren und unsern alten Franzmann seine Ruhe verhinderten, weshalb
er auch am andern Morgen den Schiffer tüchtig ausschalt und sagte: er möchte
'ein ander Mal die Menscher zu Hause lassen. Als sie das höreten, fingen
auch sie an zu schelten und den Franzosen tüchtig auszumachen; er aber
fing darüber an herzlich zu lachen, daß sie endlich selber mit lachen mußten.

Gegen Morgen kamen wir ans H. Nur bis dahin können die
größten Schiffe kommen, denn hier ist eine Sandbank, darüber nur kleinere
Hinwegkönnen. Da wir noch gerne an die Börse wollten, so ließen wir uns
mit einem kleinen Schiff ans Land setzen, bedungen es aber vorhero mit den
Leuten, wie viel wir geben sollten; wie wir aber ans Land kommen, forderten
die Schelme wohl vier Mal so viel und wollten es par t'oree haben. Wir
aber gaben ihnen so viel, als wir einig geworden waren und wie sie nun
sahen, daß all ihr Schelten und Prahlen nicht helfen wollte, gingen sie endlich
ihres Weges fort. Inzwischen war Papa hingegangen und holte seine
Croyer (?)*), die uns sehr wohl zur Herberge brachte, welche auf der alten Seite
hinterm Burgwall war und das Wappen zu Erberfeld benannt wurde. In
selbigem Hause sind zwar gute Gelegenheiten, aber die gemeinen Tractamente
sind nicht zum besten.

Amsterdam ist eine große, mächtige, reiche, schöne und feste Stadt, so daß
man sie mit Recht ein Wunder der Welt nennen kann. Sie hat ihren Namen
vom Flusse Amstel, welcher durch die Stadt in das Y läuft. Sie hat den
fünften Platz in der Versammlung der Generalstaaten von Holland und West-
friesland. Amsterdam ist vielmals ausgeleget und erweitert. Die letzte Aus-



D. Red. ") Empfehlungsschreiben?

die Herzogin abermals zur Mahlzeit invitiren, mit Erfund, ihre Dames mit
sich zu bringen. Wie sie sich nun darauf einfinden. läßt der Herzog einen
bestellten Priester herbeiholen und sich mit unserer Demoiselle zu nicht geringen
Erstaunen der Anwesenden copuliren und darauf sich zur Mahlzeit gesetzet.
Er hat sie auch bis an sein Ende geliebet und sie ist den Unterthanen wegen
ihrer Gottesfurcht, Mildigkeit gegen den Armen und kluge Aufführung jeder¬
zeit hoch estimiret worden.

Mit dieser Historie war es just Abend geworden und wir kamen an
Enkhuysen über. Die Passagiere, die aussteigen wollen, werden von einem
ankommenden Boot aufgenommen, die aber, so die Nacht auf dem Schiffe
verbleiben wollen, kauft sich Jeder einen Bund Stroh, darauf seine Ruhe zu
nehmen. Es ist zwar ein großer Rumor von diesem Volke im Schiffe, allein
man kann sich doch daselbst besser behelfen, als in dem Noeff oder Cajüte des
Schiffes, allwo man sich nicht recht ausstrecken kann. Es waren unter An¬
deren auch von des Schiffers Töchtern im Schiffe, welche die Nacht über etwas
lustig waren und unsern alten Franzmann seine Ruhe verhinderten, weshalb
er auch am andern Morgen den Schiffer tüchtig ausschalt und sagte: er möchte
'ein ander Mal die Menscher zu Hause lassen. Als sie das höreten, fingen
auch sie an zu schelten und den Franzosen tüchtig auszumachen; er aber
fing darüber an herzlich zu lachen, daß sie endlich selber mit lachen mußten.

Gegen Morgen kamen wir ans H. Nur bis dahin können die
größten Schiffe kommen, denn hier ist eine Sandbank, darüber nur kleinere
Hinwegkönnen. Da wir noch gerne an die Börse wollten, so ließen wir uns
mit einem kleinen Schiff ans Land setzen, bedungen es aber vorhero mit den
Leuten, wie viel wir geben sollten; wie wir aber ans Land kommen, forderten
die Schelme wohl vier Mal so viel und wollten es par t'oree haben. Wir
aber gaben ihnen so viel, als wir einig geworden waren und wie sie nun
sahen, daß all ihr Schelten und Prahlen nicht helfen wollte, gingen sie endlich
ihres Weges fort. Inzwischen war Papa hingegangen und holte seine
Croyer (?)*), die uns sehr wohl zur Herberge brachte, welche auf der alten Seite
hinterm Burgwall war und das Wappen zu Erberfeld benannt wurde. In
selbigem Hause sind zwar gute Gelegenheiten, aber die gemeinen Tractamente
sind nicht zum besten.

