Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.haften Debatten beseitigt, weil der Bürger daran fest hielt, daß die "wohlbe¬ Bei all diesen nicht zu unterschätzenden Verbesserungen muß man sich die haften Debatten beseitigt, weil der Bürger daran fest hielt, daß die „wohlbe¬ Bei all diesen nicht zu unterschätzenden Verbesserungen muß man sich die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0011" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/127939"/> <p xml:id="ID_9" prev="#ID_8"> haften Debatten beseitigt, weil der Bürger daran fest hielt, daß die „wohlbe¬<lb/> dächtige Bauart der Borältern" Thürme und Teiche nicht umsonst geschaffen<lb/> hätte: erstere zur Zierde einer wvhlansehnlichen Residenz, letztere zum wahren<lb/> Nutzen derselben gereichen müßten. In die Vorstädte, deren damaliger Charakter<lb/> an einzelnen Stellen in seinen kleinen Häusern mit erreichbaren Dach noch<lb/> heute sichtbar ist, wollen wir uns nicht verlieren, denn nur die Jnnstadt war<lb/> leidlich und erfuhr wesentliche Verbesserungen. Seit 1770 entstand das Fürsten¬<lb/> haus ; mit Goethe's Eintritt der damalige Prachtbau Weimars: das Witthums-<lb/> palais, dessen tief liegender anmuthiger Garten nicht mehr an unsere Erinnerung<lb/> heranreicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_10" next="#ID_11"> Bei all diesen nicht zu unterschätzenden Verbesserungen muß man sich die<lb/> Lage des Weimarischen Landes in das Gedächtniß zurückrufen. Als<lb/> 1774 das Schloß abgebrannt war. stellte die Kammer die Verhältnisse der<lb/> Herzogin vor die Seele. Nachdem wir, sagt der Bericht, nur etwas zu uns<lb/> selbst gekommen sind, hat uns unsere Pflicht und wir können mit Wahrheit<lb/> hinzusetzen, unsere grenzenlose Liebe und Treue angetrieben, auf das Solideste<lb/> zu überdenken, was bei diesem höchst traurigen Falle für Wege einzuschlagen<lb/> find. Sie kommt zu dem Resultate, alle Hülfe aus sich selbst zu schöpfen, die<lb/> Unterthanen zu schonen, die ohnehin von Krieg und theuerer Zeit und schwer<lb/> drückender Schuldenlast des Landes heimgesucht seien. Als einzigen Weg der<lb/> Rettung bezeichnet sie Einschränkungen in jeder Richtung, besonders des Hof¬<lb/> haltes. Sie deutet an, daß leicht wie anderwärts, so auch in Weimar der<lb/> traurige Verfall eintreten könne, vor dem leider heute manches deutsche Fürsten¬<lb/> haus stehe. — Wenn man sich die Wahl der Mittel vor Augen stellt, zu<lb/> denen man griff, so erhellt, wie man damals auch nach dem Strohhalm als<lb/> nach dem Rettungsanker griff. Besoldungs- und Pensionssteuer von karg<lb/> Zugemessenem, Wiedereinführung der Tranksteuer, die Mäßigkeit ohnehin er¬<lb/> zielen würde. Einschränkung der für Landesculturbauten gewährten Mittel,<lb/> Abstellung des Theaters, das Alles bezeichnete man als die einzigen Hülfs¬<lb/> quellen, und Carl August's junge, frische, so zu sagen im Uebermuthe des<lb/> Lebens beginnende Regierung sollte hier eingreifen, einen neuen Trieb in die<lb/> schwer zu bewegenden Massen und Verhältnisse ansetzen, Und doch wurde<lb/> mit kärglichen Mitteln viel geleistet, zumal wenn man die sprichwörtlich ge¬<lb/> wordene Armuth der Stadt in Rücksicht zieht. Als man 1783 die Reinigung<lb/> und Canalisirung der Nathsteiche anstrebte, wurden die Kosten im Betrag von<lb/> 033 Thaler 12 Groschen mittelst eines vierjährigen Steuerzuschlages zu decken<lb/> gesucht. Das nannte man in Weimar die Canalsteuer. Und als der Rath<lb/> in demselben Jahre die Beschaffung einer Schlangenspritze zu ermöglichen suchte,<lb/> machte er wieder ein Anlehn und deckte den Ausfall durch Verdünnung des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0011]
