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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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klar und übersichtlich dar. Unter den 308 ausgeführten einzelnen Werken
Webers ist auch dem kleinsten und anscheinend unbedeutendsten wünschenswerthe
Aufmerksamkeit geworden. Dem Hauptverzeichniß folgt die Aufzählung von
vier unvollständig gewordenen Compositionen und einer leider unvollständig
gebliebenen (der Oper: die drei Plutos); dann der bei einem Brande in
München verlorenen fünf und der bei ähnlicher Gelegenheit in Hamburg ver¬
nichteten neun Werke, sowie 68 anderer verlorener Werke. Hierauf werden
(21) zweifelhafte, (16) untergeschobene, ein aus Weberschen Melodien zusammen¬
gesetztes Liederspiel (die Rückkehr in's Dörfchen) und selbst die vom Meister
noch beabsichtigten Opern aufgeführt. Sorgfältige Register jeder Art erscheinen bei
einem so liebevoll und brauchbar bearbeiteten Werke selbstverständlich. Eine
höchst werthvolle und besonders hervorzuhebende Bereicherung sind dem Buche
die zahlreichen, vier Blätter füllenden Facsimiles der Weberschen Hand- und
Notenschrift. Nach dem Vorgange Köchels hat auch Jähns die chronologische
Anordnung festgehalten und daran sehr wohlgethan. Die Gruppirung gleich¬
artiger Werke findet sich in der thematischen Zusammenstellung p. 19--32.
Zahlreiche Notizen bei den einzelnen Nummern des Katalogs weisen außer¬
dem stets auf Zusammengehöriges hin. Von ganz außerordentlichem Werthe
und höchst belehrend sind des Verfassers eigene, stets objectiv und maßvoll
gehaltene Urtheile über jedes der aufgeführten Werke sowie die geschickt zu¬
sammengestellten Aussprüche zeitgenössischer Kritik aus den verschiedensten Zeit¬
schriften, endlich die eigene Anschauung Webers, aus dessen Tagebuch und
seinen Briefen gezogen, über viele seiner Compositionen. Dabei ist ausführ¬
lich eingegangen auf die Geschichte der Tonsätze, der Texte, der Aufführungen,
selbst auf die Tempi und Motive, auf die Autographen und Ausgaben jeder
Piece. sowie auf die Literatur über Weber und seine Hauptwerke, schließlich
auf alle ihn und diese betreffenden Curiosa. Die Abhandlungen (man darf sie
wohl so nennen) über die Opern sind in einer Weise erschöpfend und voll¬
ständig und mit so liebevoller, rührender Begeisterung geschrieben, daß kaum
von Andern darüber Anderes oder Besseres fernerhin noch gegeben werden
dürfte. In dem mehr culturgeschichtlich gehaltenen Lebensbilde: K. M. von
Weber, von dessen Sohn M. M. von Weber verfaßt (L. 1864-66III.) und
in dem Kataloge von Jähns erscheint der betreffende Gegenstand überhaupt
nun vollkommen erschöpft.

Kommt dem Leser auch manchmal der Gedanke, daß hie und da des
Guten zu viel geschehen, daß der Enthusiasmus des Verfassers für seine Ar¬
beit ihn oft in zu ausführliche Details verwickelt, so bleibt doch anzuerkennen,
daß der Ton des Ganzen ein freier, würdiger, warmer, ebenso entfernt von
blinder Ueberschätzung als von trockener Kälte ist. Unsere musikalische Literatur
wurde durch dieses Werk in hervorragender Weise bereichert. An lauter, freu-


Grenzbotm it. 1872. 56

klar und übersichtlich dar. Unter den 308 ausgeführten einzelnen Werken
Webers ist auch dem kleinsten und anscheinend unbedeutendsten wünschenswerthe
Aufmerksamkeit geworden. Dem Hauptverzeichniß folgt die Aufzählung von
vier unvollständig gewordenen Compositionen und einer leider unvollständig
gebliebenen (der Oper: die drei Plutos); dann der bei einem Brande in
München verlorenen fünf und der bei ähnlicher Gelegenheit in Hamburg ver¬
nichteten neun Werke, sowie 68 anderer verlorener Werke. Hierauf werden
(21) zweifelhafte, (16) untergeschobene, ein aus Weberschen Melodien zusammen¬
gesetztes Liederspiel (die Rückkehr in's Dörfchen) und selbst die vom Meister
noch beabsichtigten Opern aufgeführt. Sorgfältige Register jeder Art erscheinen bei
einem so liebevoll und brauchbar bearbeiteten Werke selbstverständlich. Eine
höchst werthvolle und besonders hervorzuhebende Bereicherung sind dem Buche
die zahlreichen, vier Blätter füllenden Facsimiles der Weberschen Hand- und
Notenschrift. Nach dem Vorgange Köchels hat auch Jähns die chronologische
Anordnung festgehalten und daran sehr wohlgethan. Die Gruppirung gleich¬
artiger Werke findet sich in der thematischen Zusammenstellung p. 19—32.
Zahlreiche Notizen bei den einzelnen Nummern des Katalogs weisen außer¬
dem stets auf Zusammengehöriges hin. Von ganz außerordentlichem Werthe
und höchst belehrend sind des Verfassers eigene, stets objectiv und maßvoll
gehaltene Urtheile über jedes der aufgeführten Werke sowie die geschickt zu¬
sammengestellten Aussprüche zeitgenössischer Kritik aus den verschiedensten Zeit¬
schriften, endlich die eigene Anschauung Webers, aus dessen Tagebuch und
seinen Briefen gezogen, über viele seiner Compositionen. Dabei ist ausführ¬
lich eingegangen auf die Geschichte der Tonsätze, der Texte, der Aufführungen,
selbst auf die Tempi und Motive, auf die Autographen und Ausgaben jeder
Piece. sowie auf die Literatur über Weber und seine Hauptwerke, schließlich
auf alle ihn und diese betreffenden Curiosa. Die Abhandlungen (man darf sie
wohl so nennen) über die Opern sind in einer Weise erschöpfend und voll¬
ständig und mit so liebevoller, rührender Begeisterung geschrieben, daß kaum
von Andern darüber Anderes oder Besseres fernerhin noch gegeben werden
dürfte. In dem mehr culturgeschichtlich gehaltenen Lebensbilde: K. M. von
Weber, von dessen Sohn M. M. von Weber verfaßt (L. 1864-66III.) und
in dem Kataloge von Jähns erscheint der betreffende Gegenstand überhaupt
nun vollkommen erschöpft.