Amsterdam ist eine große, mächtige, reiche, schöne und feste Stadt, so daß
man sie mit Recht ein Wunder der Welt nennen kann. Sie hat ihren Namen
vom Flusse Amstel, welcher durch die Stadt in das Y läuft. Sie hat den
fünften Platz in der Versammlung der Generalstaaten von Holland und West-
friesland. Amsterdam ist vielmals ausgeleget und erweitert. Die letzte Aus-



D. Red. ") Empfehlungsschreiben?
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[0111] die Herzogin abermals zur Mahlzeit invitiren, mit Erfund, ihre Dames mit sich zu bringen. Wie sie sich nun darauf einfinden. läßt der Herzog einen bestellten Priester herbeiholen und sich mit unserer Demoiselle zu nicht geringen Erstaunen der Anwesenden copuliren und darauf sich zur Mahlzeit gesetzet. Er hat sie auch bis an sein Ende geliebet und sie ist den Unterthanen wegen ihrer Gottesfurcht, Mildigkeit gegen den Armen und kluge Aufführung jeder¬ zeit hoch estimiret worden. Mit dieser Historie war es just Abend geworden und wir kamen an Enkhuysen über. Die Passagiere, die aussteigen wollen, werden von einem ankommenden Boot aufgenommen, die aber, so die Nacht auf dem Schiffe verbleiben wollen, kauft sich Jeder einen Bund Stroh, darauf seine Ruhe zu nehmen. Es ist zwar ein großer Rumor von diesem Volke im Schiffe, allein man kann sich doch daselbst besser behelfen, als in dem Noeff oder Cajüte des Schiffes, allwo man sich nicht recht ausstrecken kann. Es waren unter An¬ deren auch von des Schiffers Töchtern im Schiffe, welche die Nacht über etwas lustig waren und unsern alten Franzmann seine Ruhe verhinderten, weshalb er auch am andern Morgen den Schiffer tüchtig ausschalt und sagte: er möchte 'ein ander Mal die Menscher zu Hause lassen. Als sie das höreten, fingen auch sie an zu schelten und den Franzosen tüchtig auszumachen; er aber fing darüber an herzlich zu lachen, daß sie endlich selber mit lachen mußten. Gegen Morgen kamen wir ans H. Nur bis dahin können die größten Schiffe kommen, denn hier ist eine Sandbank, darüber nur kleinere Hinwegkönnen. Da wir noch gerne an die Börse wollten, so ließen wir uns mit einem kleinen Schiff ans Land setzen, bedungen es aber vorhero mit den Leuten, wie viel wir geben sollten; wie wir aber ans Land kommen, forderten die Schelme wohl vier Mal so viel und wollten es par t'oree haben. Wir aber gaben ihnen so viel, als wir einig geworden waren und wie sie nun sahen, daß all ihr Schelten und Prahlen nicht helfen wollte, gingen sie endlich ihres Weges fort. Inzwischen war Papa hingegangen und holte seine Croyer (?)*), die uns sehr wohl zur Herberge brachte, welche auf der alten Seite hinterm Burgwall war und das Wappen zu Erberfeld benannt wurde. In selbigem Hause sind zwar gute Gelegenheiten, aber die gemeinen Tractamente sind nicht zum besten. Amsterdam ist eine große, mächtige, reiche, schöne und feste Stadt, so daß man sie mit Recht ein Wunder der Welt nennen kann. Sie hat ihren Namen vom Flusse Amstel, welcher durch die Stadt in das Y läuft. Sie hat den fünften Platz in der Versammlung der Generalstaaten von Holland und West- friesland. Amsterdam ist vielmals ausgeleget und erweitert. Die letzte Aus- D. Red. ") Empfehlungsschreiben?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/111>, abgerufen am 22.07.2024.