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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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wären, was bei sehr Vielen vorkommen wird, da sie nicht gelernt haben, sich
ihrer zehn Finger zu bedienen, nun denn, wohlan! . . dann wird man ihnen
Suppenzettel geben.

Aber das ist ja zu wenig, werden die Bourgeois auffahren.

Zu wenig, werden die Arbeiter antworten, zu wenig! Gut bezahlte Ar¬
beit nach Belieben und Suppe für die Arbeitsuntauglichen! Teufel, ihr
seid recht anspruchsvoll, wir würden jetzt sehr zufrieden sein, wenn wir das
hätten."

Die "Bourgeois", welche etwa Lust haben möchten, die ein
wenig hart zu finden, werden ihr für ihr relatives Wohlwollen Dank wissen,
wenn sie erfahren, welche Behandlung die "lutei'UÄtiomüö" vom 3. April
1870 mit folgenden Worten ihnen angedeihen lassen will:

"Man erzählt, daß Tomyris, die Königin der Massageten. als sie von
Cyrus, dem unersättlichen Kriegführer, angegriffen wurde, das Unglück hatte,
ihren Sohn in einer Schlacht zu verlieren. Sie schwor, sich zu rächen, und
gelangte dahin, sich des eroberungsdurstigen Banditen zu bemächtigen. Sie
ließ ihm den Kopf abschneiden und rief, als sie ihn in einen Schlauch voll
Blut geworfen: Da, Ungeheuer, sans dich voll Blut, da du so sehr darnach
dürftest. Ah, meine Herren Bourgeois, Sie lassen die Arbeiter niederschießen,
die sich gegen ihre Aufhänger erheben, auch Sie lieben es, Blut zu vergießen.
Wohlan denn, man wird sie mit der Nase in das Blut stecken und sie zwingen,
es bis zum letzten Tropfen auszulecken."

Der Richterstand wird nicht besser behandelt als die Bourgeoisie. Die
" Internationale" vom, 12. Decbr. 1869 enthielt einen Artikel, in welchem es
u. A. hieß:

"Seit langer Zeit weiß man, was man darunter zu verstehen hat, wenn
von der Moralität des Richterstandes geredet wird, und daß die Unverletzlich¬
keit nicht mehr vor Corruption schützt, als ein Krystalldeckel unsere Nase vor
den Ausdünstungen eines Käses bewahrt. Der französische Richterstand ist
total verderbt. Der belgische Richterstand ist dermaßen vorgeschritten in der
Fäulniß, daß er einzig in seiner Art ist. Der deutsche Richterstand steht aus
der Höhe seiner beiden Brüder, und ein Trio von Eumemden hat in diesen
drei Ländern die göttliche Asträa ersetzt, von der die Alten sagten, sie sei
wieder gen Himmel gestiegen. Der Bürger Bonhorts (Bonhorst meint der
Verfasser) von Magdeburg") erschien nach acht und zwanzigtägiger Untersuchungs¬
haft vor diesem Haufen von Lumpenkerlen (Zreäins), die man Richter
nennt. . . . Die Richter sind unabsetzbar und unverletzlich, das ist wahr, aber



') Der "Bürger" Bonhorst ist zwar von Braunschweig, in Magdeburg hat er blos gesessen.
Aber der unfreiwillige Versuch der "Internationale", den Herren Socialdemokraten die Orte,
wo sie gesessen haben, als Ehrcnheimath zu verleihen, etwa nach dem Muster der napoleonischen
D. Red. cluo as NiU'öiiAo u. s. w>, ist nicht so übel.

wären, was bei sehr Vielen vorkommen wird, da sie nicht gelernt haben, sich
ihrer zehn Finger zu bedienen, nun denn, wohlan! . . dann wird man ihnen
Suppenzettel geben.

Aber das ist ja zu wenig, werden die Bourgeois auffahren.

Zu wenig, werden die Arbeiter antworten, zu wenig! Gut bezahlte Ar¬
beit nach Belieben und Suppe für die Arbeitsuntauglichen! Teufel, ihr
seid recht anspruchsvoll, wir würden jetzt sehr zufrieden sein, wenn wir das
hätten."

Die „Bourgeois", welche etwa Lust haben möchten, die ein
wenig hart zu finden, werden ihr für ihr relatives Wohlwollen Dank wissen,
wenn sie erfahren, welche Behandlung die „lutei'UÄtiomüö" vom 3. April
1870 mit folgenden Worten ihnen angedeihen lassen will:

„Man erzählt, daß Tomyris, die Königin der Massageten. als sie von
Cyrus, dem unersättlichen Kriegführer, angegriffen wurde, das Unglück hatte,
ihren Sohn in einer Schlacht zu verlieren. Sie schwor, sich zu rächen, und
gelangte dahin, sich des eroberungsdurstigen Banditen zu bemächtigen. Sie
ließ ihm den Kopf abschneiden und rief, als sie ihn in einen Schlauch voll
Blut geworfen: Da, Ungeheuer, sans dich voll Blut, da du so sehr darnach
dürftest. Ah, meine Herren Bourgeois, Sie lassen die Arbeiter niederschießen,
die sich gegen ihre Aufhänger erheben, auch Sie lieben es, Blut zu vergießen.
Wohlan denn, man wird sie mit der Nase in das Blut stecken und sie zwingen,
es bis zum letzten Tropfen auszulecken."

Der Richterstand wird nicht besser behandelt als die Bourgeoisie. Die
„ Internationale" vom, 12. Decbr. 1869 enthielt einen Artikel, in welchem es
u. A. hieß:

„Seit langer Zeit weiß man, was man darunter zu verstehen hat, wenn
von der Moralität des Richterstandes geredet wird, und daß die Unverletzlich¬
keit nicht mehr vor Corruption schützt, als ein Krystalldeckel unsere Nase vor
den Ausdünstungen eines Käses bewahrt. Der französische Richterstand ist
total verderbt. Der belgische Richterstand ist dermaßen vorgeschritten in der
Fäulniß, daß er einzig in seiner Art ist. Der deutsche Richterstand steht aus
der Höhe seiner beiden Brüder, und ein Trio von Eumemden hat in diesen
drei Ländern die göttliche Asträa ersetzt, von der die Alten sagten, sie sei
wieder gen Himmel gestiegen. Der Bürger Bonhorts (Bonhorst meint der
Verfasser) von Magdeburg") erschien nach acht und zwanzigtägiger Untersuchungs¬
haft vor diesem Haufen von Lumpenkerlen (Zreäins), die man Richter
nennt. . . . Die Richter sind unabsetzbar und unverletzlich, das ist wahr, aber



') Der „Bürger" Bonhorst ist zwar von Braunschweig, in Magdeburg hat er blos gesessen.
Aber der unfreiwillige Versuch der „Internationale", den Herren Socialdemokraten die Orte,
wo sie gesessen haben, als Ehrcnheimath zu verleihen, etwa nach dem Muster der napoleonischen
D. Red. cluo as NiU'öiiAo u. s. w>, ist nicht so übel.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/72>, abgerufen am 22.12.2024.