Kommt dem Leser auch manchmal der Gedanke, daß hie und da des
Guten zu viel geschehen, daß der Enthusiasmus des Verfassers für seine Ar¬
beit ihn oft in zu ausführliche Details verwickelt, so bleibt doch anzuerkennen,
daß der Ton des Ganzen ein freier, würdiger, warmer, ebenso entfernt von
blinder Ueberschätzung als von trockener Kälte ist. Unsere musikalische Literatur
wurde durch dieses Werk in hervorragender Weise bereichert. An lauter, freu-


Grenzbotm it. 1872. 56
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[0429] klar und übersichtlich dar. Unter den 308 ausgeführten einzelnen Werken Webers ist auch dem kleinsten und anscheinend unbedeutendsten wünschenswerthe Aufmerksamkeit geworden. Dem Hauptverzeichniß folgt die Aufzählung von vier unvollständig gewordenen Compositionen und einer leider unvollständig gebliebenen (der Oper: die drei Plutos); dann der bei einem Brande in München verlorenen fünf und der bei ähnlicher Gelegenheit in Hamburg ver¬ nichteten neun Werke, sowie 68 anderer verlorener Werke. Hierauf werden (21) zweifelhafte, (16) untergeschobene, ein aus Weberschen Melodien zusammen¬ gesetztes Liederspiel (die Rückkehr in's Dörfchen) und selbst die vom Meister noch beabsichtigten Opern aufgeführt. Sorgfältige Register jeder Art erscheinen bei einem so liebevoll und brauchbar bearbeiteten Werke selbstverständlich. Eine höchst werthvolle und besonders hervorzuhebende Bereicherung sind dem Buche die zahlreichen, vier Blätter füllenden Facsimiles der Weberschen Hand- und Notenschrift. Nach dem Vorgange Köchels hat auch Jähns die chronologische Anordnung festgehalten und daran sehr wohlgethan. Die Gruppirung gleich¬ artiger Werke findet sich in der thematischen Zusammenstellung p. 19—32. Zahlreiche Notizen bei den einzelnen Nummern des Katalogs weisen außer¬ dem stets auf Zusammengehöriges hin. Von ganz außerordentlichem Werthe und höchst belehrend sind des Verfassers eigene, stets objectiv und maßvoll gehaltene Urtheile über jedes der aufgeführten Werke sowie die geschickt zu¬ sammengestellten Aussprüche zeitgenössischer Kritik aus den verschiedensten Zeit¬ schriften, endlich die eigene Anschauung Webers, aus dessen Tagebuch und seinen Briefen gezogen, über viele seiner Compositionen. Dabei ist ausführ¬ lich eingegangen auf die Geschichte der Tonsätze, der Texte, der Aufführungen, selbst auf die Tempi und Motive, auf die Autographen und Ausgaben jeder Piece. sowie auf die Literatur über Weber und seine Hauptwerke, schließlich auf alle ihn und diese betreffenden Curiosa. Die Abhandlungen (man darf sie wohl so nennen) über die Opern sind in einer Weise erschöpfend und voll¬ ständig und mit so liebevoller, rührender Begeisterung geschrieben, daß kaum von Andern darüber Anderes oder Besseres fernerhin noch gegeben werden dürfte. In dem mehr culturgeschichtlich gehaltenen Lebensbilde: K. M. von Weber, von dessen Sohn M. M. von Weber verfaßt (L. 1864-66III.) und in dem Kataloge von Jähns erscheint der betreffende Gegenstand überhaupt nun vollkommen erschöpft. Kommt dem Leser auch manchmal der Gedanke, daß hie und da des Guten zu viel geschehen, daß der Enthusiasmus des Verfassers für seine Ar¬ beit ihn oft in zu ausführliche Details verwickelt, so bleibt doch anzuerkennen, daß der Ton des Ganzen ein freier, würdiger, warmer, ebenso entfernt von blinder Ueberschätzung als von trockener Kälte ist. Unsere musikalische Literatur wurde durch dieses Werk in hervorragender Weise bereichert. An lauter, freu- Grenzbotm it. 1872. 56

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/429>, abgerufen am 22.12.2024.