Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.der Andeutung, in welche Abhängigkeit unsere Negierung Angesichts der enor¬ ". Dom deutschen Keichstag. Der gespannte Charakter der parlamentarischen Situation, wie ich den¬ Fragt man sich, weshalb die Reichsrcgierung so großen Werth darauf der Andeutung, in welche Abhängigkeit unsere Negierung Angesichts der enor¬ «. Dom deutschen Keichstag. Der gespannte Charakter der parlamentarischen Situation, wie ich den¬ Fragt man sich, weshalb die Reichsrcgierung so großen Werth darauf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0323" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/127719"/> <p xml:id="ID_1038" prev="#ID_1037"> der Andeutung, in welche Abhängigkeit unsere Negierung Angesichts der enor¬<lb/> men Summen, welche sie auf den Bahnbau bisher verwendet hat, dem Reich<lb/> gegenüber versetzt worden ist, und sie wird nur durch ein Einlenken auf den<lb/> ihr durch den Antrag des Fürsten von Hohenlohe-Langenburg vorgezeigten<lb/> Weg den Staat vor noch größeren Verlusten, welche für die Zukunft unaus¬<lb/> weichlich erscheinen, bewahren können. Ob aber auch hier die richtige Einsicht<lb/> durchdringt, möchten wir Angesichts des engen politischen Horizonts unserer<lb/> in den Ideen eines Moritz Mohl herangebildeten höheren Verkehrsbeamten<lb/> bezweifeln. Man denkt nicht an die Zukunft, sondern giebt sich der Hoff¬<lb/> nung hin, für den nächsten Augenblick die Gefahr durch Compromisse ab¬<lb/> wenden zu können. Mit welchem Erfolge, wird die Zukunft lehren.</p><lb/> <note type="byline"> «.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Dom deutschen Keichstag.</head><lb/> <p xml:id="ID_1039"> Der gespannte Charakter der parlamentarischen Situation, wie ich den¬<lb/> selben im letzten Brief kennzeichnete, dauert noch fort. Zwar verlautet<lb/> aus der Commission, in welcher das Militärstrafgesetz vorberathen wird, daß<lb/> hier die Gegensätze zwischen der militärischen und der bürgerlich juristischen<lb/> Anschauung sich auszugleichen scheinen. Desto weniger ist dies der Fall in<lb/> derjenigen Commission, welche das Gesetz über den Reichsrechnungshof vorzu-<lb/> berathen hat. Dieses Gesetz wurde bereits am 29. April vom Reichstag der<lb/> zweiten Lesung oder Specialberathung unterzogen. Die Berathung gelangte<lb/> indeß nur bis zum Paragraph 19. Dieser und die folgenden Paragraphen<lb/> wurden zur Vorberathung in eine Commission verwiesen, weil zahlreiche und<lb/> eingreifende Abänderungsvorschläge eingegangen waren, über welche man dem<lb/> Bundesrath Zeit geben wollte, sich schlüssig zu machen. Soweit das Gesetz<lb/> bereits im Reichstag selbst berathen worden, hatte es die wichtige Veränderung<lb/> erfahren, daß im Unterschied von der Regierungsvorlage der Rechnungshof<lb/> des Reiches nicht den Chef der preußischen Oberrechnungskammer zum Prä¬<lb/> sidenten haben sollte, sondern einen eigens vom Kaiser ernannten Präsidenten,<lb/> welcher so wie die Direktoren und Räthe kein anderes Amt bekleiden darf.<lb/> Die Negierung hatte sich dieser Veränderung mit Nachdruck, aber vergeblich<lb/> widersetzt. In der Commission, wo die Berathung des Gesetzes weiter ge¬<lb/> führt wird, hat nun, wie verlautet, der Regierungscommissär erklärt, daß ein<lb/> Eingehen des Bundesrathes auf die bisher beschlossenen Abänderungen des<lb/> Reichstages durchaus nicht zu erwarten sei/</p><lb/> <p xml:id="ID_1040" next="#ID_1041"> Fragt man sich, weshalb die Reichsrcgierung so großen Werth darauf</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0323]
der Andeutung, in welche Abhängigkeit unsere Negierung Angesichts der enor¬
men Summen, welche sie auf den Bahnbau bisher verwendet hat, dem Reich
gegenüber versetzt worden ist, und sie wird nur durch ein Einlenken auf den
ihr durch den Antrag des Fürsten von Hohenlohe-Langenburg vorgezeigten
Weg den Staat vor noch größeren Verlusten, welche für die Zukunft unaus¬
weichlich erscheinen, bewahren können. Ob aber auch hier die richtige Einsicht
durchdringt, möchten wir Angesichts des engen politischen Horizonts unserer
in den Ideen eines Moritz Mohl herangebildeten höheren Verkehrsbeamten
bezweifeln. Man denkt nicht an die Zukunft, sondern giebt sich der Hoff¬
nung hin, für den nächsten Augenblick die Gefahr durch Compromisse ab¬
wenden zu können. Mit welchem Erfolge, wird die Zukunft lehren.
«.
Dom deutschen Keichstag.
Der gespannte Charakter der parlamentarischen Situation, wie ich den¬
selben im letzten Brief kennzeichnete, dauert noch fort. Zwar verlautet
aus der Commission, in welcher das Militärstrafgesetz vorberathen wird, daß
hier die Gegensätze zwischen der militärischen und der bürgerlich juristischen
Anschauung sich auszugleichen scheinen. Desto weniger ist dies der Fall in
derjenigen Commission, welche das Gesetz über den Reichsrechnungshof vorzu-
berathen hat. Dieses Gesetz wurde bereits am 29. April vom Reichstag der
zweiten Lesung oder Specialberathung unterzogen. Die Berathung gelangte
indeß nur bis zum Paragraph 19. Dieser und die folgenden Paragraphen
wurden zur Vorberathung in eine Commission verwiesen, weil zahlreiche und
eingreifende Abänderungsvorschläge eingegangen waren, über welche man dem
Bundesrath Zeit geben wollte, sich schlüssig zu machen. Soweit das Gesetz
bereits im Reichstag selbst berathen worden, hatte es die wichtige Veränderung
erfahren, daß im Unterschied von der Regierungsvorlage der Rechnungshof
des Reiches nicht den Chef der preußischen Oberrechnungskammer zum Prä¬
sidenten haben sollte, sondern einen eigens vom Kaiser ernannten Präsidenten,
welcher so wie die Direktoren und Räthe kein anderes Amt bekleiden darf.
Die Negierung hatte sich dieser Veränderung mit Nachdruck, aber vergeblich
widersetzt. In der Commission, wo die Berathung des Gesetzes weiter ge¬
führt wird, hat nun, wie verlautet, der Regierungscommissär erklärt, daß ein
Eingehen des Bundesrathes auf die bisher beschlossenen Abänderungen des
Reichstages durchaus nicht zu erwarten sei/
Fragt man sich, weshalb die Reichsrcgierung so großen Werth darauf
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