haften Debatten beseitigt, weil der Bürger daran fest hielt, daß die „wohlbe¬
dächtige Bauart der Borältern" Thürme und Teiche nicht umsonst geschaffen
hätte: erstere zur Zierde einer wvhlansehnlichen Residenz, letztere zum wahren
Nutzen derselben gereichen müßten. In die Vorstädte, deren damaliger Charakter
an einzelnen Stellen in seinen kleinen Häusern mit erreichbaren Dach noch
heute sichtbar ist, wollen wir uns nicht verlieren, denn nur die Jnnstadt war
leidlich und erfuhr wesentliche Verbesserungen. Seit 1770 entstand das Fürsten¬
haus ; mit Goethe's Eintritt der damalige Prachtbau Weimars: das Witthums-
palais, dessen tief liegender anmuthiger Garten nicht mehr an unsere Erinnerung
heranreicht.
Bei all diesen nicht zu unterschätzenden Verbesserungen muß man sich die
Lage des Weimarischen Landes in das Gedächtniß zurückrufen. Als
1774 das Schloß abgebrannt war. stellte die Kammer die Verhältnisse der
Herzogin vor die Seele. Nachdem wir, sagt der Bericht, nur etwas zu uns
selbst gekommen sind, hat uns unsere Pflicht und wir können mit Wahrheit
hinzusetzen, unsere grenzenlose Liebe und Treue angetrieben, auf das Solideste
zu überdenken, was bei diesem höchst traurigen Falle für Wege einzuschlagen
find. Sie kommt zu dem Resultate, alle Hülfe aus sich selbst zu schöpfen, die
Unterthanen zu schonen, die ohnehin von Krieg und theuerer Zeit und schwer
drückender Schuldenlast des Landes heimgesucht seien. Als einzigen Weg der
Rettung bezeichnet sie Einschränkungen in jeder Richtung, besonders des Hof¬
haltes. Sie deutet an, daß leicht wie anderwärts, so auch in Weimar der
traurige Verfall eintreten könne, vor dem leider heute manches deutsche Fürsten¬
haus stehe. — Wenn man sich die Wahl der Mittel vor Augen stellt, zu
denen man griff, so erhellt, wie man damals auch nach dem Strohhalm als
nach dem Rettungsanker griff. Besoldungs- und Pensionssteuer von karg
Zugemessenem, Wiedereinführung der Tranksteuer, die Mäßigkeit ohnehin er¬
zielen würde. Einschränkung der für Landesculturbauten gewährten Mittel,
Abstellung des Theaters, das Alles bezeichnete man als die einzigen Hülfs¬
quellen, und Carl August's junge, frische, so zu sagen im Uebermuthe des
Lebens beginnende Regierung sollte hier eingreifen, einen neuen Trieb in die
schwer zu bewegenden Massen und Verhältnisse ansetzen, Und doch wurde
mit kärglichen Mitteln viel geleistet, zumal wenn man die sprichwörtlich ge¬
wordene Armuth der Stadt in Rücksicht zieht. Als man 1783 die Reinigung
und Canalisirung der Nathsteiche anstrebte, wurden die Kosten im Betrag von
033 Thaler 12 Groschen mittelst eines vierjährigen Steuerzuschlages zu decken
gesucht. Das nannte man in Weimar die Canalsteuer. Und als der Rath
in demselben Jahre die Beschaffung einer Schlangenspritze zu ermöglichen suchte,
machte er wieder ein Anlehn und deckte den Ausfall durch Verdünnung des
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